Die Welt, in der wir leben: Akademische Einwürfe zum Verständnis unserer Zeit
Die Gegenwart ist in besonderer Weise gekennzeichnet durch einen enormen Wissenszuwachs. Diese Innovationsgeschwindigkeit und Vervielfachung des Wissens in immer kürzeren Zeiträumen wird auf der einen Seite in den verschiedenen Wissenschaften erzeugt, die sich mit dem Menschen und seiner Welt befassen. Sie besitzt aber auf der anderen Seite auch eine mediale Dimension. Denn das je neue Wissen erhält durch die vielen Publikationsmöglichkeiten und Rezeptionen des Fernsehens, des Zeitschriften- und Zeitungswesens und des Internets höchste Verbreitungs- und Aufmerksamkeitsgrade.
Hinzu kommt, dass das Wissen der Wissenschaften nicht bloßes theoretisches Wissen bleibt, sondern z. B. durch soziokulturelle Adaptionen und technologische Artefakte objektiv in fast alle Lebensbereiche eindringt, Arbeits- und Denkprozesse verändert und damit einhergehend sich insgesamt auch die Frage stellt, auf welche Art und Weise das Menschsein und ein zeitgemäßer Humanismus heute thematisiert werden.
Die Ringvorlesung Studium Universale der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf will an ausgewählten Beispielen der Kulturwissenschaft, der Medizin, der Religion, der Wirtschaft und der Modernen Kunst zeigen, welche Fragestellungen für die gegenseitige Verständigung einer bürgerlichen Öffentlichkeit heute von Belang sein könnten und einen kleinen Ausblick in die Zukunft des Wissens und Begreifens von Phänomenen in diesen Disziplinen wagen.
Alle fünf Veranstaltungen finden jeweils Mittwoch im Konrad-Henkel-Hörsaal 3 A (Geb. 23.01) von 16.30 Uhr bis 18.00 Uhr statt. Die Vorlesungen sind öffentlich und kostenfrei:
11. Mai 2011, 16:30-18:00 Uhr, Hörsaal 3A
Prof. em. Dr. Dr. h.c. Jörn Rüsen, Senior Fellow, Kulturwissenschaftliches Institut in Essen
"Die Menschen verstehen – Humanismus im Zeitalter Globalisierung“
Die enorme Verdichtung der interkulturellen Kommunikation, die ein Effekt der Globalisierung ist, konfrontiert die Menschen heute mit divergierenden Traditionen und Weltanschauungen. Deshalb soll im Vortrag gefragt werden, welche Grundsätze der kulturellen Orientierung zum Umgang mit diesen unterschiedlichen Weltanschauungen in Anspruch genommen werden können.
Es soll für einen weltweiten Humanismus plädiert werden, der es er-laubt, auf der Grundlage einer allgemeinen Idee der Menschenwürde die Einheit der Menschheit in der Vielfalt der Kulturen zu denken. Dieses Konzept wird aus einer kritischen Würdigung des modernen westlichen Humanismus entwickelt und geschichtsphilosophisch begründet.
25. Mai 2011, 16:30-18:00 Uhr, Hörsaal 3A
Prof. Dr. Norbert Paul, Institut für Ethik, Johannes Gutenberg-Universität Mainz
„Der Mensch in der molekularen Medizin. Zur Konstruktion genetischer Wirklichkeit zwischen Labor und Lebenswelt“
Die Verfügbarkeit und der Einsatz moderner und modernster Methoden in der Biomedizin suggerieren, dass der Mensch über schier unbegrenzte Möglichkeiten verfüge, sein Leben zu gestalten.
Gleichzeitig schafft die neue molekulare Medizin auch neue Sicht- und Verständnisweisen auf bzw. vom menschlichen Leben. Deshalb beschäftigt sich der Vortrag mit der Frage, wie Menschen sich in dieser neuen Welt zwischen den Botschaften der Laborwissenschaften und dem medizinisch-technologischen Fortschritt einerseits und den Anforderungen unseres Alltags andererseits zurecht finden und orientieren können.
