idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
25.11.2013 15:00

Besser als Verschlüsselung: Neue Methode für mehr Sicherheit in der mobilen Kommunikation

Dr. Ulrich Marsch Corporate Communications Center
Technische Universität München

    Forscher der Technischen Universität München (TUM) haben einen neuen, informationstheoretischen Ansatz für eine abhörsichere mobile Kommunikation gefunden. Ihre Lauschabwehr setzt an der sogenannten physikalischen Schicht des Kommunikationssystems an. Sie hat Vorteile gegenüber Techniken, die auf höheren Kommunikationsebenen angesiedelt sind wie etwa kryptografische Verfahren. Damit rückt die praktische und kommerzielle Anwendung von Techniken, die man bisher nur mit futuristischen Quantenkommunikations-Technologien in Verbindung brachte, in greifbare Nähe.

    Physikalisch betrachtet befinden sich drahtlose Kommunikationskanäle im offenen Raum – sie werden von Radiowellen in der Atmosphäre getragen. Daher lässt sich der mobile Telefon- oder Datenverkehr abhören, ohne einen Draht oder ein Glasfaserkabel anzuzapfen. Ein Lauscher kann den Kanal eines legitimen Nutzers überwachen, stören oder abgehörte Informationen verwerten, um die Sicherheit einer Nachricht zu gefährden.

    Kryptografische Verschlüsselung ist heute die letzte Verteidigungslinie in diesem Abwehrkampf. Man versucht, nicht autorisierten Empfängern das Dechiffrieren abgefangener Mitteilungen schwer bis unmöglich zu machen. Aber die Sicherheit kryptographischer Techniken gerät bei fortschreitender Rechenleistung von Computern immer mehr ins Hintertreffen.

    Kein Empfang für Lauscher

    Jetzt haben die TUM-Forscher Prof. Holger Boche und Dr. Rafael Schaefer ein Verfahren entwickelt, das die eigentlich sehr angreifbare physikalische Schicht verlässlich absichert. Ihre Methode verhindert, dass ein potentieller Mithörer die übertragene Nachricht überhaupt empfängt. Der Ausgangspunkt scheint alles andere als intuitiv: Die Methode benutzt zwei physikalische Kanäle, also Frequenzbereiche, die an sich nutzlos sind, da jeder für sich unbrauchbar ist, um eine Nachricht sicher zu übertragen.

    Normalerweise wäre es sinnlos, zwei Kanäle jeweils mit einer Kapazität von Null zu verbinden. Null plus Null ergibt schlicht Null. Doch Schaefer erklärt: „In diesem Fall ist es, als erhielten wir bei der Addition von zwei Nullen ein positives Ergebnis. Wir sehen, dass wir das ganze System ‚super-aktivieren‘ können, das heißt, dass die Kombination zweier nutzloser Kanäle eine positive Kapazität für die sichere Übermittlung vertraulicher Nachrichten ergeben kann. “

    Ähnliche Ergebnisse wurden bisher nur in Studien über die sogenannte Quantenkommunikation beschrieben. Diese ist allerdings für die heutige Technologie nicht direkt anwendbar. Boche resümiert: „Nach unserem Wissenstand ist es das erste Beispiel einer Superaktivierung – Null plus Null ist größer Null – in klassischen Kommunikationsszenarien.“ Boche und Schaefer ermittelten auch, wie sich die Kapazität eines abhörsicheren physikalischen Schichtkanals berechnet. In einem weiteren Schritt hin zur praktischen Anwendung beschrieben sie außerdem die Codestruktur und das optimale Transceiver-Design für die Umsetzung ihrer Methode.

    Johann-Philipp-Reis-Preis für Rafael Schaefer

    Für diese Forschungsarbeit hat der Verband der Elektrotechnik, Elektronik und Informationstechnik (VDE) kürzlich Rafael Schaefer den renommierten Johann-Philipp-Reis-Preis verliehen. Der Preis, der an den deutschen Erfinder des Telefons erinnert, zeichnet Forscher unter 40 Jahren für herausragende Beiträge auf dem Gebiet der Nachrichtentechnik aus.

    Ab Dezember 2013 setzt Schaefer seine Forschungsarbeit in den USA bei Vincent Poor, Professor für Elektrotechnik und Dekan der School of Engineering and Applied Sciences, an der Princeton Universität fort.

    Diese Arbeit wurde zum Teil vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert.

    Publikationen:

    Capacity Results and Super-Activation for Wiretap Channels with Active Wiretappers. Holger Boche and Rafael F. Schaefer. IEEE Transactions on Information Forensics and Security, Vol. 8 No. 9, September 2013, pp. 1482-1496. DOI: 10.1109/TIFS.2013.2276049

    Wiretap Channels with Side Information – Strong Secrecy Capacity and Optimal Transceiver Design. Holger Boche and Rafael F. Schaefer. IEEE Transactions on Information Forensics and Security, Vol. 8 No. 8, August 2013, pp. 1397-1408. DOI: 10.1109/TIFS.2013.2271424

    Kontakt:

    Prof. Dr. Holger Boche
    Technische Universität München
    Lehrstuhl für Theoretische Informationstechnik
    Tel.: +49 89 289 23240
    boche@tum.de
    http://www.lti.ei.tum.de/

    Dr. Rafael Schaefer
    rafael.schaefer@tum.de


    Bilder

    Prof. Holger Boche und der Johann-Philipp-Reis-Preisträger Dr.-Ing. Rafael Schaefer diskutieren über das neuartige Sicherheitssystem für mobile Anwendungen.
    Prof. Holger Boche und der Johann-Philipp-Reis-Preisträger Dr.-Ing. Rafael Schaefer diskutieren über ...
    U. Benz/TUM
    None


    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Elektrotechnik, Informationstechnik
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
    Deutsch


     

    Prof. Holger Boche und der Johann-Philipp-Reis-Preisträger Dr.-Ing. Rafael Schaefer diskutieren über das neuartige Sicherheitssystem für mobile Anwendungen.


    Zum Download

    x

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).