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12.04.2002 14:54

Amerikanische Juden als Brückenbauer

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Internationales Kolloquium am 15. April 2002 am Simon-Dubnow-Institut an der Universität Leipzig beleuchtet das Verhältnis zwischen der jüdischen Gemeinschaft Amerikas und Deutschland.

    Shlomo Shafir, 78, Historiker aus Israel, ist spät zu seinem Thema gekommen. Als er in Washington promovierte, gehörte er bereits zu den "Seniorstudenten". In der amerikanischen Hauptstadt richtete er seine Neugier und seine Aufmerksamkeit auf die amerikanisch-jüdische Geschichte. Vor allem der jüdische Blick auf die Beziehungen zwischen Deutschland und den USA weckte zunehmend sein Interesse. Seine Studien spiegeln sich in "Ambiguous Relations: The American Jewish Community and Germany since 1945", 1999 in Detroit erschienen, wider. Ein Buch, in dem Dr. Shafir beschreibt, wie die führenden Repräsentanten der jüdischen Gemeinschaft Amerikas nach dem Holocaust Deutschland gegenüberstehen. Ein Buch, das den in Ostpreußen geborenen Juden jetzt am 15. April nach Leipzig führt - zum gleichnamigen Workshop am Simon-Dubnow-Institut für Jüdische Geschichte und Kultur an der Universität Leipzig, der sich um Dr. Shafirs Thesen zum Einfluss der jüdischen Gemeinde in den USA auf das deutsch-amerikanische Verhältnis ranken wird.
    Dan Diner, Direktor des Instituts und zugleich Professor für Jüdische Geschichte und Kultur am Historischen Seminar der Universität Leipzig, hat den Faden zu seinem Kollegen gesponnen. Dr. Tobias Brinkmann, Historiker am Dubnow-Institut, wiederum hat das Berliner Büro des American Jewish Committee und das Leipziger Generalkonsulat der US-Botschaft ins Boot geholt. Zudem haben Karsten Voigt, langjähriger außenpolitischer Sprecher der SPD und heute Koordinator für die deutsch-amerikanischen Beziehungen im Auswärtigen Amt, Wolfgang Gibowski als Vertreter der Stiftung der deutschen Wirtschaft für die Entschädigung der ehemaligen Zwangsarbeiter, Prof. Sibylle Quack, Leiterin des Mahnmals für die Ermordung der europäischen Juden (Berlin), die Ronald-Lauder-Foundation, eine jüdische Stiftung zur Erinnerung in Ost- und Ostmitteleuropa, sowie Mitglieder des Bundestages und Vertreter des Auswärtigen Amtes ihr Kommen zugesagt. Die Mischung hat zwei miteinander verflochtene Gründe: "Als Beitrag zum deutsch-amerikanischen Dialog bringen wir dessen Akteure mit Wissenschaftlern zusammen, um über dieses Verhältnis zu reflektieren." Darin liegt für Dr. Brinkmann die "direkte politische Dimension" des Workshops.
    Die historische Dimension der aktuellen Prozesse erhellt Dr. Shlomo Shafir ebenso wie Prof. Diner und Dr. Brinkmann. Dr. Shafir fokussiert die Zeitspanne zwischen 1945 und 1995: Der spezifische Aspekt, den die amerikanischen Juden in das deutsch-amerikanische Verhältnis einbringen, ist durch zwei Motive bestimmt. Auf der einen Seite stießen nicht wenige Überlebende des Holocaust zur Community; auf der anderen prägten Schuldgefühle amerikanischer Juden, sich nicht oder nicht genügend gegen den Nationalsozialismus und die Judenverfolgung engagiert zu haben, die Haltung gegenüber Deutschland. In der Folge prägten sich innerhalb der amerikanischen Juden zwei Haltungen kontrovers aus: Ablehnung dem Land der Täter gegenüber und aktive Gestaltung des amerikanisch-deutschen Verhältnisses, das sich aus der Orientierung der US-Regierung auf die Zusammenarbeit mit der BRD - im Zeichen des Kalten Krieges - ergab. In dem durch die oberste politische Ebene geprägten Geflecht, so Dr. Shafirs Aussage, sahen sich gerade amerikanische Juden als "Brückenbauer" zur Verständigung an; eine Verständigung, zu der unverzichtbar die Erinnerung an den Holocaust gehört. Den Blick in die Vergangenheit weitet Dr. Brinkmann ins 19. Jahrhundert, als die Mehrzahl der in die Vereinigten Staaten einwandernden Juden aus Deutschland kam. "Viele Juden, die nach 1933 in die USA geflohen sind, trafen auf die Überreste dieser deutschen Tradition." Eine Tradition, die der jüdischen Gemeinde nach 1945 den Anknüpfungspunkt für die Aussage bot: Deutschland sei nicht auf den Nationalsozialismus und den Holocaust zu reduzieren.
    Den Abschluss bildet der Vortrag des Direktors des Dubnow-Instituts, Prof. Dan Diner. Ausgehend von seinen Studien zum Antiamerikanismus in der BRD wird er die These aufstellen, dass der Antiamerikanismus hier zu Lande häufig auch Antisemitismus sei. Seine Auffassung wird Prof. Diner mit dem Blick auf die Reaktionen zum 11. September in Deutschland belegen. Eine spannende Debatte zeichnet sich ab ...
    Daniela Weber

    weitere Informationen: Dr. Tobias Brinkmann
    Telefon: 0341 217 35 50
    E-Mail: brinkmann@dubnow.de
    WWW: www.dubnow.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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