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15.11.2002 12:28

Erdbeben im Labor - ein Lauschangriff

Kerstin Wodal Pressestelle
Universität Bayreuth

    Am Bayerischen Geoinstitut und in London erforscht - jetzt in SCIENCE dargestellt. In großer Tiefe Wasserfreisetzung aus Meeresbodenkruste für seismischen Aktivität verantwortlich

    Bayreuth (UBT). Forscher in Bayreuth und London sind jetzt in Laborversuchen Ursachen für seismische Aktivitäten in großen Tiefen des Erdmantels auf die Schliche gekommen, wie sie in der jüngsten Ausgabe des angesehenen Wissenschaftsmagazins SCIENCE berichten.

    Die meisten Erdbeben ereignen sich in den 50 km der Erdkruste. Sie werden durch die bruchhafte Verformung der Gesteine verursacht, die große Mengen an seismischer Energie freisetzt. Unter den hohen Drücken und Temperaturen, die in größeren Tiefen herrschen, brechen Gesteine nicht mehr, sondern verformen sich plastisch, ohne dass dabei seismische Energie wie bei Erdbeben freigesetzt wird. Eine bemerkenswerte Ausnahme von dieser allgemeinen Beobachtung gibt es im Untergrund der Gebiete, in denen Erdkrustenplatten durch Prozesse der Kontinentalverschiebung miteinander kollidieren. An diesen Nahtstellen der Erdkruste schieben sich schwerere Krustenplatten unter die leichteren und tauchen (wie in der Graphik dargestellt) in den Erdmantel ab. Geowissenschaftler nennen diesen Prozess Subduktion und die langgestreckten Zonen, in denen diese Vorgänge ablaufen, Subduktionszonen. Typische Beispiele finden sich vor der Westküste Nord- und Südamerikas.

    In solchen subduzierten Krustensegmenten werden überraschenderweise Erdbeben bis in 650 km Tiefe registriert. Das bolivianische Erdbeben von 1994 war mit einer Magnitude von 8,4 auf der Richter-Skala eines der stärksten registrierten Beben überhaupt. Es hatte seinen Ursprung in 600 km Tiefe! Die Ursachen solcher tiefen Erdbeben sind für die Forscher immer noch rätselhaft, da sich die Gesteine in diesen Tiefen plastisch verhalten sollten.

    Jetzt haben David Dobson, Philip Meredith und Stephen Boon, Wissenschaftler am Bayerischen Geoinstitut und am University College London/Großbritannien, in SCIENCE neue experimentelle Methoden präsentiert, mit denen Mikro-Erdbeben unter Druck- und Temperaturbedingungen des tiefen Erdinneren im Labor simuliert werden können. Die Forscher konnten zeigen, dass Erdbeben zumindest bis in 210 km Tiefe durch Wasserfreisetzung (Dehydratisierung) aus alter Meeresbodenkruste ausgelöst werden können, wenn sich diese bei der Subduktion im Erdmantel langsam aufheizt. In den Hochdruck-/Hochtemperatur-Versuchen in den Labors am Bayerischen Geoinstitut horcht man - nicht gerade mit dem Hörrohr, sondern mit empfindlicher Elektronik - und registriert auf diese Weise winzige Brüche in der Probe, die durch die Wasserabgabe ausgelöst werden und die in ihrer Charakteristik der seismischen Aktivität (= Erdbeben) entsprechen. Nach den Versuchen konnten sogar die "Erdbebenherde" in Form von Störungsflächen in dem eingesetzten Probenmaterial entdeckt werden.

    Die neuen Ergebnisse der internationalen Wissenschaftlergruppe liefern jetzt Erklärungen für seismische Aktivitäten in einem tiefreichenden Stockwerk der Erde. Die Ursachen für noch tiefere Erdbeben zwischen 400 und 650 km Tiefe bleiben aber weiter im Dunkeln. Zukünftige Studien der Gruppe werden sich mit Reaktionen und Prozessen, die in diesen Tiefen in der Übergangszone zwischen oberem und unterem Erdmantel ablaufen, befassen.


    Weitere Informationen:

    http://www.uni-bayreuth.de/presse/mitteil/dobson.htm


    Bilder

    Profil der oberen ca. 800 km der Erde im Bereich einer Subduktionszone
    Profil der oberen ca. 800 km der Erde im Bereich einer Subduktionszone

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    David Dobson arbeitete am Bayerischen Geoinstitut, ist jetzt aber wieder am University College in London
    David Dobson arbeitete am Bayerischen Geoinstitut, ist jetzt aber wieder am University College in Lo ...

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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Profil der oberen ca. 800 km der Erde im Bereich einer Subduktionszone


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    David Dobson arbeitete am Bayerischen Geoinstitut, ist jetzt aber wieder am University College in London


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