Das Tumorwachstum lässt sich nicht aufhalten, wenn der Glutamat-Signalweg blockiert wird, aber der neuronale Zellschaden kann auf ein Minimum reduziert werden. Zu diesem Schluss kommen Wissenschaftler der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, der Universität Köln und der Berliner Charité, die gemeinsam im Fachmagazin „Oncogene“ den Zusammenhang zwischen Hirntumoren und der Bildung von Glutamat untersucht haben. In Zukunft könnte dies ein neuer Ansatz für eine Begleitbehandlung mit dem Ziel darstellen, funktionsfähiges Hirngewebe vor dem Tumor zu schützen.
Bei der Behandlung von Hirntumoren kämpfen Ärzte häufig u. a. gegen die exzessive Flüssigkeitsansammlung im Hirngewebe, das so genannte perifokale Ödem. In der international renommierten Fachzeitschrift „Oncogene“ berichtete das Wissenschaftlerteam über den Zusammenhang zwischen Hirntumoren und der Bildung des perifokalen Ödems.
Die Forschergruppe um PD Dr. Ilker Eyüpoglu, Oberarzt an der Neurochirurgischen Klinik am Erlanger Universitätsklinikum, und PD Dr. Nicolai Savaskan von der Charité konnte zeigen, dass Hirntumore (Gliome) große Mengen des Neurotransmitters Glutamat abgeben. Dies führt zum Tod von Nervenzellen und somit zum Verlust von gesundem Hirngewebe im umliegenden Hirnparenchym. Als Folge davon verschlechtert sich die Lebensqualität des Patienten, und seine Überlebenszeit reduziert sich.
Wenn die Glutamat-Ausschüttung pharmakologisch oder genetisch mittels kleiner RNA-Moleküle blockiert wird, bleibt der Verlust von gesundem Hirngewebe aus. Im Tierversuch bildete sich kein Ödem; zudem verbesserten sich die Lebensqualität und der Allgemeinzustand der Versuchstiere deutlich. Diese Daten weisen auf einen potentiell neuen Therapieansatz hin, bei dem nicht das Tumorwachstum selbst mittels Chemotherapie bekämpft wird, sondern seine gewebeschädigende Wirkung auf das gesunde Gehirngewebe reduziert wird.
„Nüchtern gesehen weisen unsere Untersuchungen darauf hin, dass eine Blockade von Glutamatrezeptoren zunächst keinen unmittelbaren Einfluss auf das Tumorwachstum hat“, sagt Dr. Eyüpoglu. „Dies ist insbesondere deswegen für Patienten relevant, weil klinische Studien mit Medikamenten gegen Glutamatrezeptoren in den USA begonnen wurden. Die bisherigen Resultate entsprechen unseren Beobachtungen, dass nämlich dieser Ansatz keinen Effekt auf das Tumorwachstum hat. Das umliegende Gewebe wird jedoch durch diesen Ansatz für eine gewisse Zeit geschont.“
Bis heute haben die therapeutischen Konzepte in den letzten 40 Jahren keine Heilung oder eine deutliche Verlängerung der Überlebenszeit gebracht. Durch das neue molekulare Verständnis wäre in den nächsten Jahren eine neue und eventuell effektivere therapeutische Option denkbar.
Die Universität Erlangen-Nürnberg, gegründet 1743, ist mit mehr als 28.000 Studierenden, 550 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.
Weitere Informationen für die Medien:
PD Dr. Ilker Y. Eyüpoglu
Tel.: 09131/85-33001
ilker.eyupoglu@uk-erlangen.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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