Am 13. Juni jährt sich Martin Bubers Todestag zum 50. Mal. Der Religionsphilosoph hat wie kein Zweiter die deutsch-jüdische Geisteswelt des 20. Jahrhunderts geprägt und ist nicht nur als Bibelinterpret, Kulturzionist und Schriftsteller bekannt, sondern auch als engagierter Friedenspolitiker: Buber war einer der Ersten, die nach dem 2. Weltkrieg auf Deutschland zugingen und sich für eine Verständigung mit den Deutschen einsetzten.
An der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität wird seit vielen Jahren zu Buber geforscht.
Er arbeitete bis zu seinem Tod für ein gleichberechtigtes Zusammenleben von Israelis und Palästinensern. Buber warnte schon lange vor der Gründung des Staates Israel 1948 davor, der Zionismus dürfe nicht den gewaltsamen Weg des chauvinistischen europäischen Nationalismus einschlagen, sondern müsse das prophetische Erbe des Judentums im Nahen Osten zum Maßstab des eigenen Handelns erheben. An der Düsseldorfer Heinrich-Heine-Universität wird seit vielen Jahren intensiv zu Martin Bubers Werk geforscht, zudem wird hier seit einigen Jahren die Werkausgabe erarbeitet. Gefördert wird die Ausgabe vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, von der Gerda Henkel Stiftung und der Israel Academy of Science and Humanities. Bis 2018 sollen alle 21 Bände der Ausgabe erschienen sein (derzeit liegen zwölf Bände vor). Prof. Dr. Bernd Witte, der die Ausgabe gemeinsam mit Prof. Dr. Paul Mendes-Flohr (Jerusalem) herausgibt, ist einer der führenden Buber-Experten: „Martin Buber ist derjenige, der die kulturellen Differenzen und Gemeinsamkeiten zwischen dem westeuropäischen und dem traditionell jüdischen Denken am klarsten durchdacht und herausgearbeitet hat.“
Martin Buber wurde am 8. Februar 1878 in Wien geboren und wuchs in Lemberg bei seinem Großvater auf, einem der wichtigsten Forscher und Sammler seiner Zeit auf dem Gebiet der Midraschim, der alten hebräischen Schriftdeutungen. Nach dem Studium in Wien, Leipzig, Zürich und Berlin gründete er 1916 die Zeitschrift „Der Jude“, die bis 1924 erschien und zum Sprachrohr der deutschsprachigen Juden wurde.
In den Jahren vor dem Ersten Weltkrieg trat Buber zunächst als Entdecker des Chassidismus, der mystischen Tradition des Ostjuden-tums vorher. Unter den jungen deutschsprachigen Juden wirkte er als Erneuerer und Erwecker eines lebendigen Judentums. Nach 1918 entwickelte er seine „Philosophie des Dialogs“, die in entscheidender Weise durch seine Erfahrungen mit der jüdischen Mystik geprägt ist. In den späten zwanziger Jahren begann er zusammen mit Franz Rosenzweig die hebräische Bibel ins Deutsche zu übersetzen, wobei er versuchte, Form und Bedeutung des hebräischen Urtexts in die deut-sche Sprache hinüberzuretten.
Nach 1933 war Buber als Berater des Schocken-Verlags maßgeblich daran beteiligt, die wesentlichen Inhalte der deutsch-jüdischen Kultur vor der Bedrohung durch den Nationalsozialismus in den 92 Bänden der Schocken-Bücherei zu bewahren. Zugleich versuchte er in „Lehrzeiten“ der tief verunsicherten jüdischen Elite ein neues Verständnis ihrer Tradition zu vermitteln, bis er schließlich 1938 in letzter Minute nach Palästina emigrierte, wo er eine Professur für Sozialphilosophie an der Hebrew University in Jerusalem übernahm. Gleichzeitig mischte er sich aktiv in die Politik ein, wobei er für ein friedliches Nebeneinander von Palästinensern und Juden in einem neu zu gründenden Staat Israel eintrat.
1953 erhielt Martin Buber den Friedenspreis des deutschen Buchhandels, dessen Annahme in Israel höchst umstritten war. Mit der Entgegennahme des Preises setzte Buber ein deutliches Zeichen für die Verständigung Israels mit Nachkriegsdeutschland. Martin Buber starb am 13. Juni 1965 in Jerusalem, kurz nachdem am 12. Mai Deutschland und Israel offizielle diplomatische Beziehungen aufgenommen hatten.
Hinweis für die Redaktionen:
Prof. Dr. Witte steht Ihnen gerne für Interviews zur Verfügung. Terminvereinbarungen bitte unter witte@phil.hhu.de oder 0171 / 7056037 oder (0211) 81-12535.
Ein aktuelles Interview mit Prof. Dr. Bernd Witte über Martin Buber und die Werkausgabe ist online abrufbar
http://www.lisa.gerda-henkel-stiftung.de/buber_werkausgabe
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Gesellschaft, Kulturwissenschaften, Philosophie / Ethik, Religion, Sprache / Literatur
überregional
Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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