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24.10.2002 13:18

In the Mood

Dr. Ralf Breyer Public Relations und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Graduiertenkolleg 'Satzarten: Variation und Interpretation' zieht Bilanz zum einjährigen Bestehen

    Mit dem Thema 'Satzarten' mag manch einer jene tödliche Langeweile assoziieren, die den schulischen Grammatikunterricht kennzeichnet. Dabei wird dem Thema allerdings Unrecht getan. Als grammatische Kodierungen elementarer Sprechhandlungen wie Behauptungen, Fragen oder Befehle sind die unterschiedlichen Satzarten grundlegend für das Funktionieren sprachlicher Kommunikation. Die durch sie aufgeworfene Frage nach dem systematischen Zusammenhang zwischen grammatischer Form, Bedeutung und Kommunikation gehört zu den spannendsten Untersuchungsgegenständen der Sprachwissenschaft überhaupt.

    Seit etwa einem Jahr widmet sich das interdisziplinäre Graduiertenkolleg Satzarten: Variation und Interpretation, an dem unter anderem Psychologie und Informatik beteiligt sind, diesen und anderen Fragenkomplexen.

    Ein einfacher Deklarativsatz wie Hans besorgt das Bier kann dazu benutzt werden, eine Feststellung zu treffen, eine Frage zu stellen oder eine Aufforderung zu erteilen. Er skizziert anschaulich eines der Kernthemen des Graduiertenkollegs: Die Untersuchung, ob es überhaupt eine funktionsunabhängige Bestimmung von Satz-Strukturtypen wie Deklarativ, Imperativ oder Interrogativ geben kann. Weitere Fragen ergeben sich aus der Variationsbreite von Satzarten in den Sprachen der Welt.

    Im Deutschen oder Englischen werden Aussagesätze durch spezifische Wortstellungen und Intonationsmuster angezeigt und von anderen Satztypen abgegrenzt. Die nordamerikanische Indianersprache Hidatsa unterscheidet dagegen in Aussagesätzen verschiedene Modi danach, ob dem Sprecher zufolge etwas nur vielleicht der Fall ist oder er davon überzeugt ist, dass es der Fall ist, ob es ihm vom Hörensagen bekannt ist, nur angenommen oder für wahr gehalten wird - diese Modi bestimmen die Wahl bestimmter Partikelwörter am Satzende. Auch die Markierung von "Ja/Nein-Fragen" wird in verschiedenen Sprachen ganz unterschiedlich ausgedrückt; die uns "natürlich" erscheinende Markierung derartiger Fragen durch eine ansteigende Intonation ist keineswegs bei allen Sprachen zu finden - wie etwa das Grönländische belegt.

    Die Vielfalt des grammatischen Instrumentariums zum Ausdruck funktionaler Unterschiede eröffnet interessante linguistische Perspektiven für die Erforschung grundlegender Eigenschaften von Sprachen. Mit der Beschreibung der grammatischen Erscheinungsformen von Satzarten und ihrer historischen Entwicklung in unterschiedlichen Sprachfamilien befasst sich die typologische Analyse. Im Rahmen der kognitiven Linguistik befasst sich das Kolleg mit der explanativen Erforschung von Satzarten. Hier geht es darum, herauszufinden, von welchen systematischen Struktureigenschaften es abhängt, welche grammatischen Mittel in welchen Sprachen für welche Unterscheidungen genutzt werden. Diese Fragen werden auf Basis sprachtheoretischer Grundlagen diskutiert, denen zufolge die menschliche Sprache in einer spezifischen genetisch determinierten kognitiven Fähigkeit verankert ist, die sich in der Aneignung eines grammatischen Systems manifestiert und deren Eigenschaften einer abstrakten linguistischen und psychologischen Analyse zugänglich sind.

    Grammatische und kommunikative Kompetenz eines Sprechers kann durch neurale Defizite beeinträchtigt sein. Das wirft die Frage auf, wie das System der Satzarten von solchen Defiziten betroffen ist und stellt einen Bezug zur neurowissenschaftlichen Forschung her. Bezug zur Informatik ergibt sich aus der Frage, wie die mit Satzarten verbundenen Diskurseffekte sprachtechnologisch implementierbar sind: Wie kann eine Maschine jene kommunikativen Handlungen "erwerben", deren Vollzug durch Satzarten grammatisch realisiert wird?

    Eine internationale Tagung unter dem Motto In the Mood fand mit großem Erfolg im Sommersemester statt; die kognitiv-explanative Forschung stand dabei im Mittelpunkt.

    Die Behandlung deskriptiv-typologischer Themenstellungen steht im Zentrum einer Tagung am 7. und 8. November 2002.

    Informationen: Prof. Günther Grewendorf; Sprecher des Graduiertenkollges; Tel.: 798 32397; Fax: 798 32399; E-Mail: grewendorf@lingua.uni-frankfurt.de


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-frankfurt.de/fb10/grad_koll


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Sprache / Literatur
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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