idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
08.01.2016 13:18

Schalter entdeckt - Forscher erklären Regulierung der Hormonproduktion in der Schilddrüse

Susann Huster Pressestelle
Universität Leipzig

    Obwohl Schilddrüsenerkrankungen in der Bevölkerung sehr häufig vorkommen, konnte die Wissenschaft bisher eine grundlegende Frage dazu nicht ausreichend beantworten: Wie wird die Produktion von Hormonen in der Schilddrüse eigentlich molekular reguliert? Wissenschaftler der Universität Leipzig haben nun unter der Leitung von Prof. Dr. Torsten Schöneberg in einer Studie wichtige Erkenntnisse über diesen Prozess gewonnen und sie in dieser Woche im Fachblatt "The Journal of Biological Chemistry" veröffentlicht. Die Resultate ihrer Arbeit liefern auch neue Ansätze, wie Erkrankungen der Schilddrüse und auch anderer, ähnlich funktionierender Drüsen therapiert werden könnten.

    Millionen Menschen in aller Welt sind von Schilddrüsenerkrankungen betroffen. Zu den bekanntesten gehören die Schilddrüsenüberfunktion, wie bei der Basedow Erkrankung, und die Schilddrüsenunterfunktion mit Kropfbildung. Sehr viele Menschen mit Schilddrüsenfunktionsstörungen wissen nicht einmal davon, jedoch können diese für Herzrhythmusstörungen, Gewichtsprobleme, Unfruchtbarkeit (Infertilität) und psychische Störungen verantwortlich sein. Deshalb werden auch Neugeborene routinemäßig auf Schilddrüsenfunktionsstörungen untersucht.

    Die Schilddrüse ist eine Hormonfabrik, die unter normalen Bedingungen durch das Schilddrüsen-stimulierende Hormon TSH reguliert wird. TSH bindet an einen speziellen Rezeptor, den TSH-Rezeptor, der sich an der Oberfläche von Schilddrüsenzellen befindet. Dieses TSH-Signal führt zu einer Produktion und Freisetzung von Schilddrüsenhormonen, genannt Thyroxin und Triiodthyronin. Diese beiden Hormone sind für nahezu alle Prozesse im Körper - Stoffwechsel, Entwicklung und Wachstum, Reproduktion - essentiell. Manchmal jedoch können auch Autoantikörper oder Mutationen, die die gleiche Wirkung auf den TSH-Rezeptor haben, die Schilddrüse unkontrolliert aktivieren. Dies führt dann zu einer übermäßigen Hormonproduktion mit zum Teil fatalen Folgen für den Gesamtorganismus.

    Ein Wissenschaftlerteam vom Institut für Biochemie der Medizinischen Fakultät der Universität Leipzig widmete sich nun der Frage, wie TSH, Autoantikörper und Mutationen unabhängig voneinander die gleiche aktivierende Wirkung auf die Schilddrüse haben können. Die Antwort dafür lag im TSH-Rezeptor selbst.

    "Wir fanden eine kurze Peptidsequenz - wir nennen diese p10, da sie aus zehn Aminosäuren besteht - innerhalb des TSH-Rezeptors. Bei Bindung des TSH oder von Autoantikörpern funktioniert diese interne Sequenz als Aktivator für den Rezeptor. Der Rezeptor schaltet sich also selber an, wenn TSH, ein Autoantikörper oder eine Mutation ihn dazu bewegen", sagt Studienleiter Schöneberg. "Bei den meisten anderen Hormon-Rezeptorsystemen im Körper aktiviert das Hormon den Rezeptor direkt", erklärt die Nachwuchswissenschaftlerin und Erstautorin der Arbeit, Antje Brüser.

    Diese neu gewonnenen Informationen über den Mechanismus des An- und Ausschaltens dieser Rezeptorfamilie können Wissenschaftler nutzen, um gezielt therapeutische Substanzen zu entwickeln. "Zum Beispiel ist es uns gelungen, mit modifizierten p10 Peptiden die Aktivierung des TSH-Rezeptors durch Autoantikörper zu blockieren. Auch wenn man diese Peptide noch nicht therapeutisch einsetzen kann, so zeigen sie, dass es prinzipiell möglich ist, solche Rezeptorfehlfunktionen direkt zu beeinflussen", erläutert Schöneberg. Diese Ergebnisse eröffnen nun die Möglichkeit zur Entwicklung von Pharmaka, die bei Schilddrüsenerkrankungen und Fertilitätsstörungen ihren Einsatz finden könnten.

    Originaltitel der Veröffentlichung in "The Journal of Biological Chemistry":

    "The Activation Mechanism of Glycoprotein Hormone Receptors with Implications in the Cause and Therapy of Endocrine Diseases" doi: 10.1074/jbc.M115.701102




    Weitere Informationen:

    Prof. Dr. Torsten Schöneberg
    Institut für Biochemie
    Medizinische Fakultät
    Telefon: +49 341 97-22150
    E-Mail: torsten.schoeneberg@medizin.uni-leipzig.de
    Web: http://www.uni-leipzig.de/~biochem/mbch_cms


    Weitere Informationen:

    http://www.jbc.org/content/early/2015/11/20/jbc.M115.701102.abstract


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Chemie, Medizin
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).