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06.03.2014 15:23

Donau so bunt: Mehr Plastikmüll als Jungfische in Europas zweitgrößtem Fließgewässer

Veronika Schallhart Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Alarmierende Ergebnisse liefern LimnologInnen der Universität Wien: Sie führten im Zuge eines Forschungsprojekts über Jungfische in der Donau erstmals eine Mengenabschätzung der Plastikfracht in Europas zweitgrößtem Fließgewässer durch und fanden heraus, dass die Donau in den Uferbereichen zwischen Wien und Bratislava mehr Plastikpartikel als Fischlarven transportiert. Dieses Ergebnis publiziert ein Team um Hubert Keckeis im Fachjournal "Environmental Pollution".

    Plastikmüll akkumuliert sich weltweit in sämtlichen Ökosystemen. Diesbezügliche Studien in Gewässern fokussieren fast ausschließlich auf die Situation in den Meeren; allgemein bekannt sind die riesigen schwimmenden Plastikteppiche im Atlantik und Pazifik. Sämtliche bisher untersuchten und beschriebenen Konsequenzen, die sich durch die Anreicherung von Plastik in marinen Systemen ergeben, sind auch in Flüssen zu befürchten.

    Fische verwechseln Plastikmüll mit Nahrung

    So können z.B. Fische die driftenden Plastikteilchen mit Nahrungspartikeln (Kleinkrebse, Insektenlarven, Fischeier) verwechseln. Die potentiellen Folgen reichen von einem "vorgetäuschten" Sättigungsgefühl über mechanische Verstopfung und Verletzung des Darmtraktes bis zum Exodus. Vieles weist darauf hin, dass die Aufnahme von Plastikpartikeln zu einer Bioakkumulation der löslichen Zusatzstoffe (Phthalate, Bisphenol A etc.) in der Nahrungskette führen kann. Dies würde in letzter Konsequenz auch den Menschen betreffen.

    In nahezu allen entnommenen Driftproben des Donauwassers fanden die ForscherInnen neben Fischlarven eine beträchtliche Anzahl kleiner, makroskopisch sichtbarer Plastikpartikel. Bei einem Großteil (79%) davon handelte es sich um industrielles Rohmaterial in unterschiedlichsten Variationen (Pellets, Spherules, Flakes), der Rest bestand aus anderen, nicht näher zuordenbaren Teilen und geht wahrscheinlich auf kommunalen Abfall zurück.

    4,2 Tonnen Plastikmüll pro Tag

    Die Mengenabschätzung zeigte, dass die Donau zwischen Wien und Bratislava in den Uferbereichen im Durchschnitt 317 Plastikpartikel (4,8 g) und 275 Fischlarven (3,2 g) pro 1000 m³ Wasser transportiert. "Eine konservative Hochrechnung dieser Mengen ergibt einen geschätzten Eintrag von ca. 4,2 Tonnen Plastikmüll pro Tag von der Donau in das Schwarze Meer", erklärt Hubert Keckeis vom Department für Limnologie und Ozeanographie der Universität Wien.

    Gefährdete Fischfauna

    Die Donau in Österreich ist durch eine hohe Anzahl von Fischarten gekennzeichnet, von denen zwei Drittel von Experten als gefährdet eingestuft werden. Die Fischgemeinschaften leiden nicht nur unter der Wasserverschmutzung, sondern auch unter anderen, mannigfaltigen Nutzungsansprüchen (Wassernutzung, Energiegewinnung, Transport, Fischerei) und den daraus resultierenden Änderungen im Ökosystem. Flächenverluste, Stauhaltungen, Sicherungs- und Stabilisierungsmaßnahmen (Uferbefestigung, Querbauwerke) und die herabgesetzte Konnektivität der Donau mit Seitenarmen und Nebenflüssen wirken sich äußerst negativ auf die Fischbestände aus. Besonders schwerwiegend betroffen sind Reproduktionsmöglichkeiten (Anzahl, Qualität und Erreichbarkeit von Laichplätzen, Laichwanderungen) und die Aufwuchshabitate der Jungfische.

    Publikation in "Environmental Pollution":
    Aaron Lechner, Hubert Keckeis, Franz Lumesberger-Loisl, Bernhard Zens, Reinhard Krusch, Martin Glas, Michael Tritthart, Elisabeth Schludermann: "The Danube so colourful: a potpourri of plastic litter outnumbers fish larvae in Europe’s second largest river". In: Environmental Pollution
    http://authors.elsevier.com/sd/article/S0269749114000475
    DOI: 10.1016/j.envpol.2014.02.006

    Wissenschaftlicher Kontakt
    Ao. Univ.-Prof. Dr. Hubert Keckeis
    Department für Limnologie und Ozeanographie
    Universität Wien
    1090 Wien, Althanstraße 14 (UZA I)
    T +43-1-4277-764 12
    M +43-664-60277-764 12
    hubert.keckeis@univie.ac.at

    Rückfragehinweis
    Mag. Alexandra Frey
    Pressebüro der Universität Wien
    Forschung und Lehre
    1010 Wien, Universitätsring 1
    T +43-1-4277-175 33
    M +43-664-602 77-175 33
    alexandra.frey@univie.ac.at

    Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.500 MitarbeiterInnen, davon 6.700 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit auch die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. 1365 gegründet, feiert die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum.


    Weitere Informationen:

    http://authors.elsevier.com/sd/article/S0269749114000475 - Publikation in "Environmental Pollution"


    Bilder

    Junge Fischlarve (ca. 12 mm) aus der Donau mit einem Plastikpartikel im Darmtrakt.
    Junge Fischlarve (ca. 12 mm) aus der Donau mit einem Plastikpartikel im Darmtrakt.
    (Copyright: R. Krusch)
    None

    Unterschiedliche Kategorien von Plastik, die in der Donau quantifiziert wurden: Pellets (ca. 4 mm Durchmesser), Flocken (ca. 2,8 mm Länge), Kugeln (ca. 2,9 mm), anderes Material (ca. 15,0 mm).
    Unterschiedliche Kategorien von Plastik, die in der Donau quantifiziert wurden: Pellets (ca. 4 mm Du ...
    (Copyright: A. Lechner)
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Junge Fischlarve (ca. 12 mm) aus der Donau mit einem Plastikpartikel im Darmtrakt.


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    Unterschiedliche Kategorien von Plastik, die in der Donau quantifiziert wurden: Pellets (ca. 4 mm Durchmesser), Flocken (ca. 2,8 mm Länge), Kugeln (ca. 2,9 mm), anderes Material (ca. 15,0 mm).


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