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18.02.2016 14:06

Opa aus freien Stücken

Dr. Anke Sauter Marketing und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Soziologen der Goethe-Universität nehmen ältere Männer in der Kinderbetreuung unter die Lupe.

    FRANKFURT. In immer mehr Familien sind beide Eltern berufstätig. Doch wer kümmert sich um die Kinder, wenn die Kita geschlossen ist? Tagesmütter und Leihomas haben Konjunktur, doch ist dieses Feld auch für Männer attraktiv? Eine Vorstudie im Fachbereich Soziologie beschäftigt sich mit dem Phänomen „Leihopas“.

    Männer, die einen Kinderwagen schiebend durch den Park gehen: Noch vor 40 Jahren wäre dieser Anblick in Deutschland durchaus ein Hingucker gewesen. Das hat sich grundlegend geändert, dank neuer Geschlechterrollen. Viele Männer bringen sich heute nicht nur als Väter anders ein, sondern auch in ihrer Rolle als Großväter. Doch was tun, wenn Enkel auf sich warten lassen? Für manch einen mag das Bedürfnis, ein Kind mit erziehen zu wollen, mit ihm zu spielen, sich mit ihm zu beschäftigen, wie es vorher nie möglich war, ein Grund sein, sich als „Leihopa“ in einer fremden Familie zu betätigen. Doch auch andere Gründe sind denkbar.

    Licht in diesen bislang kaum erforschten Bereich bringen soll ein Forschungsprojekt unter der Leitung der Frankfurter Soziologieprofessorin Birgit Blättel-Mink und Alexandra Rau, Professorin für Soziale Arbeit an der Evangelischen Hochschule Darmstadt, das vom Hessischen Wissenschaftsministerium im Zuge der Genderforschung finanziert wird. Blättel-Mink ist auch Direktorin des Cornelia Goethe Centrum für Frauenstudien und die Erforschung der Geschlechterverhältnisse (CGC) der Goethe-Universität. Diplomsoziologe Luigi Wenzl (29) führt das Projekt durch. Seine These: Das „Phänomen Leihopas“ könnte sich in Zukunft durchaus ausweiten.

    Doch in welcher Größenordnung kommt dieses soziale Phänomen derzeit vor? Handelt es sich vor allem um Männer, die das Empfinden haben, ihre Kompetenzen bei den eigenen Kindern nicht ausreichend eingebracht zu haben? Oder geht es den Leihopas um die Möglichkeit, die Rente mit einem kleinen Zuverdienst aufzubessern? Für gleich drei große soziologische Debatten der Gegenwart könnte das Thema somit relevant sein: für die Debatte um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf und die erzieherischen Versorgungslücken in den Familien, für die Debatte um die (Re-)Aktivierung der „jungen Alten“ für den Dienst an der Gesellschaft, und schließlich für die Debatte um prekäre Arbeitsverhältnisse, die keine ausreichende Altersvorsorge ermöglichen.

    Luigi Wenzl hat 28 Projekte recherchiert, die „ehrenamtliche“ Leih- oder Wahlgroßeltern mit Familien in Kontakt bringen. Im nächsten Schritt werden vertiefende Interviews mit den ermittelten Leihopas, und – zum Vergleich – , mit einigen Leihomas, geführt. „Begünstigende Faktoren sind nach ersten Einschätzungen das Fehlen eigener Enkelkinder, ein emotionales Bindungsinteresse zu einem Kind, der Wunsch, sich durch den Kontakt zu Kindern jung zu halten, und den Kindern damit zugleich die Erfahrung zu ermöglichen, mit ‚Älteren‘ in Kontakt zu treten“, schließt Wenzl aus den ersten Befragungen. „Manche ältere Menschen haben auch das Gefühl, sie müssten der ‚modernen‘ Erziehung etwas entgegensetzen“, ergänzt Birgit Blättel-Mink – wobei die befragten „Leihopas“ ihre eigene Position ausschließlich als Freizeitgestalter, nicht als Erzieher hätten verstanden wissen wollen.

    Von einander abweichende Auffassungen von den Aufgaben des Leihopas können freilich zu Schwierigkeiten und Spannungen führen. Wie Eltern und Leihopas ihre unterschiedlichen Ansichten und Bedürfnisse aushandeln, auch das soll die Studie beleuchten. Bei seinen ersten Interviews wurde Luigi Wenzl bereits klar: Oft kommen Männer erst durch ihre Partnerinnen zur Betreuung von fremden Kindern. Und manche schrecken dann doch davor zurück: In der Außenwahrnehmung habe es oft noch etwas Verdächtiges, wenn sich ältere Männer mit Kindern abgeben.

    Informationen:
    http://www.fb03.uni-frankfurt.de/soziologie/bblaettel-mink
    Luigi Wenzl, email: lwenzl@em.uni-frankfurt.de

    Die Goethe-Universität ist eine forschungsstarke Hochschule in der europäischen Finanzmetropole Frankfurt. 1914 gegründet mit rein privaten Mitteln von freiheitlich orientierten Frankfurter Bürgerinnen und Bürgern fühlt sie sich als Bürgeruniversität bis heute dem Motto "Wissenschaft für die Gesellschaft" in Forschung und Lehre verpflichtet. Viele der Frauen und Männer der ersten Stunde waren jüdische Stifter. In den letzten 100 Jahren hat die Goethe-Universität Pionierleistungen erbracht auf den Feldern der Sozial-, Gesellschafts- und Wirtschaftswissenschaften, Chemie, Quantenphysik, Hirnforschung und Arbeitsrecht. Am 1. Januar 2008 gewann sie mit der Rückkehr zu ihren historischen Wurzeln als Stiftungsuniversität ein einzigartiges Maß an Eigenständigkeit. Heute ist sie eine der zehn drittmittelstärksten und drei größten Universitäten Deutschlands mit drei Exzellenzclustern in Medizin, Lebenswissenschaften sowie Geisteswissenschaften."

    Herausgeber: Die Präsidentin
    Abteilung Marketing und Kommunikation,
    60629 Frankfurt am Main
    Redaktion: Dr. Anke Sauter, Abteilung Marketing und Kommunikation, Theodor-W.-Adorno-Platz 1, 60323 Frankfurt am Main, Telefon (069) 798 – 12477, Telefax (069) 798 – 763 12531, E-Mail sauter@pvw.uni-frankfurt.de
    Internet: www.uni-frankfurt.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Gesellschaft, Psychologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsprojekte
    Deutsch


     

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