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16.05.2003 12:41

Neue internationale Forschungkooperation in Köln

Anneliese Odenthal Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    85/Steinzeit/2003

    Neue internationale Forschungskooperation an der Universität

    Humboldt-Stiftung finanziert Spitzenforschung

    Ab Herbst wird der führende Steinzeitforscher der Iberischen Halbinsel, Professor Dr. Jao Zilhao, bei Professor Dr. Jürgen Richter, Vorstandsmitglied des Instituts für Ur- und Frühgeschichte, zu Gast ein. Ermöglicht wurde dies durch die Alexander von Humboldt-Stiftung, die Professor Zilhao auf ihrer Auswahlsitzung am 20.03.2003 den Humboldt-Forschungspreis zugesprochen hat. Mit diesem Forschungspreise würdigt die Humboldt-Stiftung die wissensschaftliche Lebensleistung von jährlich bis zu 150 ausländischen Wissenschaftlern. Der Preis setzt eine Nominierung durch anerkannte deutsche Wissenschaftler voraus und ist mit der Einladung verbunden, ein Forschungsprojekt eigener Wahl an einer deutschen Forschungseinrichtung bis zu 12 Monaten durchzuführen.

    In seinem Schreiben gratulierte der Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung, Dr. Manfred Osten, dem Rektor der Universität zu Köln, Professor Dr. Tassilo Küpper, zum Erfolg der Universität zu Köln, die die Internationalisierung der Wissenschaft in Deutschland mit ihrem Engagement vorantreibe.

    Professor Dr. Jao Zilhao gehört zu den "top ten" der internationalen Paläoltithforschung. Er hat sieben Bücher sowie 114 Aufsätze und 40 kleinere Beiträge verfaßt. Außerdem ist er Herausgeber oder Mitherausgeber von vier Sammelbänden. Seine Publikationen finden sich in international führenden Fachorganen, wie zum Beispiel Current Anthropology, Antiquity, Journal of World Prehistory, LŽAnthropologie, Journal of Human Evolution.

    Professor Zilhao lehrte von 1984 bis 1996 an der Universität in Lissabon. 1996 und 1997 leitete er die Rettungsmaßnahmen für die neuentdeckten jungpaläolithischen Felsgravierungen im Coa-Valley. Nachden er sich viele Jahre für eine zentrale Bodendenkmalpflege in Portugal eingesetzt hatte, wurde er 1997, im Alter von nur 40 Jahren, Gründungsdirektor des von ihm selbst konzipierten Portugiesischen Archäologischen Instituts. Nach Ende seiner Amtszeit kehrte er 2002 als Professor an die Universität Lissabon zurück, wo er bis heute lehrt.

    Der Schwerpunkt seiner umfangreichen Forschungen liegt auf der Steinzeit der Iberischen Halbinsel. Das erste Jahrzehnt seiner wissenschaftlichen Tätigkeit galt dem Jungpaläolithikum Portugals und fand Niederschlag in seiner Dissertation von 1995. Es entstand ein Magnum Opus, das zum ersten Mal ein Gesamtbild der Kulturen der späteiszeitlichen Jäger und Sammler in Portugal in der Zeit zwischen 30.000 und 10.000 Jahren vor Heute zeichnet. Im Zusammenhang mit dieser Thematik führte er in den Jahren 1987 bis 1993 gemeinsam mit A.E.Marks, Dallas (Humboldt-Preisträger) und mit Unterstützung der US National Science Foundation zahlreiche Ausgrabungen in der portugiesischen Estremadura durch.

    Eine lebhafte internationale Diskussion, besonders in der anglo-amerikanischen Fachwelt, provozierte seine These von der "Ebro Frontier", nach der die Erstbesiedlung Ost-, Mittel- und Nordwest-Europas durch die frühen anatomisch modernen Menschen vor 35.000 Jahren nur bis zum Ebro als Südgrenze reichte. Die Iberische Halbinsel blieb demnach für 10.000 Jahre ein Rückzugsgebiet des Neandertalers.