15. Juni 2011, 16:30-18:00 Uhr, Hörsaal 3A
Prof. Dr. Wilhelm Gräb, Institut für Religionssoziologie, Humboldt-Universität zu Berlin
"Sehnsucht nach Sinn. Transformationen des Religiösen in der modernen Kultur"
Wer unsere Zeit verstehen will, muss auch die Religionen in den Blick nehmen. Zwar hält die Krise der christlichen Kirchen in Deutschland und den meisten Ländern Europas an, aber daraus darf nicht auf einen Verfall der Religion geschlossen werden. In vielen Weltgegenden erstarken die Religionen, indem sie zugleich zu ebenso machtvollen wie ambivalenten Faktoren in kulturellen und politischen Konflikten werden können. Wir haben es aber auch in Deutschland nicht mit einem Verschwinden der Religion aus dem Leben der Menschen, sondern mit ihrem Formwandel zu tun. Die audiovisuellen Medien und das Internet verstärken den Prozess einer Individualisierung und Kulturalisierung der Religion bzw. ihrer Verflüssigung ins Religiöse, der schon in der Aufklärung einsetzte. In der medialen Kommunikation, in Kunst und Literatur, nicht zuletzt auch in der Popmusik findet heute die Sehnsucht nach Sinn ihre Sprache, werden die letzten Fragen gestellt und religiöse Lebensdeutungsangebote gesellschaftlich vermittelt.
29. Juni 2011, 16:30-18:00 Uhr, Hörsaal 3A
Prof. Dr. Heiner Flassbeck, Direktor der Abteilung „Globalization and Development Strategies“ bei der UNO; Staatssekretär im Bundesfinanzministerium a. D.
„Die Marktwirtschaft des 21. Jahrhunderts“
Anhand der fünf großen Krisen unserer Zeit - Finanzkrise, Arbeitskrise, Handelskrise, Klimakrise und Schuldenkrise – soll in dem Vortrag gezeigt werden, dass von der Analyse beginnend bis zur Intervention die aktuelle Wirtschaftspolitik hoffnungslos überfordert ist. Es fehlt sowohl an einem tieferen Verstehen der Kausalität der Krisen, wie auch an einem entsprechenden Handeln der Entscheidungsträger in Politik und Wirtschaft. Dies ist – sowohl was die volks- und weltwirtschaftliche Lage angeht – von folgenreicher Bedeutung, wirkt sich aber auch insgesamt negativ auf die intellektuelle Qualität von politischen und medialen Diskursen zu ökonomischen Fragen unserer Zeit aus.
13. Juli 2011, 16:30-18:00 Uhr, Hörsaal 3A
Prof. Dr. Bazon Brock, Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe
„Es kommt nicht darauf an, die Welt zu verstehen, sondern sich in ihr zurechtzufinden“. Von diesem Urteil Einsteins zu heutigen Modellen der Kommunikation in Kunst, Wissenschaft und Wirtschaft.
Ein Schwerpunkt von Bazon Brocks gegenwärtiger Arbeit ist der Versuch der kollektiven Wiederaneignung von bürgerlichen Kompetenzen. Was sind Bürger? Bürger sind Menschen, die in der Lage sind, sich im Hinblick auf ihre Entscheidungen selbst zu legitimieren. Dazu bedarf es jedoch auch entsprechender Vorbereitung und Kompetenz. Wieso glauben wir, dass wir nur in wenigen Minuten Blickkontakt, in einer einzigen Theateraufführung und beim bemühtesten, aber nur stundenweisen Lesen vielschichtiger Texte den Anforderungen der Werke gewachsen sind? Wo lernen wir als Publikum dem Komponistenwerk, der Skulptur und Malerei, oder dem Epos gerecht zu werden? Wo Künstler Lehrjahre und Diplome ablegen, haben die Rezipienten ihrer Werke wohl ähnliche Fähigkeiten auszubilden. Der professionalisierte Bürger ist also ein geübter, durch Enttäuschung nicht erschütterbarer Sachverwalter seines souverän vertretenen Interesses.
Kontakt:
Dr. Christoph auf der Horst
Tel.: 0211 – 8110496
http://www.uni-duesseldorf.de/zsu
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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