Die Geschichte der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH) zwischen 1933 und 1945 ist bislang nur ungenügend aufgearbeitet. Denn vorliegende historische Rückblicke und Analysen beziehen kaum die Geschehnisse aus der Zeit des „Dritten Reichs“ ein. Die DGCH beschäftigt sich jetzt in einem Buch mit den Reden der Präsidenten und deren Position in der Diktatur. Sie hinterfragt darin anhand einzelner Biografien Motive und Umstände und thematisiert Moral, Tradition aber auch persönliche Verstrickungen und Schuld. Das Buch stellt die DGCH am 16. Juni 2011 in Berlin in einer Pressekonferenz vor.
Die Fachgesellschaft setzt damit ein Zeichen gegen das Verschweigen und Vergessen, so die Herausgeber Professor Dr. med. Hans-Ulrich Steinau, aus Bochum, Past-Präsident der DGCH 2007 und Initiator des Projekts und Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Generalsekretär der DGCH in Berlin. Denn die Fragen, wie es dazu kommen konnte und was diese Entwicklungen begünstigte, drängen noch heute: Abhandlungen zur deutschen Chirurgie in den Jahren zwischen 1933 und 1945 hinterfragen kaum die essenziellen ethischen und moralischen Veränderungen. „Stattdessen wurden die persönlichen Aufzeichnungen und kompromittierenden Passagen der DGCH-Präsidenten dieser Zeit nach 1945 bereinigt publiziert“, betont Professor Steinau. Erst im Jahr 2003 gelangen schließlich Teile davon ungekürzt an die Öffentlichkeit.
Die Autoren setzen sich in dem Buch insbesondere mit den Reden der Präsidenten und deren persönlichen Niederschriften auseinander. Die vorgestellten Biografien, wissenschaftlichen Erkenntnisse und politischen Aktivitäten stützen sich auf ungekürzte Quellen und Dokumentationen. Sie belegen: Im nationalsozialistischen System ergaben sich für herausragende Chirurgen Sonderkonditionen. Hervorragende Chirurgie in Kombination mit Parteitreue ermöglichte damals sogar Einlass in die Führeretage, verbunden mit Lehrstühlen und dem Präsidentenamt in der DGCH.
Anlass zu kritischen Fragen geben schließlich verbrecherische Versuche an KZ-Häftlingen oder Evaluationsbögen für „lebensunwertes Leben“ und „Ballastexistenzen“. Darüber hinaus findet sich in dem Buch eine Liste von Chirurginnen und Chirurgen, die diskriminiert, mit Berufsverbot belegt, verfolgt, in Lager interniert wurden, dort zu Tode kamen oder Selbstmord begingen.
Herausgeber und Autoren stellen das Buch „Deutsche Gesellschaft für Chirurgie 1933 – 1945: Die Reden der Präsidenten“ im Rahmen einer Pressekonferenz am 16. Juni 2011 in Berlin vor. Die Experten diskutieren anhand eines Vorabdrucks einzelne Biografien der Zeit und erörtern die Gründe dafür, warum sich die DGCH jetzt damit auseinandersetzt.
Terminhinweis:
Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH):
„Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie zwischen 1933 und 1945: Die Reden der Präsidenten“
Termin: Donnerstag, 16. Juni 2011, 11.00 bis 12.00 Uhr
Ort: Langenbeck-Virchow-Haus, Bibliothek der DGCH, Luisenstraße 59, 10117 Berlin
Vorläufige Themen und Referenten:
Einblicke: Die Deutsche Gesellschaft für Chirurgie zwischen 1933 und 1945: Reden und persönliche Niederschriften ihrer Präsidenten
Professor Dr. med. Axel Haverich, Hannover
Rückblicke: Von Schweigen und Moral – Warum setzt sich die DGCH mit diesem Kapitel ihrer Geschichte auseinander?
Professor Dr. med. Hans-Ulrich Steinau, Bochum
Politisch-ideologische Verortung ausgewählter Präsidenten und methodisches Vorgehen
Professor Dr. med. Heinz-Peter Schmiedebach, Hamburg
Anmerkungen zu den verfolgten Mitgliedern der Gesellschaft
Dr. phil. Rebecca Schwoch, Hamburg
Der Lebenslauf eines Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie zwischen 1933 und 1945 – dargestellt am Beispiel von Professor Dr. med. Rudolf Stich (1875-1960)
Professor Dr. med. Michael Sachs, Frankfurt
Ausblicke: Was versteht die DGCH als ihre Tradition und welchen Aufgaben sieht sie sich aufgrund ihrer Geschichte für Gegenwart und Zukunft verpflichtet?
Professor Dr. med. Hartwig Bauer, Berlin
Kontakt für Journalisten:
DGCH Pressestelle
Anna Julia Voormann/Kathrin Gießelmann
Postfach 30 11 20
70451 Stuttgart
Berliner Büro:
Langenbeck-Virchow-Haus
Luisenstraße 59
10117 Berlin
Telefon: 0711 8931-981
Fax: 0711 8931-167
E-Mail: giesselmann@medizinkommunikation.org
http://www.dgch.de Homepage DGCH
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Medizin, Pädagogik / Bildung, Philosophie / Ethik, Politik, Religion
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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