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28.05.1998 00:00

Versorgung hör- und sprachgestörter Kinder ernsthaft gefährdet

Bärbel Broer M. A. Stabsstelle Presse und Kommunikation
Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf

    Rund 500.000 Kinder in der Bundesrepublik müssen vom Ohrenarzt behandelt werden. Etwa drei bis sechs Prozent aller deutschen Kinder leiden sogar an Schwerhörigkeit. Und die Zahl Hörgeschädigter sowie kommunikations- und schluckgestörter Patienten steigt. Dabei gibt es nur circa 200 Fachärzte für Phoniatrie und Pädaudiologie in Deutschland, in ganz Nordrhein sind es nur elf - ein Versorgungsnotstand bahnt sich an.
    Einer dieser Spezialisten ist Prof. Dr. Wolfgang Angerstein, Leiter der Abteilung Phoniatrie und Pädaudiologie in der HNO-Klinik der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, der am Freitag, 5. Juni, ab 16 Uhr c.t. seine Antrittsvorlesung anläßlich seiner Ernennung zum Universitätsprofessor hält (Thema: "Das menschliche Ohr im Spiegel der Kunst", Hörsaal 13B, Geb. 13.55).
    Prof. Angersteins Spezialgebiete sind u.a.:
    - die Untersuchung der Artikulationsorgane mit nicht strahlenbelastenden bildgebenden Techniken (insbesondere Ultraschall)
    - die Untersuchung und Behandlung hörgestörter Kinder und Säuglinge (z.B. Hörschäden durch Krebserkrankungen oder Mehrfachbehinderungen wie die Gaumenspalte oder das Down-Syndrom);
    - die Betreuung von Patienten mit Sprachstörungen (verursacht durch Schlaganfall, neurologische Erkrankungen oder Hirntumore);
    - die Behandlung von Patienten mit Sprechstörungen wegen Zungenlähmung oder nach Operationen wegen Mundhöhlen-, Zungen-Rachen-Krebs;
    - die Untersuchung und Behandlung von Patienten mit Stimmstörungen: In der Mehrzahl Menschen, die aufgrund ihres Berufes extremer Stimmbelastung ausgesetzt sind wie z.B. Lehrer, Sänger, Schauspieler, Geistliche, Anwälte etc.
    Die Auflistung zeigt: Der Aufgabenbereich der Phoniatrie und Pädaudiologie ist vielfältig und vor allem arbeitsintensiv. Und da es nur elf Fachärzte in ganz Nordrhein gibt, sind lange Wartezeiten für Untersuchungs- und Behandlungstermine die Folge. Weiterer Grund: Die Untersuchungen dauern meistens mehrere Stunden, außerdem erfordern sie einen sehr hohen technischen Geräteaufwand und hochspezialisiertes Personal (z.B. Fachleute zur Hörprüfung bei kleinen Kindern und Säuglingen, Fachleute zur Hörgeräteanpassung bei Kleinkindern und Säuglingen, Fachleute zur Stimm- und Sprachrehabilitation schwerstkranker, bettlägeriger Patienten mit Tumoren oder neurologischen Erkrankungen).
    HNO-Ärzte könnten zwar aufgrund ihrer Ausbildung phoniatrisch-pädaudiologisch arbeiten, sie tun dies jedoch nur in Ausnahmefällen. Denn die entsprechenden diagnostischen und therapeutischen Maßnahmen sind sehr zeitaufwendig und wegen der vorgesehenen Abrechnungsziffern kaum lukrativ für niedergelassene Fachärzte. Außerdem haben nur die wenigsten niedergelassenen HNO-Ärzte die erforderliche, meist sehr teure apparativ-instrumentelle Ausstattung für die aufwendigen Untersuchungen (z.B. Mainzer Kindertisch zur Kinderaudiometrie, Geräte zur objektiven apparativen Untersuchung verschiedener Stimmparameter). Hinzu kommt, daß nur wenige Praxen adäquat ausgebildetes medizinisches Assistenzpersonal haben.

    Nicht zuletzt aus all diesen Gründen hat der Deutsche Ärztetag im Mai 1992 beschlossen, einen eigenen Facharzt für Phoniatrie und Pädaudiologie mit entsprechender Weiterbildungsordnung zu schaffen. Das Fachgebiet verfügt mittlerweile sowohl über einen eigenen Berufsverband als auch über eine eigene wissenschaftliche Fachgesellschaft.
    Das Fachgebiet ist interdisziplinär angelegt und erfordert enge Zusammenarbeit verschiedenster medizinischer und nichtmedizinischer Fachrichtungen, um kommunikations- und schluckgestörte Patienten entsprechend hochqualifiziert untersuchen und behandeln zu können. Gerade deshalb sei es absolut notwendig, so Prof. Angerstein, daß sämtliche ärztliche Fachgruppen das uneingeschränkte Zuweisungsrecht zur phoniatrisch-pädaudiologischen Ambulanz erhalten. "Nur die uneingeschränkte Überweisungsmöglichkeit bzw. der freie Zugang zur phoniatrisch-pädaudiologischen Ambulanz für alle Arztgruppen ermöglicht es, den offenkundigen Versorgungsnotstand kommunikations- und schluckgestörter Patienten zu verbessern", so Prof. Angerstein. Seiner Ansicht nach erfüllen die Krankenkassen und die Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein den Sicherstellungsauftrag zur Versorgung
    stimm-, sprech-, sprach- und schluckgestörter Patienten nicht mehr. Abhilfe könne nur durch ein uneingeschränktes Zuweisungsrecht sämtlicher ärztlicher Fachgruppen geschaffen werden. Bärbel Broer

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Wolfgang Angerstein, Tel.: 0211 / 81-17583 oder 81-17584


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Gesellschaft, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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