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13.06.2003 14:19

Gesundheitsförderung in den Schulen liegt noch im Argen

Volker Schulte Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Zwei Jahre Arbeit stecken im sächsischen Kinder- und Jugendbericht, jetzt war "Abgabetermin" im Staatsministerium für Soziales. Erstellt wurde die Analyse, die in jeder Legislaturperiode einmal vorzulegen ist, von acht Expertinnen und Experten aus Praxis und Wissenschaft - darunter Christian von Wolffersdorff, Professor für Sozialpädagogik an der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät der Universität Leipzig.

    Am Ende lautet die Aufgabe: Die Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Sachsen sind zu verbessern. "Das ist ein Signal!" Christian von Wolffersdorff weiß, wovon er spricht. In Zusammenarbeit mit sieben anderen Fachleuten aus der öffentlichen und freien Jugendhilfe sowie aus Fachhochschulen und Universitäten des Freistaates hat der Leipziger Professor über zwei Jahre am Kinder- und Jugendbericht des Freistaates Sachsen gearbeitet: Gemeinsam wurden Themen benannt und Thesen skizziert, Fragen formuliert, Expertisen eingeholt, Hearings organisiert und die Ergebnisse beleuchtet, beraten und beschrieben. Alles ehrenamtlich, koordiniert von einer kleinen Geschäftsstelle in Leipzig. Das weitere Procedere schreibt das Kinder- und Jugendhilfegesetz vor: Das Ministerium nimmt den Bericht zur Kenntnis, erarbeitet seine Stellungnahme - die wird mit dem Bericht veröffentlicht, voraussichtlich im Frühherbst 2003. Damit ist die Studie sowohl für die Praxis der Kinder- und Jugendhilfe als auch für das interessierte Publikum sowie für die Fachöffentlichkeit im Bildungswesen und anderen gesellschaftlichen Bereichen zugänglich.
    "Ich denke, in Sachsen hat sich sehr viel entwickelt in den letzten zwölf Jahren; erstaunlich viel hat sich verändert und Neues hat sich strukturiert", blickt Christian von Wolffersdorff auf die Zeit nach der Wende zurück. Zugleich sieht der Experte für Sozialpädagogik die Probleme, die zum Beispiel finanzielle Einschränkungen für die Qualität der Kinder- und Jugendhilfe bedeuten oder die mit dem Strukturwandel der Gesellschaft einhergehen. Neuere Studien dokumentieren, dass die Armut von Kindern und von Familien, insbesondere mit alleinerziehenden Elternteilen, zunimmt. Ein Situation, die mit einer wachsenden Belastung für Kinder und Familien einhergeht. Und mit Blick auf die Pisa-Studie lässt sich feststellen, dass die Kooperation zwischen Jugendhilfe und Schule dringend der Verbesserung bedarf. Der Frage nachzugehen: Was kann Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen leisten und wo liegen ihre Defizite? und darauf Antworten zu finden, ist Auftrag und Aufgabe des Berichtes. Mit dieser Zielsetzung lehnt sich auch der Freistaat Sachsen an §84 des Kinder- und Jugendhilfegesetzes der Bundesrepublik an, der der Bundesregierung in jeder Legislaturperiode eine Bestandsaufnahme zur Lebenslage junger Menschen sowie zu den Leistungen der Jugendhilfe vorschreibt. Auch mit der Praxis, hierfür eine Fachkommission zu berufen, orientiert sich Sachsen - im Unterschied zu den meisten anderen Bundesländern - am Modell der Bundesjugendberichte.
    Ehe von Wolffersdorff dem Ruf an die Erziehungswissenschaftliche Fakultät in Leipzig folgte, war er fast 20 Jahre am Deutschen Jugendinstitut in München tätig; aus seiner Mitarbeit am 8. Bundesbericht konnte der Professor für Sozialpädagogik, der auf Vorschlag seiner Fakultät in das sächsische Gremium berufen wurde, eine "gewisse Vorerfahrung" einbringen. "Ich habe die Aufgabe gern angenommen, weil das wirklich eine Arbeit ist, die ich wichtig finde." Neben der kritischen Bestandaufnahme erlaubt sie den "Versuch, ein Stück Abwägung, ein Stück unabhängige Fachöffentlichkeit herzustellen".
