Bauteile aus Kunststoff oder Metall herzustellen, indem per Knopfdruck die entsprechende Anweisung erteilt wird: Das ist die Vision der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die künftig neue Produktionstechnologien in einem Sonderforschungsbereich (SFB) an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) erforschen. Zum Start des Sonderforschungsbereichs 814 wird Bayerns Wissenschaftsminister Dr. Wolfgang Heubisch erwartet. Er trifft am Freitag, 15. Juli 2011, an der Technischen Fakultät in Erlangen ein. Er wird im Technikum des Lehrstuhls für Kunststofftechnik, Am Weichselgarten 6, Erlangen-Tennenlohe zur Vorstellung des SFB und einer Laborbesichtigung erwartet.
Der SFB 814 mit dem übergreifenden Titel „Additive Fertigung“ ist vor Kurzem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für zunächst vier Jahre genehmigt worden. Prof. Dr. Dietmar Drummer, Leiter des Lehrstuhls für Kunststofftechnik, ist Sprecher des Sonderforschungsbereichs, an dem Arbeitsgruppen der FAU aus Fertigungstechnik, Mechanik, Werkstoffwissenschaften, Mathematik, Mechanischer und Chemischer Verfahrenstechnik sowie das Bayerische Laserzentrum beteiligt sind. Von 8,7 Millionen Euro Gesamtfördersumme hat die DFG 7,3 Millionen übernommen; 1,4 Millionen entfallen auf die Universität und das Land Bayern.
Der Begriff „Additive Fertigung“ oder auch „Generative Fertigung“ steht für Produktionstechnologien, die Bauteile unmittelbar aus einem Computermodell heraus schichtweise aufbauen. Sie ermöglichen die Herstellung nahezu beliebig komplexer Geometrien aus Kunststoff und Metall ohne Form und Werkzeug. Dies erschließt technisch bisher nicht zugängliche Konstruktions- und Gestaltungsweisen wie die Komprimierung von montierten Baugruppen auf ein einzelnes Bauteil. Als Ausgangswerkstoffe können Pulver verwendet werden, aber auch Werkstoffe, die in flüssiger oder strangähnlicher Form vorliegen.
Nach „print-on-demand“ wird jetzt „process-on-demand“ angestrebt: Ähnlich wie heutige Papierdrucker es erlauben, Schriftstücke und Grafiken am Bildschirm zu gestalten, sollen Metall- oder Kunststoffteile mit Computerhilfe konzipiert und per Tastendruck in die Fertigung gegeben werden. Damit würden Investitionsmittel wie beispielsweise Werkzeugformen entfallen, die ausschließlich für bestimmte Produkte verwendbar sind. Geometrische Einschränkungen werden nach diesem Konzept ebenso der Vergangenheit angehören wie die Notwendigkeit, bestimmte Stückzahlen zu erreichen, um kostendeckend arbeiten zu können. Der Aufbau einer additiven Fertigungsmaschine ist vergleichsweise einfach, so dass außerdem erwartet werden kann, dass solche Maschinen kostengünstig herstellbar sind, sobald sie in wachsender Stückzahl nachgefragt werden.
Prinzipiell ist es heute schon möglich, Bauteile mittels derartiger Technologien herzustellen; im Prototypenbau haben sich die Verfahren bereits etabliert. Bisher fehlt jedoch das hinreichende Werkstoff- und Prozessverständnis, um in Serienreife technisch nutzbare Teile mit spezifisch optischen oder mechanischen Eigenschaften zu entwickeln und zu produzieren. Der SFB 814 widmet sich grundlegenden Fragen dieser vielversprechenden Technik. Ein besseres Verständnis des Verhaltens von Pulvern in der Fertigung soll zum einen den Weg zu neuen, optimierten Pulverwerkstoffen weisen. Zum anderen müssen die Produktionsprozesse stabiler und die vorangehenden Simulationen exakter werden; darüber hinaus fehlen Konstruktionsweisen, die für diese Prozesse geeignet sind. Zudem mangelt es bei der Abbildung von Computerentwürfen auf Bauteile im Detail noch an Präzision.
Diesen Herausforderungen wollen sich die Beteiligten des Sonderforschungsbereichs 814 stellen. Dazu gehören ca. 35 Wissenschaftler aus vier Departements der Technischen und der Naturwissenschaftlichen Fakultät. Die Forschungen sind neben dem Bayerischen Laserzentrum auf neun Lehrstühle verteilt: Fertigungstechnologie (Prof. Dr. Marion Merklein), Kunststofftechnik (Prof. Dr. Dietmar Drummer), Photonische Technologien (Prof. Dr. Michael Schmidt), Technische Mechanik (Prof. Dr. Paul Steinmann), Qualitätsmanagement und Fertigungsmesstechnik (Prof. Dr. Albert Weckenmann, Dr. Johannes Weickmann), Werkstoffkunde und Technologie der Metalle (Prof. Dr. Robert F. Singer), Feststoff- und Grenzflächentechnik (Prof. Dr. Wolfgang Peukert), Multiscale Simulation of Particulate Systems (Prof. Dr. Thorsten Pöschel) und Angewandte Mathematik II (Prof. Dr. Günter Leugering).
Durch die additive Fertigung eröffnen sich völlig neue Möglichkeiten, insbesondere in der Medizintechnik. Implantate oder Prothesen etwa könnten schon in der Herstellung den Patienten individuell angepasst werden. Aber auch branchenübergreifend versprechen solche äußerst flexiblen Fertigungsprozesse, die zunehmenden Bedürfnisse des Markts nach Produktvielfalt und variablen Mengen zu erfüllen. Die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Standorte im internationalen Wettbewerb kann dabei nur gewinnen.
Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU), gegründet 1743, ist mit 29.000 Studierenden, 590 Professorinnen und Professoren sowie 2000 wissenschaftlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte Universität in Nordbayern. Schwerpunkte in Forschung und Lehre liegen an den Schnittstellen von Naturwissenschaften, Technik und Medizin in engem Dialog mit Jura und Theologie sowie den Geistes-, Sozial- und Wirtschaftswissenschaften. Seit Mai 2008 trägt die Universität das Siegel „familiengerechte Hochschule“.
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SFB-Sprecher Professor Dietmar Drummer (Mitte) erklärt einigen Studierenden den Demonstrator des SFB ...
Fotos: LKT
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Vergrößerung einer komplexen, 3-dimensionalen Bauteilstruktur (Strukturelementgröße ca. 0,5 cm) aus ...
(Lehrstuhl für Kunststofftechnik,)
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Maschinenbau, Werkstoffwissenschaften
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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