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19.06.2002 10:31

Köln in den Zeiten der Cholera

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Faule Dämpfe, die aus Sümpfen, Kadavern, Exkrementen und Leichen in die Lüfte steigen und in den Menschen eindringen: So stellten sich die Menschen im 19. Jahrhundert den unheilvollen Hauch der Cholera vor. Im ehemaligen Kölner Bürgerhospital am Neumarkt wurden die Opfer der Cholera-Epidemie von 1849 behandelt. Dennoch fühlten sich Gesunde und Kranke gleichermaßen und sogar die Ärzteschaft machtlos der Seuche ausgeliefert. Zu diesem Schluss kommt Dr. Maria Christina Dautzenberg in einer Studie, die sie am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität zu Köln erstellt hat. Dr. Dautzenberg wertete in erster Linie zeitgenössische Artikel und Annoncen in Kölner Zeitungen und Zeitschriften aus.

    Köln in den Zeiten der Cholera
    1849 glaubten die Kölner an todbringenden Gestank

    Faule Dämpfe, die aus Sümpfen, Kadavern, Exkrementen und Leichen in die Lüfte steigen und in den Menschen eindringen: So stellten sich die Menschen im 19. Jahrhundert den unheilvollen Hauch der Cholera vor. Im ehemaligen Kölner Bürgerhospital am Neumarkt wurden die Opfer der Cholera-Epidemie von 1849 behandelt. Dennoch fühlten sich Gesunde und Kranke gleichermaßen und sogar die Ärzteschaft machtlos der Seuche ausgeliefert. Zu diesem Schluss kommt Dr. Maria Christina Dautzenberg in einer Studie, die sie am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität zu Köln erstellt hat. Dr. Dautzenberg wertete in erster Linie zeitgenössische Artikel und Annoncen in Kölner Zeitungen und Zeitschriften aus.

    Zeitungsberichte über den Ausbruch der verheerenden Darmkrankheit in den Nachbarländern und -städten steigerten die Sorge der Kölner Bürger bis zur Panik. Das wellenartige, massive Auftreten der Krankheit, ihren dramatischen Verlauf und den unwürdigen Tod fürchteten die Kölner sehr. Zudem versetzte sie ihre eigene Unwissenheit über Ursprung, Verbreitung und Abwehr der Cholera in Angst und Schrecken. Auch die Erfahrung mit der fast 20 Jahre zuvor ausgebrochenen Cholera-Epidemie, die glücklicherweise vor den Toren Kölns Halt gemacht hatte, konnte die neue Cholera-Welle nicht abwenden. Von den rund 85.000 Einwohnern der Stadt Köln erkrankten drei Prozent, die Hälfte davon, etwa 1250, erlag der Infektion.

    Die Kölner Ärzte nahmen wie die Mehrheit der Bevölkerung an, dass der Ansteckungsstoff von faulenden organischen Materialien ausginge und im Menschen eine Bluterkrankung auslöse. Die Medizin arbeitete damals nach dem Modell der vier Körpersäfte: Schwarze Galle, Blut, Schleim und Gelbe Galle. Eine Krankheit brächte diese aus dem Gleichgewicht. Für den Durchfall bei Cholera machte man die Überfüllung des Darmes mit Blut verantwortlich. Folglich galt der Aderlass als Gegenmaßnahme im ersten Stadium der Krankheit. An den sechs Krankheitsstadien war die Behandlung im Bürgerhospital ausgerichtet. Nahmen im folgenden Stadium die Durchfälle zu, verordneten die Ärzte zusätzlich zum Aderlass Opiate, um die Ausscheidungen kurzfristig anzuhalten. Diese Maßnahmen zeigten meistens Erfolg, auch wenn Ärzte Zweifel hegten an der Wirksamkeit des Aderlasses bei ohnehin geschwächtem Kreislauf und abfallender Körpertemperatur. Häufig verliefen die Stadien der Krankheit so schnell, dass die Ärzte keiner Hilfe fähig waren.

    Nur richtig gesunde Menschen sind vor einer Cholera-Infektion geschützt, so die damalige Überzeugung. Sauberkeit, gut gelüftete, trockene Räume, zweckmäßige Kleidung, körperliche Bewegung und Mäßigung beim Essen galten als geeignete Vorbeugung. Die enge Bebauung des damaligen Köln, die dunklen und feuchten Wohnungen der ärmeren Leute und die unbefestigten, stark verschmutzten Straßen ließen jedoch gesundes Leben kaum zu. Die Kölner warfen Haushaltsabfälle, Bauschutt, totes Vieh und Kot auf die Straßen und Plätze; die Straßenreinigung, die damals die Bürger selbst oder von der Stadt beauftragte Unternehmer erledigen sollte, war höchst unzureichend.

    Zugleich beschwerten sich die Kölner Bürger über die hygienischen Zustände in ihrer Stadt. Sie befürchteten, dass die üblen Dünste sie schwächen und sie so für eine Cholera-Infektion empfänglicher machen könnte. Durch eine Flucht auf das Land glaubten sich wohlhabende Bürger vor einer Ansteckung sicher. Das Geheimnis um die Ursache der Cholera konnte erst gut 30 Jahre später gelöst werden: Robert Koch entdeckte 1883 das Cholera-Bakterium. Der Mensch nimmt den Erreger mit verunreinigtem Trinkwasser auf.

    Verantwortlich: Dagmar Lutz

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Klaus Bergdolt unter der Telefonnummer 0221-478 5266, der Faxnummer 0221-478 6794 und der E-Mail-Adresse bergdolt@uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web
    (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).
    Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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