    Um das "riesige Themenfeld" zu erfassen und zu gliedern, sind neben Vorstudien und Erhebungen der Kommissionsmitglieder zwölf Expertisen eingeflossen, die eigens für den Bericht vergeben wurden. Themen dieser Expertisen waren beispielsweise das Verhältnis von Jugendhilfe und Schule, Gesundheit und Risikoverhalten, Freizeit und Medien, Migration, Jugendliche im Grenzland, junge Aussiedler/innen und berufliche Ausbildung. Parallel wurden Expertenhearings zum direkten Gespräch genutzt sowie unterschiedliche Ebenen von Erfahrung - etwa des Landesjugendamtes oder des Landesamtes für Verfassungsschutz - einbezogen.
    Ein Hauptteil des Berichts widmet sich der Kooperation zwischen der Kinder- und Jugendhilfe und anderen Institutionen, die für das Aufwachsen junger Menschen Verantwortung tragen. Prof. von Wolffersdorff sieht darin eine "Querschnittsaufgabe", in die als wesentliche Partner - gemeinsam mit der Kinder- und Jugendhilfe - Schule, Polizei, Justiz, Arbeitsverwaltung, Gesundheitswesen einzubinden sind. So handele es sich etwa bei Gesundheit und Gesundheitsförderung um ein "Aufgabenfeld, das sowohl in der Schule als auch in der Jugendhilfe bisher im Argen lag". Ausgehend von der Überlegung, was Gesundheitsschädigung und was gesundheitsschädigendes Verhalten für junge Menschen bedeutet, stellt sich die Frage nach der Entstehung von Aggressivität, von Konflikt- und Gewaltbereitschaft. In der Konsequenz dieses Gedankens ergibt sich das Fazit: Suchtprävention wie bisher an die Jugendhilfe zu delegieren, reicht heute nicht mehr aus; eine Kooperation zwischen Schulsozialarbeit und Jugendarbeit zu erreichen, die zu einer altersadäquaten statt belehrenden Suchtprävention führt, das ist "ein Impuls, der durch den Kinder- und Jugendbericht deutlich gemacht werden soll".
    Ebenso bedarf ein zweites, früher eher unbeachtetes Feld einer verbesserten Kooperation. Nicht nur formal, auch inhaltlich befasst sich der Sächsische Kinder- und Jugendbericht nicht nur mit Kindern und Jugendlichen, sondern auch mit jungen Erwachsenen. Hier fällt das Stichwort Schule/Arbeit. Daran knüpft sich die grundsätzliche Überlegung, junge Menschen beim Wechsel von einer Lebenssituation in eine andere - wie eben von der Schule ins Erwerbsleben, aber auch vom Kindergarten in die Schule - aufmerksamer als bisher zu begleiten und sie bei der Bewältigung solcher Übergangssituationen zu unterstützen. Das bedeutet nicht allein, die öffentliche Verantwortung für die vielfach belastete Situation von Kindern und Jugendlichen stärker zu akzentuieren, sondern die Kinder- und Jugendhilfe als einen wichtigen Bestandteil der sozialen Infrastruktur zu betrachten, den es gerade in Zeiten finanzieller Restriktionen zu erhalten gilt. In diesem Sinne bezeichnet die Aussage, dass die "gesellschaftlichen Rahmenbedingungen für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen verbessert werden müssen", ein Grundanliegen des Berichts.
    Daniela Weber

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Christian v. Wolffersdorff Tel.: 0341 - 97 31476
    E-Mail: cwolf@uni-leipzig.de
    www.uni-leipzig.de/~erzwiss/


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Gesellschaft, Pädagogik / Bildung
    überregional
    Forschungsprojekte, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

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