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19.07.2001 13:33

Uni Marburg plant 15 Junior-Professuren

Klaus Walter Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    Die Initiative der Philipps-Universität Marburg zur Einrichtung von 15 Forschernachwuchsgruppen hat Pilotcharakter für die hessischen Hochschulen. Sämtliche Stellen sollen noch in diesem Jahr ausgeschrieben werden.

    Die Marburger Philipps-Universität will 15 Junior-Professuren für hochqualifizierte Nachwuchswissenschaftler einrichten, deren Promotion nicht länger als fünf Jahre zurückliegt. Sie hat sich als erste Hochschule in Hessen um entsprechende Förderung im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung aufgelegten Modellversuchs beworben. Im Vorgriff auf die Schaffung von Junior-Professuren ist auf Fachbereichsebene die Einrichtung von vorerst 15 Forschernachwuchsgruppen beschlossen worden. Diese orientieren sich in ihrer wissenschaftlichen Thematik an der in den vier interdisziplinären Sektionen erarbeiteten künftigen Schwerpunktbildung der Universität. Die Marburger Initiative habe Pilotcharakter für die übrigen Hochschulen des Landes, lobte die hessische Wissenschaftsministerin Ruth Wagner bei einem Besuch der Philipps-Universität in dieser Woche.

    Die geplanten Junior-Professuren sollten nicht nur dem hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs eine frühe Selbständigkeit garantieren, "sie sollen es ihm auch erlauben, die Zukunftsentwicklung der Philipps-Universität mit voranzutreiben", hebt Universitätspräsident Professor Horst F. Kern hervor. Nach seinen Worten sollen sämtliche Leiterstellen der Nachwuchsgruppen unmittelbar nach der Bewilligung ausgeschrieben und vier von ihnen noch in diesem Jahr besetzt werden. Die restlichen Stellen werden 2002 folgen.

    Eine erfolgreiche Besetzung mit den qualifiziertesten Bewerbern werde allerdings nur durch zusätzliche Finanzmittel des Landes - gedacht ist an die Finanzierung von jeweils zwei Doktoranden pro Forschernachwuchsgruppe - und weitere investive Mittel des Bundes möglich sein, unterstrich der Marburger Universitätspräsident. In einigen Fällen, insbesondere in den Naturwissenschaften, ist bereits jetzt die spätere Übernahme der befristeten Junior-Professur in eine Professur auf Dauer festgelegt worden.

    Folgende Junior-Professuren bzw. Nachwuchsgruppen sollen in Marburg mit der nachfolgend beschriebenen fachlichen Ausrichtung eingerichtet werden:

    1 Fachbereich Rechtswissenschaften
    1.1 Bürgerliches Recht mit Schwerpunkt Gesundheitsrecht
    Die Stelle im Bürgerlichen Recht mit Schwerpunkt Gesundheitsrecht ist ein wesent-licher Baustein für den neuen interdisziplinären Schwerpunkt "Recht und Ökonomie des Gesundheitswesens" im Fachbereich Rechtswissenschaften. Der Aufbau dieses Schwerpunkts wird von der bereits etablierten Forschungsstelle für Pharmarecht betrieben. Den Studierenden wird in diesem Gebiet ab dem nächsten Jahr eine Zu-satzqualifikation angeboten, die durch ein universitäres Zertifikat bescheinigt werden soll. Die beantragte Nachwuchsgruppe (Junior-Professur) soll diesen Lehr- und For-schungsschwerpunkt ergänzen und um andere Gebiete des Gesundheitsrechts er-weitern.

    2 Fachbereich Gesellschaftswissenschaften und Philosophie
    2.1 Europaforschung - Europäische Integration im Globalisierungsprozess
    Diese Stelle ist dem Schwerpunkt "Europastudien" der Philipps-Universität zugeord-net, der von einer interdisziplinären Arbeitsgruppe betreut wird. Eigenständige zwei- bzw. viersemestrige Zertifikatsstudiengänge, die als Ergänzungsqualifikation für Studierende der Philipps-Universität und als kompaktes Studienprogramm für Aus-tauschstudierende konzipiert sind, befinden sich im Genehmigungsverfahren. Die beantragte Nachwuchsgruppe soll die Europastudien über die Zusammenarbeit von Hochschullehrern aus unterschiedlichen Fachbereichen in der Interdisziplinären Ar-beitsgruppe hinaus absichern.

