Die SPD hat die heiße Phase des Bundestagswahlkampfs nun eröffnet und ihre Plakatkampagne vorgestellt: Kein Steinbrück, dafür umso mehr Merkel – und außerdem seien die Werbeträger nicht mal wetterfest, beklagen Kritiker. Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha, Leiterin des Lehrstuhls für Kommunikationswissenschaft an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) hat sich die Wahlkampfstrategie der Sozialdemokraten unter wissenschaftlicher Perspektive angesehen.
Wenn die Plakate auf den Straßen stehen, wissen wir endlich, dass Wahlkampf ist. Kein anderes Werbemittel signalisiert uns in derart auf- und eindringlicher Weise, dass eine Wahl bevorsteht. Vor ein paar Tagen hat die SPD ihre Wahlplakate vorgestellt. Schon optisch eine Überraschung. Das klassische SPD-Rot verläuft ins feministische Lila. Bei einem Spitzenkandidaten, der angeblich bei den Wählerinnen nicht so gut ankommt, ließe sich hier trefflich spekulieren. Schaut man sich in der Farbsymbolik um, gilt Violett als Farbe der Macht, der Eitelkeit und in der Kombination mit Rot gelten unmoralische Assoziationen. Und schließlich: Lila ist die Farbe des letzten Versuchs.
Die ersten Plakatserien der SPD lassen zwei Strategien erkennen. Die eine ist eine herkömmliche Themenserie. Neben dem roten Quadrat mit dem Parteilogo der Slogan "Das Wir entscheidet". Das ist nicht gerade Umgangssprache. Die Motive zeigen ein Seniorenpaar, eine Familie, eine Mutter mit Kind, ein Hausmeisterpaar. Der jeweilige Claim ist programmatisch und wiederholt ganz groß das WIR: WIR für bezahlbare Mieten, für mehr Kitaplätze, für den gesetzlichen Mindestlohn, für ein Alter ohne Armut. Entsprechend ihrer klassischen Kompetenz setzt die SPD auf das Soziale. Ganz richtig, hier kann sie punkten.
Die zweite Serie fährt eine Negativstrategie. Die Kanzlerin durchsucht ihre Handtasche ‒"Privatsphäre Neuland für Merkel?", heißt es dazu. Kanzlerin und Vizekanzler kurz vorm Einschlafen auf der Regierungsbank ‒ dazu die Frage "Beste Regierung seit der Einheit...?". Merkel mit Verteidigungsminister de Maizière und Kanzleramtschef Pofalla, dazu die Frage "Merkels Kompetenzteam?". Das ist gefährlich. Die SPD sollte die Risiken einer solchen Strategie kennen, seitdem sie bei der Europawahl 2009 mit ihrer Negativwerbung ("Finanzhaie würden FDP wählen") eine Bauchlandung gemacht hat. Attacken zumal auf Personen feuern leicht auf denjenigen zurück, der die Werbung verantwortet, wenn ein Angriff als unfair empfunden wird. Eine Frau und erst recht eine populäre Kandidatin anzugreifen, ist hochriskant. Solche Attacken auf den politischen Gegner werden in Deutschland gerne humorvoll verpackt, vermutlich um den Angriff weich abzufedern. Die SPD versucht es mit Ironie, aber wer versteht die schon?
Dass der Kanzlerkandidat auf den Plakaten nicht auftaucht, ist ein Fehler. Ihn zugunsten von Themen zurückzunehmen, wenn die CDU eine personalisierte Kampagne erwarten lässt, könnte auch als Signal verstanden werden. In Wahlkämpfen früherer Jahre war der Kanzlerkandidat immer dann nicht zu sehen, wenn die Partei auf Distanz ging.
Und die Union? Von der CDU gibt es bisher nur ein Handbuch zu ihrer Werbelinie für die Bundestagswahl. Da stellt die Partei ihr Logo mit Deutschland-Fahne vor, neben dem Parteinamen ein schmaler senkrechter Streifen schwarz-rot-gold. Der sieht fast genauso aus wie das einheitliche Logo der Bundesregierung. So nimmt die CDU schon vorweg, was sich eigentlich erst am Wahltag entscheiden soll.
Ansprechpartnerin für die Presse:
Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha
Tel.: 0911/5302-674
Christina.Holtz-Bacha@fau.de
Prof. Dr. Christina Holtz-Bacha
FAU
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
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