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24.04.2003 13:24

Insolvenzrecht für Staaaten

Norbert Frie Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Die internationale Schuldenkrise beschäftigt seit mehr als zwei Jahrzehnten Politik und Weltöffentlichkeit. Nachdem der Kreislauf von Überschuldung, Entschuldung und Neuverschuldung in vielen Ländern jahrelang nicht durchbrochen wurde, sind neue Konzepte gefragt: Die Einführung eines Insolvenzrechts für Staaten kann nach Ansicht des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster einen konstruktiven Beitrag zur Überwindung der internationalen Schuldenkrise leisten.

    Prof. Dr. Dr. Karl Gabriel und seine Mitarbeiter Dr. Martin Dabrowski, Diplomtheologe Andreas Fisch und Dr. Christoph Lienkamp haben sich seit Ende 1999 in einem von der "VolkswagenStiftung" mit 190.000 Euro geförderten Forschungsprojekt intensiv mit der "Wirtschaftsethischen Beurteilung aktueller Lösungsstrategien zur Überwindung der internationalen Schuldenkrise" befasst. Die Ergebnisse des Forschungsprojektes liegen jetzt in zwei Veröffentlichungen vor: "Die Diskussion um ein Insolvenzrecht für Staaten - Bewertungen eines Lösungsvorschlages zur Überwindung der Internationalen Schuldenkrise", erschienen im Verlag Duncker & Humblot Berlin, sowie "Das Insolvenzrecht für Staaten. Philosophische Begründung - Ökonomische Beurteilung - Sozialethische Bewertung", erschienen im LIT-Verlag Münster.

    Die Unzulänglichkeiten der bisherigen Entschuldungsinitiativen von Weltbank und Internationalem Währungsfonds (IWF) werden von Fachleuten und von der Politik immer wieder kritisiert. Demgegenüber steht die Begründung eines neuen Paradigmas im Umgang mit den mittlerweile offensichtlichen Insolvenzen von Staaten, ein Verfahren, das dem US-amerikanischen Insolvenzrecht für Gemeinden angelehnt ist.

    Als Ergebnis werden in der Studie des Instituts für Christliche Sozialwissenschaften der Universität Münster über philosophische, theologisch-biblische, sozialethische und ökonomische Begründungen verschiedene Kriterien zur Entschuldungsfrage und speziell zu einem Insolvenzrecht für Staaten erarbeitet. Zentrales Element ist dabei die Ablehnung einseitiger Entscheidungen, um ein faires Verfahren und eine rechtsförmige Konfliktlösung sicherzustellen. Zwar stellen die Forscher keine direkte Pflicht zur Hilfeleistung innerhalb von Handelsbeziehungen heraus, halten es aber für geboten, dass über Zins- und Tilgungszahlungen keine Verschlechterung der Lebenssituation der armen Bevölkerung herbeigeführt wird.

    Ein weiteres zentrales Begründungskriterium ist die Chancengerechtigkeit, die auch als Korrektur einer Generationenungerechtigkeit verstanden werden könne, die den nachkommenden Generationen ein unüberwindbare Schuldenlast auferlege. Nicht nur ein Existenzminimum soll erhalten werden, sondern auch reale Chancen auf Entwicklung des Landes ermöglicht werden. Die ökonomische Analyse zeige, dass die Anreize eines Insolvenzrechts für Staaten dafür sorgen können, dass bei zukünftigen Kreditvergaben und Kreditverwendungen eine größere Verantwortung wahrgenommen werde. "Gemeinwohlgerechtigkeit" ziele darauf ab, einige bestehende Unordnungen auf globaler Ebene zu ordnen, indem langfristige, generationenübergreifende und globale Vorteile gegen kurzfristige privatwirtschaftliche und nationale Interessen realisiert werden.

    Prof. Gabriel und seine Mitarbeiter ziehen aus ihren Untersuchungen das Fazit, dass ein internationales Insolvenzrecht für Staaten "einen konstruktiven Beitrag zur Überwindung nicht nur der internationalen Schuldenkrise liefert, sondern auf zahlreiche andere Ordnungsfelder einen positiven Einfluss ausübt und zukünftige Schuldenkrisen zu verhindern hilft".


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geowissenschaften, Gesellschaft, Philosophie / Ethik, Politik, Recht, Religion, Wirtschaft
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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