    2.2 Anthropologie zwischen Biowissenschaften und Kulturforschung
    Die Stelle soll im Institut für Philosophie als "Brückenstelle" zwischen Natur- und Kulturwissenschaften in Forschung und Lehre ein Feld abdecken, das in der ge-genwärtigen akademischen Landschaft wenig bearbeitet wird, dessen Problemstel-lungen gleichwohl höchste Aktualität besitzen. Die Etablierung einer akademischen Forschungs- und Lehrstelle in diesem Sektor ist ein immer wieder angemahntes De-sideratum.

    3 Fachbereich Evangelische Theologie
    3.1 Bioethik
    Die im Bereich des Fachgebiets Sozialethik des Fachbereichs Evangelische Theologie anzusiedelnde Nachwuchsgruppe soll sich in der Hauptsache mit einem Thema befassen, das derzeit in politischer, ökonomischer und ethischer Hinsicht breit diskutiert wird, wobei eine konsensorientierte "Lösung" der damit zusammen-hängenden Probleme noch weit entfernt scheint. Als eine der wenigen theologi-schen Ausbildungsstätten im deutschsprachigen Raum mit einer eigenen sozialethi-schen Abteilung will der Fachbereich die Herausforderung annehmen und in inter-disziplinärer Kooperation mit naturwissenschaftlichen Trägern der gentechnologi-schen Entwicklung an der Philipps-Universität Lösungswege erarbeiten und in die Lehre einbringen.

    4 Fachbereich Geschichts- und Kulturwissenschaften
    4.1 Geschichte des Ostmittelmeerraums im Mittelalter und der frühen Neuzeit
    Der ostmediterrane Raum ist mit seiner Schlüsselstellung für die kulturelle Entwick-lung der "Alten Welt" ein bislang zu wenig beachteter Gegenstand der Geschichts-wissenschaft. Die einzurichtende Nachwuchsgruppe soll im Sinne einer umfassen-deren Historikerausbildung den bisher auf die lateinisch-germanischen Kulturen konzentrierten Blick auf die griechisch-byzantinische und die islamisch-arabisch-tür-kische Welt erweitern. Sie nimmt damit zugleich eine Schlüsselfunktion im Rahmen der Kooperation der an der Marburger Universität in unterschiedlichen Fachberei-chen vertretenen Fächer Altorientalistik, Semitistik, Klassische Philologie und Ost-kirchengeschichte ein.

    5 Fachbereich Germanistik und Kunstwissenschaften
    5.1 Neurolinguistik
    Diese Stelle, die fachlich eng mit der Arbeitsgruppe Allgemeine und Biologische Psychologie im Fachbereich Psychologie kooperieren soll, wird im Rahmen des im Fachbereich angesiedelten Fachs Theoretische Linguistik die Verbindung von struktureller sprachwissenschaftlicher Forschung mit experimentellen Ansätzen, die direkte Korrelate sprachlicher Kategorien zu Hirnaktivitäten herstellen, zum Thema haben. Sie stärkt entscheidend die bereits in Marburg vorhandenen Arbeiten, welche sich auf neu-ropsychologischer Basis mit den Feldern Spracherwerb und/oder Syntax befassen.

    6 Mathematik und Informatik
    6.1 Die Nachwuchsgruppe soll im Bereich der Informatik angesiedelt werden und kann drei alternative wissenschaftliche Ansätze verfolgen:

    Entwurf sicherer objektorientierter Systeme
    Hier geht es um die Anwendungen mathematischer und softwaretechnischer Grundlagen bei der Erstellung sicherer Programme und bei der Modellierung siche-rer zustandsbasierter Systeme.

    Spontane Vernetzung
    Hierbei geht es um die Entwicklung neuer Kommunikations- und Softwarekonzepte zur Nutzung leistungsfähiger mobiler Endgeräte, die über ein spontan aufgebautes Netzwerk kommunizieren.

    Data Mining
    Dieses Gebiet wird aus der Angewandten Informatik vorgeschlagen. Auf Grund der Verfügbarkeit riesiger Datenmengen werden für ihre interaktive Interpretation durch den Endbenutzer neue Aggregations- und Analysetechniken benötigt.

