Einen Ruf als "Alleinherrscher von Köln" hat sich Konrad Adenauer als Kölner Oberbürgermeister vor allem dadurch erworben, daß er entgegen der Auffassung der meisten Stadtverordneten und gegen das Votum eines hierfür eingesetzten Preisgerichts im Jahr 1927 den Bau der Mülheimer Rheinbrücke als Hängebrücke erreichte. Er konnte sich nur deshalb gegen die SPD und die liberalen Parteien durchsetzen, weil ihn in diesem Fall neben dem Zentrum auch die KPD unterstützte. Damit habe Adenauer zwar wieder einmal seinen Willen durchgesetzt, aber dafür eine dauerhafte Verschlechterung in der Zusammenarbeit mit der Stadtverordnetenversammlung in Kauf nehmen müssen. Zu diesem Ergebnis gelangt Dr. Volker Frielingsdorf in einer Untersuchung, die er am Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität zu Köln erstellt hat.
Alleinherrscher von Köln
Adenauers Wirtschaftspolitik als Kölner Oberbürgermeister
Einen Ruf als "Alleinherrscher von Köln" hat sich Konrad Adenauer als Kölner Oberbürgermeister vor allem dadurch erworben, daß er entgegen der Auffassung der meisten Stadtverordneten und gegen das Votum eines hierfür eingesetzten Preisgerichts im Jahr 1927 den Bau der Mülheimer Rheinbrücke als Hängebrücke erreichte. Er konnte sich nur deshalb gegen die SPD und die liberalen Parteien durchsetzen, weil ihn in diesem Fall neben dem Zentrum auch die KPD unterstützte. Damit habe Adenauer zwar wieder einmal seinen Willen durchgesetzt, aber dafür eine dauerhafte Verschlechterung in der Zusammenarbeit mit der Stadtverordnetenversammlung in Kauf nehmen müssen. Zu diesem Ergebnis gelangt Dr. Volker Frielingsdorf in einer Untersuchung, die er am Seminar für Wirtschafts- und Sozialgeschichte der Universität zu Köln erstellt hat.
Nach Auffassung des Kölner Historikers kann die häufig zu hörende und immer wieder kolportierte Behauptung, Konrad Adenauer habe von Ökonomie wenig verstanden und auch deshalb wirtschaftspolitische Themen vernachlässigt, zumindest zu seiner Zeit als Kölner Oberbürgermeister nicht aufrechterhalten werden. Vielmehr lasse das Quellenmaterial den Schluß zu, daß Adenauer in der Zeit von 1917 bis 1933 auch in Fragen der Wirtschaftspolitik außerordentlich ambitioniert und durchaus sachkundig war. Allerdings war Adenauer nicht vor dem Hintergrund einer ausdifferenzierten Konzeption oder im Rahmen wie auch immer gearteten wirtschaftswissenschaftlichen Theorie wirtschaftspolitisch aktiv. Weder verfolgte er eine ausgearbeitete wirtschaftspolitische Programmatik noch expliziert formulierten Leitsätze. Vor allem in der Kultur- und Sozialpolitik, aber auch auf den Gebieten der Struktur- und Arbeitsmarktpolitik gab es für ihn wichtige Gestaltungsbereiche, die nicht ausschließlich den Gesetzen der Ökonomie überlassen bleiben sollten.
So sah er die Einrichtung städtischer Grün- und Sportanlagen vor allem auch unter dem Gesichtspunkt der Gesundheitsvorsorge, da dadurch den Menschen und der Gesellschaft "viele Krankheitstage erspart" blieben. Adenauer verstand es also - so der Kölner Historiker - ökonomische, ökologische und weltanschauliche Elemente geschickt miteinander zu verbinden. Um Köln zur attraktivsten Stadt im Rheinland zu machen, war ihm die Schaffung von Grünflächen ein zentrales Anliegen. Auch in der "Kulturpflege" sah Adenauer eine vorrangige Aufgabe städtischer Kommunalpolitik. Theater, Oper und Museen sollten die Menschen bilden und ihnen geistig-seelischen Rückhalt für den Alltag geben. Die Bildungspolitik war für Adenauer eine wichtige Voraussetzung, um Köln zur führenden Metropole Westdeutschlands zu machen. Besonders an Herzen lagen ihm die Neugründung der Kölner Universität und die Schaffung der Musikhochschule, zumal er hiervon auch direkte ökonomische Vorteile für Köln erwartete. Zugleich verfolgte Adenauer eine moderne Industrie- und Verkehrspolitik, die von der Erschließung eines neuen Industrie- und Hafengeländes im Kölner Norden über den Bau der ersten Autobahnstrecke zwischen Köln und Bonn sowie der Ansiedlung der Fordwerke im Kölner Norden bis zur Errichtung der Messe- und Ausstellungshallen in Deutz reichte.
Gerade im Vergleich mit so dynamischen Städten wie Düsseldorf, Essen und Frankfurt am Main fürchtete er, daß Köln mit einer langen Vergangenheit behaftet, den Anschluß verpassen könnte und dann nur noch eine traditionsreiche Provinzstadt sein werde. Um dies zu verhindern, lieferte er sich mit den Städten der Rheinprovinz durchaus auch Konkurrenzkämpfe. So verhinderte er den Bau eines Rhein-Maas-Schelde-Kanals sowie eines Stichkanals von Aachen nach Köln in den zwanziger Jahren, da er hierdurch Nachteile für den Köln-Niehler Hafen fürchtete. Auch bei der Verfolgung eines Schnellbahnprojektes von Köln nach Dortmund vermutete er, daß es die Stadt Düsseldorf war, die das Vorhaben zielstrebig zu verhindern suchte, um die Strecke nur bis Düsseldorf zu führen. Die Beziehungen der Städte waren daher - so Dr. Frielingsdorf - untereinander überwiegend von Mißtrauen und Animositäten geprägt, weshalb eine konstruktive Zusammenarbeit oft nicht möglich war.
Im Zuge der Weltwirtschaftskrise Ende der zwanziger Jahre erreichten die Schulden der Stadt kriesenhafte Ausmaße. Hierdurch wurde Adenauers Glaubwürdigkeit gefährdet und die Gegner der Republik nutzten den Vertrauensverlust aus und betrieben gegen ihn hemmungslos Propaganda. Zwar waren es seine ehrgeizigen Projekte gewesen - so der Kölner Historiker -, die die Stadt an den finanziellen Abgrund geführt hatten; allerdings hätten die kostspieligen Projekte bei einer anderen Entwicklung vermutlich positive Folgewirkungen gehabt.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Wirtschaft
regional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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