Wie heiß ist es im Erdmantel, wie verändern sich die Temperaturen über Millionen von Jahren hinweg und welche Folgen kann das haben? Aufschlussreiche Informationen dazu haben Wissenschaftler um Prof. Dr. Karsten Haase vom Lehrstuhl für Endogene Geodynamik des GeoZentrums Nordbayern an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) in einer langfristig prägenden Phase der Erdgeschichte gefunden: dem Aufbrechen des heutigen Atlantischen Ozeans. Die Temperatur im Erdmantel stand mit diesem Ereignis in direktem Zusammenhang, wie sie aus der Analyse von 340 Gesteinsproben ermittelten.
Durch vulkanische Prozesse bilden sich jedes Jahr etwa drei Quadratkilometer neuer Erdkruste an den Mittelozeanischen Rücken, den Nahtstellen zwischen einzelnen Kontinentalplatten. 20 Kubikkilometer Gesteinsschmelze, sogenanntes Magma, dringen hier alljährlich nach oben, erkalten und formen den neuen Meeresboden. Das Ausmaß der vulkanischen Aktivität und damit auch die Magmenmenge, die eruptiert wird, hängen mit der jeweiligen Manteltemperatur zusammen. Derartige Veränderungen werden teilweise für Schwankungen des globalen Meeresspiegels verantwortlich gemacht und tragen bedeutend zum jährlichen Ausstoß von CO2 in die Atmosphäre bei.
Auskunft über solche Prozesse geben Gesteinsproben, die aus der Tiefe des Erdmantels entnommen werden. Für die DFG-geförderten Studien standen Bohrkerne zur Verfügung, die während der letzten 40 Jahre im Atlantik und Pazifik gewonnen wurden, unter anderem mit dem amerikanischen Schiff JOIDES Resolution. Geheimnisse aus den letzten 200 Millionen Jahren Erdgeschichte warteten in den Gesteinsarchiven auf ihre Entschlüsselung durch die Erlanger Wissenschaftler. Zu der Forschergruppe von Lehrstuhlinhaber Prof. Dr. Karsten Haase gehören seine akademischen Mitarbeiter Dr. Marcel Regelous und Dr. Christoph Beier sowie der kurz vor Abschluss seiner Dissertation stehende Doktorand Philipp Brandl. Sie alle sind als Autoren für die Publikation in Nature Geoscience verantwortlich.
Um die Botschaft der Erde zu entziffern, müssen Änderungen in der Gesteinszusammensetzung interpretiert werden. Dabei ergab sich, dass direkt nach der Öffnung des Atlantischen Ozeans unter dieser Region deutlich höhere Temperaturen im Erdmantel herrschten, als dies heute der Fall ist. Die Temperaturdifferenz betrug bis zu 150°C, und es dauerte 60 bis 70 Millionen Jahre, bevor der Erdmantel unter dem Atlantik die heutigen „normalen“ um 1350°C Temperaturen erreichte.
Die Erlanger Wissenschaftler beobachteten, wie sie betonen, jedoch auch, dass dieser Effekt nicht global zu finden ist. Reste des Superkontinents Pangäa behinderten damals den Transport von Wärme aus dem Erdinneren an die Oberfläche durch „kontinentale Isolierung“. Ein ähnlicher Zusammenhang zwischen Manteltemperatur und dem Aufbrechen von Kontinenten existiert heute entlang des Roten Meeres und des Golfes von Aden bis hin zum Zentralindischen Rücken.
In einer Online-Vorschau der kommenden Ausgabe von Nature Geoscience1) werden diese Untersuchung und ihre Ergebnisse am Sonntag, 17. März 2013, vorgestellt.
Weiterführende Links:
GeoZentrum Nordbayern: http://www.gzn.uni-erlangen.de
Integrated Ocean Drilling Program (IODP): http://www.iodp.org
1) Brandl, P.A., Regelous, M., Beier, C. & Haase, K.M. (2013): High mantle temperatures following rifting caused by continental insulation. Nature Geoscience, doi: 10.1038/NGEO1758.
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