    7 Physik
    Beide im Fachbereich Physik geplanten Nachwuchsgruppen stehen in engem Be-zug zu dem gerade begründeten "Zentrum für Optodynamik", in dem Forschergrup-pen aus Physik, Chemie und Biologie interdisziplinär zusammengeschlossen sind.

    7.1 Statistische Physik
    Die geplante Nachwuchsgruppe "Statistische Physik" soll im Zusammenhang von Fragestellungen angesiedelt sein, die sowohl die Struktur physikalischer Theorien als auch die Funktion biologischer Systeme betreffen: z. B. die statistische Mechanik Neuronaler Netze und Sinnesleistungen oder gebrochene Symmetrien in stochasti-schen Prozessen und Biologische Motoren oder die Mechanik elastischer Netz-werke und das Aktivskelett der Zelle.

    7.2 Vielteilchenphysik
    Die Nachwuchsgruppe für "Vielteilchentheorie" soll die Optodynamik von p-konjugierten Polymeren, den Magnetismus von Übergangsmetallen oder den so genannten Mott-Metall-Isolator-Übergang zum Gegenstand der Forschung haben.

    8 Chemie
    Sowohl die Nachwuchsgruppe Biophysikalische Chemie (8.1) als auch die in An-organischer Materialchemie (8.2) sind eng mit einer methodischen Erweiterung des Marburger Zentrums für Materialwissenschaften als auch mit den interdisziplinären Forschungsschwerpunkten "Molekulare Maschinen" und "Optodynamik" verbunden. Sie werden in naher Zukunft auch in die Planung eines neuen Sonderforschungsbereichs "Chemisch-bio-logische Hybridsysteme" eingebunden werden.

    9 Biologie
    9.1 Intrazelluläre Lebensgemeinschaften
    In der Evolution von Zellen spielt die Aufnahme und intrazelluläre Etablierung ehe-mals freilebender Bakterien, die zur Entwicklung von Mitochondrien und Plastiden geführt haben, eine zentrale Rolle. Unter Federführung Marburger Wissenschaftler wurde vor kurzem ein DFG-Schwerpunktprogramm "Intrazelluläre Lebensgemein-schaften" begründet. Zur Verstärkung dieser Forschungsrichtung soll eine entspre-chende selbständige Arbeitsgruppe eingerichtet werden.

    10 Medizin
    10.1 Tumorbiologie
    Am Institut für Molekularbiologie und Tumorforschung (IMT) soll zur komplementären Verstärkung der bereits bestehenden Grundla-genforschung eine selbständige Arbeitsgruppe eingerichtet werden, die sich entwe-der mit Kontrollmechanismen der Genexpression oder mit Genetischen Modellen der Tumorentstehung in transgenen Organismen beschäftigt.

    10.2 Zellbiologie
    Am Institut für Klinische Zytobiologie und Zytopathologie soll eine Nachwuchsgruppe eingerichtet werden, die sich 1. mit Transportprozessen von Proteinen, Lipiden und Metallen in der Zelle oder 2. mit der Biogenese von Zellorganellen oder 3. mit Pro-teinfaltung und post-translationalen Modifikationen beschäftigt. Dabei sollen insbe-sondere Projekte mit direktem Krankheitsbezug bearbeitet werden, um die engere Zusammenarbeit des Instituts mit klinisch ausgerichteten Arbeitsgruppen zu unter-stützen.

    11 Erziehungswissenschaften
    11.1 Lehr-Lern-Forschung
    Das Profil der einzurichtenden Nachwuchsgruppe ergibt sich aus der dort ange-strebten Erforschung des Zusammenhangs von Prozessen des Lehrens und Ler-nens der differentiellen (auch fachspezifischen) Erforschung der Voraussetzungen und Bedingungen schulischen Lernens und seiner Optimierung, der empirischen Unterrichtsforschung und der Entwicklung von didaktischen und methodischen Kon-sequenzen für die Gestaltung von Lehr-Lern-Prozessen. Sie reagiert damit auf ein immer wieder angemahntes Desiderat im Forschungs- und Lehrprofil der Philipps-Universität im Umfeld der professionsorientierten Ausbildung von Gymnasiallehrern.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    fachunabhängig
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftspolitik
    Deutsch


     

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