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20.11.2002 13:30

Hilfe für Epilepsiekranke durch "EpiBloc"

Klaus Walter Stabsstelle Hochschulkommunikation
Philipps-Universität Marburg

    Marburger System soll Anfälle automatisch erkennen und unterbrechen

    Marburger Neurologen arbeiten aktuell an der Entwicklung eines Verfahrens, mit dessen Hilfe epileptische Anfälle frühzeitig erkannt und automatisch unterbrochen werden können. Das neue System soll ähnlich einem Herzschrittmacher implantierbar sein und durch eine intelligente Software binnen Sekunden vollautomatisch auf einen nahenden Anfall reagieren und ihn durch Stimulation einer bestimmten Hirnregion stoppen. Das Marburger Projekt ist bei dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) ausgeschriebenen diesjährigen Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik mit einem Preis ausgezeichnet worden. Der Preis, der heute auf der MEDICA in Düsseldorf übergeben wurde, ist mit 200 000 Euro dotiert, die in weitere Forschungsarbeiten fließen sollen.

    Die Krankheit Epilepsie hat viele Gesichter: kurzzeitiger Bewusstseinsverlust, ohne Erinnerung an den "Aussetzer" oder Anfälle mit Verkrampfungen und Stürzen, die auch zu schweren körperlichen Verletzungen führen können. Oft treten nur wenige Anfälle pro Monat auf, aber auch bis zu 60 pro Tag sind möglich. Betroffene finden sich in jedem Alter und in jeder Gesellschaftsschicht. Über 640 000 Menschen leiden allein in Deutschland an Epilepsie. Bei bis zu 160 000 dieser Patienten wirken Medikamente und andere Therapieansätze, wie ein chirurgischer Eingriff, nur unzureichend oder gar nicht.

    Bislang unbekannt ist, warum epileptische Anfälle zu einem bestimmten Zeitpunkt auftreten. Durch mathematische Analysen der Elektroenzephalogramme (EEGs) - der hirnelektrischen Aktivität - ist es möglich, epileptische Anfälle vor dem Auftreten klinischer Anfallszeichen zu erkennen. Mit Hilfe dieser "Vorwarnzeit" ergeben sich neue Möglichkeiten der Ursachenforschung und Therapie. Besonders Patienten, die weder operiert werden können noch auf Medikamente ansprechen, hilft in Zukunft diese EEG-Analyse. Hier lassen sich deutliche Zeichen für einen herannahenden Anfall finden: Die betroffenen Hirnregionen zeigen für das normale Gehirn untypisch synchrone Entladungen der Nervenzellen. Diese Erkenntnisse aus der Mathematik und Medizin nutzen die Forscher um Professor Felix Rosenow von der Klinik für Neurologie der Philipps-Universität Marburg. "Ein wesentlicher Punkt der nun kommenden Arbeiten ist es, die mathematischen Formeln zur Anfallserkennung zu verbessern", erklärt Professor Rosenow. "Gemeinsam mit dem Epilepsiezentrum Kehl-Kork und dem Fraunhofer-Institut für Produktionstechnik und Automatisierung in Stuttgart müssen wir sicherstellen, dass das System die epileptischen Anfälle sicher erkennt und zudem keinen 'Fehlalarm' auslöst", fasst er einen der ersten Arbeitsschritte zusammen. Ein zweites Arbeitspaket des Teams ist dann die Kopplung dieser Einheit mit einem Stimulationsmechanismus, der den Anfall sofort unterbricht. In der dritten Phase des Projekts steht die Miniaturisierung des "EpiBloc" getauften Systems auf dem Plan, damit es später leicht implantiert werden kann.

    Aufbauend auf den vielversprechenden Vorarbeiten des Marburger Teams zur effektiven Anfallsunterbrechung rechnen die Forscher damit, dass in etwa fünf Jahren erste Patienten vom implantierbaren "EpiBloc" profitieren könnten. Das System wird dann bei den Betroffenen epileptische Anfälle im Vorfeld oder maximal zwei Sekunden nach Beginn registrieren und durch elektrische Impulse sofort stoppen.

    Am diesjährigen Innovationswettbewerb zur Förderung der Medizintechnik hatten sich 145 Bewerberinnen und Bewerber beteiligt. Elf von ihnen wurden mit Förderpreisen ausgezeichnet. "Mit dem Fördergeld sollen die Produkte marktreif gemacht werden und Deutschland seine weltweit bedeutende Stellung in der Medizintechnik ausbauen", heißt es in einer Presseerklärung des BMBF.

    Ansprechpartner:
    Prof. Dr. med. Felix Rosenow, Interdisziplinäres Epilepsie-Zentrum am Klinikum der Philipps-Universität Marburg (EZM), Klinik für Neurologie, Rudolf-Bultmann-Str. 8, 35033 Marburg, Tel: 06421/28-65348, Fax: 06421/28-65228, E-Mail: rosenow@med.uni-marburg.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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