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17.04.1997 00:00

Ein medizingeschichtlicher Reiseführer

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Ein medizingeschichtlicher Reisefuehrer

    Suedfrankreichs Aerzte, Kranke und Spitaeler in der fruehen Neuzeit

    In Saint-Rémy-de Provence im Sueden Frankreichs wurde Ende des neunzehnten Jahrhunderts ein beruehmter Patient gepflegt. Von Halluzinationen geplagt hatte er sich am Weihnachtsabend 1888 sein rechtes Ohr abgeschnitten - der niederlaendische Maler Vincent van Gogh. Wichtige Gemaelde, unter anderem Ansichten des Hospitals, sind seinem Aufenthalt in der Heilanstalt fuer psychisch Kranke zu verdanken. Nicht nur vor dem Verfall sollten die medizingeschichtlichen Bauwerke in Suedfrankreich gerettet werden, sondern auch vor dem Vergessen, meint Dr. Christoph Rosahl in seiner Studie, die er am Institut fuer Geschichte und Ethik der Medizin der Universitaet zu Koeln angefertigt hat.

    Der Koelner Arzt untersuchte Form und Funktion der Hospitaeler und medizinischen Erinnerungsstaetten in den letzten drei Jahrhunderten vor dem Hintergrund der sich wandelnden medizinischen Vorstellungen und historischen Bedingungen. Neben Bildern und Grundrissen zeugen noch zahlreiche erhaltene Hospitalbauten und medizingeschichtliche Erinnerungsstaetten von der Bedeutung Suedfrankreichs fuer die Entwicklung der modernen Medizin.

    Alle in der Arbeit untersuchten Bauwerke sind heute noch zu besichtigen. Nur zu leicht laeuft der Reisende jedoch achtlos und unwissend an Hospitalbauten und Standbildern herausragender Helfer, Heiler und Chirurgen vorbei. Die Arbeit des Koelner Mediziners verfolgt daher nicht nur wissenschaftliche Ziele sondern gibt auch praktische Hinweise fuer Reisende. Bewertungen der Bauwerke mit "besuchenswert", "einen Umweg lohnend" oder "eine Reise wert" sollen dem medizingeschichtlich Interessierten helfen, eine Reiseroute durch den Sueden Frankreichs zusammenzustellen.

    Die ersten suedfranzoesischen Hospitaeler entstanden im Mittelalter an den Routen der Jakobspilger nach Santiago de Compostela. Nach 1600 traten neben Bischoefen, Moenchen, Buergern und Adeligen zunehmend Staedte und Gemeinden als Gruender von Spitaelern in Erscheinung. Mit der beginnenden staatlichen Armenfuersorge kam unter Koenig Ludwig XIV. ein neuer Hospitaltypus auf, das Hôpital Général: Markante Beispiele dieser Einrichtung sind bis heute erhalten geblieben, so das Hôpital Général de la Charité in Marseille: Nicht nur durch seine kleinen vergitterten Fenster erweckt der Neubau den Eindruck eines Gefaengnisses. Die beruechtigten "Chasse-Gueux", Bettlerjaeger, fingen Bettelnde von der Strasse ein und sicherten Ruhe und Ordnung, notfalls auch mit Hilfe koerperlicher Gewalt.

    Im siebzehnten Jahrhundert fuehrte der aufbluehende Handel in den Mittelmeerhaefen von Marseille und Toulon zur Gruendung von Quarantaenelazaretten und Marinespitaelern. Marseille war jedoch nicht nur Eingangstor fuer Menschen und Waren aus dem vorderen Orient, Afrika und anderen Laendern, sondern auch Ausgangspunkt fuer die grosse Pestseuche von 1720. Bald begann eine wissenschaftliche Auseinandersetzung um die UEbertragbarkeit von Krankheiten und eine moderne, Ansteckung verhindernde Hospitalarchitektur. So entstanden erste Neubauten nach den Regeln der Lueftungshygiene, da die Mediziner annahmen, dass Epidemien durch krankmachende Bestandteile der Luft verursacht wuerden.

    Mit den Empfehlungen fuer einen humaneren Irrenhausbau stellte der Irrenarzt Dominique Esquirol die psychiatrische Versorgung auf neue Grundlagen. Zu den markantesten Denkmaelern des neunzehnten Jahrhunderts zaehlt die zirkular-panoptische Irrenanstalt von Avignon-Montdevergues: Durch die strahlenfoermige Ausrichtung der Zelltrakte auf einen Halbkreis verbindender Gebaeude ermoeglicht diese Form des Grundrisses eine optimale UEberwachung der Insassen. Auch heute noch wird die Anstalt fuer psychiatrische Patienten genutzt.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Fuer Rueckfragen steht Ihnen Dr. Rosahl unter der Telefonnummer 02234/502232 zur Verfuegung.

    Fuer die UEbersendung eines Belegexemplares waeren wir Ihnen dankbar.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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