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26.08.1998 00:00

Wirtschaftspolitische Fehler bei der Wiedervereinigung

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    141/98
    Treuhandanstalt behinderte den Wettbewerb
    Schon die grundsätzliche Entscheidung mit der Privatisierung des "Volkseigentums" einzig und allein eine staatliche Monopolagentur wie die Treuhandanstalt zu beauftragen war ordnungspolitisch fragwürdig. Dieser Entschluß sowie verschiedene Privatisierungs-verfahren behinderten und behindern noch heute den Fortschritt der ostdeutschen Wirtschaft. Es wäre durchaus möglich gewesen, das "Volkseigentum" auf miteinander in Wettbewerb tretende priva-te Agenturen, etwa in der Rechtsform der Aktiengesellschaft, in einem Losverfahren zu übertragen. Zu diesem Ergebnis gelangt Pro-fessor Dr. Gernot Gutmann in einer Studie, die am Staatswissen-schaftlichen Seminar der Universität zu Köln erstellt wurde.

    Im November 1989 fiel die Mauer. Mit dem Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR über die Herstellung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion vom 18. Mai 1990 wurde in der ehemaligen DDR die Umwandlung der bisherigen Zen-tralverwaltungswirtschaft in eine Soziale Marktwirtschaft einge-leitet. Diese Hektik ließ wenig Zeit dafür, wirtschaftspolitische Entscheidungen wohlüberlegt zu treffen.

    Statt der Treuhandanstalt hätten private Agenturen mit dem Ver-kauf von Vermögensgegenständen in Teilen oder in Form ganzer Be-triebe beauftragt werden können, so der Kölner Staatswissen-schaftler. Die Verkaufsobjekte wären dann am Markt von diesen Agenturen öffentlich ausgeschrieben und an den meistbietenden In-vestor verkauft worden.

    Jedoch ist die Bundesrepublik Deutschland einen anderen Weg ge-gangen. Es wurde der Fehler begangen, den Verkauf des nach der Wiedervereinigung zunächst in Staatseigentum des Bundes oder der Länder übergegangenen Produktivvermögens einer monopolistisch an-bietenden Staatsagentur, der Treuhandanstalt, zu übertragen. Gleichzeitig war die Regierung so unklug, deren Tätigkeit spezi-fischen Gesetzen zu unterwerfen und ihr somit ein wettbewerbsför-derliches Handeln erheblich zu erschweren. Aus diesen rechtlichen Vorschriften ergaben sich für die Treuhandanstalt außer der Pflicht zur Privatisierung noch eine Reihe anderer Aufgaben, de-ren Erfüllung, laut Professor Gutmann, zu Kontroversen führen mußte. Dazu zählen unter anderem die Sanierung und die Stillegung von Betrieben, die Herbeiführung "wettbewerblicher" Strukturen sowie die Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen.

    Landesregierungen und Kommunalbehörden waren aus politischen Gründen an der Erhaltung von auch unrentablen und längerfristig nicht zu rettenden Arbeitsplätzen mehr interessiert als an der schnellen Entstehung einer zukünftig wettbewerblichen Struktur der Wirtschaft. Deshalb machten sie häufig dort, wo es ihnen rechtlich möglich war, ihren Einfluß diesbezüglich geltend. So kam es vor, daß die Treuhandanstalt es zwar für ökonomisch sinn-voll hielt, Betriebe, die sie für nicht privatisierbar hielt, zu schließen. Stattdessen sah sie sich aber unter dem Druck der Po-litik, der Öffentlichkeit und von Verbänden gezwungen, diese Fir-men bestehen zu lassen. Dadurch wurde die Umstrukturierung und Modernisierung der ostdeutschen Wirtschaft und das Entstehen län-gerfristig wettbewerbsfähiger neuer Industrie- und Dienstlei-stungsunternehmen verzögert. Zukünftig zu erwartende wirtschaft-liche und soziale Vorteile wurden zugunsten kurzfristiger politi-scher Zwecke geopfert.

    Auch die Privatisierungsverfahren waren nicht einwandfrei. Nach Auffassung des Sachverständigenrates wäre es eine der wichtigsten Aufgaben der Treuhandanstalt gewesen, Markttransparenz für die potentiellen Käufer von ostdeutschen Betrieben herzustellen. Es hätte öffentlich bekannt gemacht werden müssen, welche Unterneh-men zum Verkauf stehen und in welcher Weise Kaufangebote abgege-ben werden können. Kaufinteressenten hätten dann die Möglichkeit gehabt, sich über die Kaufobjekte zu informieren. Von dem ersten Verfahren hat die Treuhandanstalt nur selten Gebrauch gemacht, von dem zweiten Vorschlag hingegen gar nicht, und zwar mit der Begründung, daß für sie der Kaufpreis des Objekts nur eines unter mehreren Kriterien dafür sein könne, wer den Zuschlag erhält.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Dr. Gernot Gutmann unter der Telefonnummer 02204/65051, Fax-Nummer 02204/21736 und der Email-Adresse Gernot.Gutmann@uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).

    Für die Übersendung eines Belegexemplares wären wir Ihnen dank-bar.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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