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10.11.2014 10:15

Chaotische kosmische Wolken erschaffen Planeten, die "andersrum" rotieren

Stephan Brodicky Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Sterne entstehen aus sich drehenden Gasmassen. Auch in unserem Sonnensystem verhält es sich so, dass die Planeten ihren Stern, also die Sonne, in einer gemeinsamen Ebene im gleichen Sinn umlaufen, und dass der Stern sich selbst auch im gleichen Sinn um seine Achse dreht. Astrophysiker der Universität Wien haben nun Berechnungen über kollabierende Gaswolken angestellt und herausgefunden, dass einige Planeten ihren Stern "falsch herum" umlaufen, also rückläufig sind. Damit wird die gängige Planeten-Entstehungstheorie um ein Kapitel reicher.

    AstronomInnen entdeckten bislang über 1.800 extrasolare Planeten. Nach gängiger Theorie entstehen die Planeten innerhalb einer riesigen Gas- und Staubscheibe, die einen jungen, nur Millionen Jahre alten Stern umkreisen. Die gewaltigen Scheiben von der Größe eines ganzen Planetensystems entstehen durch die Drehbewegung der ursprünglichen Gaswolke, die sich zusammenzieht und dabei – einer Eiskunstlauf-Pirouette gleich – sich immer schneller zu drehen beginnt. Auch der Stern selber bildet sich aus diesen rotierenden Gasmassen.

    Beobachtungen von Exoplaneten haben jedoch überraschend gezeigt, dass einige Planeten ihren Stern "falsch herum" umlaufen, also rückläufig sind. Bisherige Erklärungsversuche für die rückläufigen Planeten nahmen an, dass sich mehrere Planeten in einem Sonnensystem mittels ihrer Schwerkraft einem Tauziehen aussetzen, infolge dessen sich ihre Bahnen in die Länge ziehen und gegenseitig geneigt werden. Dieser Prozess würde möglicherweise mehrere hundert Millionen Jahre andauern, bis sich Planeten auch in rückläufigen Bahnen finden.

    Neues Erklärungsmodell

    "Wir haben mit neuen, aufwändigen Modellrechnungen ein anderes Erklärungsmodell für diese rückläufigen Planeten gefunden und bringen damit die Planeten-Entstehungstheorie auf völlig neue Wege", so Eduard Vorobyov vom Institut für Astrophysik der Universität Wien.

    Mit ihren Modellberechnungen, die auch in der neuesten Ausgabe der Zeitschrift "Astronomy and Astrophysics" veröffentlicht wurden, zeigen die Forscher, dass sich sternproduzierende Gaswolken im interstellaren Raum nicht isoliert zusammenziehen, sondern in einem chaotischen Gasmedium eingebettet sind, das Wirbel in verschiedene Richtungen aufweist.

    Biene im Bienenstock

    Wenn eine Gaswolke sich zunächst in eine gewisse, wenn auch zufällige Richtung zu drehen beginnt, so kann sie in ihrer Wanderung durch den interstellaren Raum schon in Kürze in ein Gebiet gelangen, in dem außen herum ähnliche Gasansammlungen in die entgegengesetzte Richtung strömen. "Solche einzelnen Wolken fliegen durch ein turbulentes interstellares Medium gleich einer Biene in einem Bienenstock", erklärt Eduard Vorobyov.

    Dieser Ansatz bildete den Ausgangspunkt für die hydrodynamischen Simulationsrechnungen des Teams, zu dem auch Manuel Güdel von der Universität Wien und Douglas Lin von der University of California in Santa Cruz gehören. Die Forscher unterwarfen eine sich zusammenziehende Gaswolke, die durch ihre Drehbewegung bereits eine riesige Gasscheibe um den sich aufbauenden Stern gebildet hatte, einer äußeren Gasströmung, die in der Gegenrichtung rotierte und damit Kräfte auf die Scheibe übertrug.

    In der Folge bildete sich in den äußeren Regionen eine verkehrt herum rotierende Scheibe, und an der Übergangsstelle, wo sich die Kräfte noch die Waage hielten, öffnete sich eine Lücke zwischen den beiden Scheiben. Die innere, rechtläufige Scheibe fiel nun weiter zum Stern und ließ diesen anwachsen, während die äußere Scheibe danach in Stücke zerfiel, in denen sich später Planeten bilden können. Diese würden dann zwangslos in die "verkehrte" Richtung um den Stern laufen.

    "Die weitere Umgebung der Stern- und Planetenentstehung ist also von größter Wichtigkeit für den Aufbau eines Planetensystems; die Art, wie eine Gaswolke von außen behandelt wird, kann den Charakter eines ganzen Planetensystems bestimmen", resümiert Vorobyov. Die neue Theorie für rückläufige Planeten steht damit aber erst am Anfang. Neu geplante Modellrechnungen sollen nun Aufschluss über eine ganze Palette von möglichen Planetenanordnungen geben.

    Wissenschaftliche Kontakte
    Dr. Eduard Vorobyov
    Institut für Astrophysik
    Universität Wien
    1180 Wien, Türkenschanzstr. 17
    T +43-1-4277-538 15
    M +43-664-60277-538 15
    eduard.vorobiev@univie.ac.at

    Univ.-Prof. Dr. Manuel Güdel
    Institut für Astrophysik
    Universität Wien
    1180 Wien, Türkenschanzstr. 17
    T +43-1-4277-538 14
    M +43-664-60277-538 14
    manuel.guedel@univie.ac.at

    Rückfragehinweis
    Mag. Alexandra Frey
    Pressebüro der Universität Wien
    Forschung und Lehre
    Universität Wien
    1010 Wien, Universitätsring 1
    T +43-1-4277-175 33
    M +43-664-602 77-175 33
    alexandra.frey@univie.ac.at

    Die Universität Wien ist eine der ältesten und größten Universitäten Europas: An 15 Fakultäten und vier Zentren arbeiten rund 9.700 MitarbeiterInnen, davon 6.900 WissenschafterInnen. Die Universität Wien ist damit die größte Forschungsinstitution Österreichs sowie die größte Bildungsstätte: An der Universität Wien sind derzeit rund 92.000 nationale und internationale Studierende inskribiert. Mit über 180 Studien verfügt sie über das vielfältigste Studienangebot des Landes. Die Universität Wien ist auch eine bedeutende Einrichtung für Weiterbildung in Österreich. 1365 gegründet, feiert die Alma Mater Rudolphina Vindobonensis im Jahr 2015 ihr 650-jähriges Gründungsjubiläum. http://www.univie.ac.at


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    Das Bild zeigt Resultate einer hydrodynamischen Simulation: Zwischen den beiden Teilen bildet sich eine markante Lücke.
    Das Bild zeigt Resultate einer hydrodynamischen Simulation: Zwischen den beiden Teilen bildet sich e ...
    Copyright: Universität Wien
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Physik / Astronomie
    überregional
    Forschungsergebnisse, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

    Das Bild zeigt Resultate einer hydrodynamischen Simulation: Zwischen den beiden Teilen bildet sich eine markante Lücke.


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