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28.05.1997 00:00

Experimentelle Computerbörse

Dr.rer.pol. Dipl.-Kfm. Ragnwolf Knorr Presse und Kommunikation
Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg

    Lehrstuhl fuer Bank- und Boersenwesen

    Die experimentelle Computerboerse CAT

    Wie verhalten sich Anleger an Kapitalmaerkten und welche Auswirkung hat deren individuelle Entscheidung auf die Kurse von Wertpapieren? Um diese Frage zu beantworten hat der Lehrstuhl fuer Bank- und Boersenwesen von Prof. Dr. Wolfgang Gerke im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Empirische Kapitalmarktforschung" die experimentelle Computerboerse CAT entwickelt. Hier wird die komplexe Entscheidungssituation, der Anleger in der Realitaet taeglich ausgesetzt sind, in einem experimentellen, sehr praxisnahen Umfeld abgebildet. Ziel dieses von der DFG unterstuetzten Forschungsprojektes ist, das Anlegerverhalten im Experiment beobachtbar zu machen

    Das tatsaechliche Verhalten der Marktteilnehmer an einer Boerse ist nicht beziehungsweise nur schwer beobachtbar und einer Reihe von Anomalien unterworfen. Um Einblicke in die individuellen Entscheidungsprozesse zu erhalten, versucht die experimentelle Kapitalmarktforschung, durch einfach gehaltene, in der Regel einperiodige Marktexperimente verschiedene Aspekte des menschlichen Verhaltens herauszugreifen. Neben der Rationalitaet der Anleger sollen auch Auswirkungen der individuellen Entscheidungen auf den Markt untersucht werden.

    Der Lehrstuhl fuer Bank- und Boersenwesen hat im Rahmen des Schwerpunktprogramms "Empirische Kapitalmarktforschung" der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die experimentelle Computerboerse CAT entwickelt. Hier wird die komplexe Entscheidungssituation, der Anleger in der Realitaet taeglich ausgesetzt sind, in einem experimentellen, sehr praxisnahen Umfeld abgebildet.

    Beim Boersenhandel an der Computerboerse kann ein Teilnehmer entscheiden, ob er sein Vermoegen in verschiedenen fiktiven Aktien investiert, unverzinst auf seinem Konto haelt oder als Festgeld mit einer sicheren Verzinsung anlegt. Moechte er einen bestimmten Anteil in Aktien halten, stehen ihm mehrere Titel zur Auswahl, die sich in ihrem Risiko unterscheiden und deren Dividende sich ueber die Perioden zufaellig entwickelt. Der Wert der Aktien wird endogen durch die Marktkraefte bestimmt: Der Boersenkurs bildet sich somit wie an realen Boersen durch Angebot und Nachfrage der Anleger. Teilnehmer am Boersenexperiment sind regelmaeßig Studenten, die als spezielle BWL das Fach "Bank- und Boersenwesen" studieren. So erhalten jeweils Gruppen à 10 Personen durch die Teilnahme am Computertraining Einblicke in die Taetigkeit eines Haendlers an der Boerse.

    Ziel dieses von der DFG unterstuetzten Forschungsprojektes ist, das Anlegerverhalten im Experiment beobachtbar zu machen. Hier kann der Vorteil einer experimentellen Computerboerse genutzt werden: In einer kontrollierten Umgebung kann man die Handlungen einzelner Teilnehmer festhalten und gezielt untersuchen. So wurde z.B. der vermutete "Dispositionseffekt" durch die CAT-Experimente nachgewiesen. Dieser Effekt unterstellt, daß Kapitalmarktteilnehmer dazu neigen, Gewinne zu frueh zu realisieren, waehrend sie bei sinkenden Kursen die Verluste "aussitzen".

    Neben diesen Ergebnissen auf Individualebene werden auch verschiedene Merkmale der Ausgestaltung von Boersen untersucht. So wurde zum Beispiel in Experimenten die Moeglichkeit variiert, Informationen ueber Auftraege anderer Teilnehmer zu erhalten. Zweck der Untersuchung war, die Auswirkungen verschiedener Transparenzstufen auf den Marktprozeß festzustellen. Aus den experimentellen Ergebnissen sollen Empfehlungen fuer die Ausgestaltung der Boersen in der Praxis erarbeitet werden.

    Im aktuellen von der DFG geforderten Projektabschnitt "Effiziente Gestaltung von Finanzmaerkten und Finanzinstitutionen" steht die Frage im Vordergrund, wie sich Privilegien von Personen oder Personengruppen auf dem Kapitalmarkt auswirken. Unter Privilegien versteht man Vorteile oder Vorrechte einzelner Marktteilnehmer, wie zum Beispiel die Einsicht in das Auftragsbuch an Boersen. So koennen zum Beispiel Kursmakler an der Frankfurter Wertpapierboerse saemtliche Kauf- und Verkaufauftraege ueberblicken. Durch die Vergabe von Vorrechten sollen positive Auswirkungen auf den Gesamtmarkt erreicht werden, wie z.B. effiziente Kurse, geringe Volatilitaet und hohe Liquiditaet. Insbesondere soll erforscht werden, inwieweit Pflichten an die Vergabe von Privilegien gebunden werden muessen, um die gewuenschten Effekte auf den Kapitalmarkt zu gewaehrleisten.

    Im weiteren Verlauf des Projekts werden Privilegien untersucht, die Market Makern gewaehrt werden. In einem reinen Market-Maker-System haben diese das Recht, Kauf- und Verkaufskurse (Geld-Brief-Spannen) zu stellen, zu denen die uebrigen Marktteilnehmer ausschließlich mit ihnen Geschaefte abschließen koennen. Eine solche reine Market-Maker-Boerse besteht im US-amerikanischen NASDAQ-System, nach dessen Muster sich ein europaeisches Pendant namens EASDAQ zur Zeit in der Realisationsphase befindet. Die Vergabe von Privilegien erfolgt in der Regel nicht einzeln, sondern gebuendelt und ist oft an Verpflichtungen geknuepft. Die experimentelle Untersuchung soll sich mit Wirkungen einzelner Elemente solch komplexer Privilegienstrukturen und deren Wechselwirkungen befassen.

    Gerne stellt der Lehrstuhl dieses Boersenhaendlertraining auch anderen Fachbereichen zur Verfuegung. Wer an einem Boersenexperiment teilnehmen moechte, kann mit dem Lehrstuhl fuer Bank- und Boersenwesen Kontakt aufnehmen. Ansprechpartner fuer das Projekt und die Computerboerse sind unter den Telefonnummern 0911/5302-162 (Christine Syha, Stefan Arneth) und 0911/5302-406 (Robert Bosch) erreichtbar.

    Kontakt: Universitaet Erlangen-Nuernberg, Lehrstuhl fuer Bank- und Boersenwesen, Prof. Dr. Wolfgang Gerke, Josephsplatz 1, 90403 Nuernberg, Telefon 0911/5302 -403, Telefax 0911/5302 -466


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Es wurden keine Arten angegeben
    Deutsch


     

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