    Die damaligen Ausgrabungen Professor Zilhaos in der Estremadura, darunter mehrere, monographisch vorgelegte Grotten- und Höhlenfundstellen, brachten bahnbrechende neue Erkenntnisse nicht nur zu den älteren steinzeitlichen Perioden, sondern auch zum Neolithikum. So entwickelte er ein spezielles Interesse an den Anfägen der produzierenden Wirtschaftsweise auf der Iberischen Halbinsel und verfasste ein Buch und wesentliche Beträge besonders zur frühneolithischen Kultur mit Cardial-Keramik (7./6.Jt.v.Chr.), die ihn auch als Neolith-Forscher weltweit bekannt machten.

    Einen besonderen Höhepunkt seiner wissenschaftlichen Karriere bedeutete die sensationelle, erstmalige Entdeckung paläolithischer Kunst in Portugal: Es sind die jungpaläolithischen Gravierungen im Coa Valley, deren Erforschung und Veröffentlichung (in zwei Bänden) Jao Zilhao leitete, und für deren Schutz er durch die Einrichtung eines archäologischen Nationalparks Sorge trug.

    In den letzten zwei Jahren erregten schließlich seine Forschungen im Abri von Lagar Velho weltweites Aufsehen. Hier gelang ihm die Entdeckung von Skelettresten eines Kindes, das von Eric Trinkaus, dem führenden Neandertalerforscher, als Mischlingsform zwischen Neandertaler und modernem Menschen angesehen wird. Datierungen und Kulturreste weisen diesen Fund in das mittlere Jungpaläolithikum und damit in eine Zeit, in der andere Regionen Europas schon seit einem Jahrzehntausend von anatomisch modernen Menschen besiedelt waren.

    Die gleichermaßen von Spezialkenntnissen höchsten Niveaus wie von außergewöhnlicher wissenschaftlicher Vielseitigkeit geprägten Forschungen Professor Zilhaos fanden vielfache nationale und internationale Anerkennung, unter anderem durch Gastprofessuren in Paris und Bordeaux, durch Stipendien der Gulbenkian Foundation, durch die Ernennung zum korrespondierenen Mitglied der königlich-spanischen Akademie der Wissenschaften und des Deutschen Archäologischen Instituts sowie durch die Verleihung eines der höchsten portugiesischen Orden. Professor Zilhao wurde außerdem in mehrere Herausgebergremien berufen, darunter die der "Eurasian Prehistory" und des "Journal of Archaeological Research".

    Während seiner Tätigkeit in Köln wird Professor Zilhao den Beginn des Jungpaläolithikums, also das Aurignacien und damit das früheste Auftreten des anatomisch modernen Menschen, in gesamteuropäischer Perspektive betrachten - ein Forschungsthema von größter Wichtigkeit. Eng zusammenarbeiten wird er dabei mit Professor Dr. Jürgen Richter, der sich im Rahmen der Bearbeitung des mitteldeutschen Fundplatzes Breitenbach intensiv mit dem Aurignacien befaßt hat, und Dr. Thorsten Uthmeier, Assistent im Institut für Ur- und Frühgeschichte, dessen Dissertation über das frühe Jungpaläolithikum im südlichen Mitteleuropa eben zum Druck vorbereitet wird, und der zu den besten Kennern des Aurignacien im deutschsprachigen Raum gehört. Weiterhin ist ein intensiver Austausch über neolithische Themen mit Professor Dr. Andreas Zimmermann, Inhaber der Professur für Jüngere Steinzeiten, ins Auge gefaßt. Von ganz besonderer Bedeutung ist Professor Zihaos Anwesenheit auch für das Neanderthal Museum in Mettmann, wo er an einer Ausstellungkonzeption mitwirken wird.

    Verantwortlich: Anneliese Odenthal

    Für Rückfragen steht Ihnen Professor Dr. Jürgen Richter unter der Telefonnummer 0221/470-2879 und der E-mail-Adresse: j.richter@uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi.


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    Professor Dr. Jürgen Richter
    Professor Dr. Jürgen Richter

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    Professor Dr. Jao Zilhao
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie, Informationstechnik, Meer / Klima, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Forschungsprojekte, Personalia
    Deutsch


     

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