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13.06.2003 15:01

"Biomineralisation: Knochenarbeit mit Kristallen und Molekülen"

Dr. Bärbel Adams Stabsstelle Universitätskommunikation / Medienredaktion
Universität Leipzig

    Prof. Dr. Rüdiger Kniep, Direktor des Max-Planck-Instituts für chemische Physik fester Stoffe, Dresden, hält im Rahmen des Jahres der Chemie 2003 an der Fakultät für Chemie und Mineralogie eine öffentliche Vorlesung zum Thema "Biomineralisation: Knochenarbeit mit Kristallen und Molekülen".

    Organisator ist Prof. Joachim Sieler, Institut für Anorganische Chemie und Vorsitzender des Leipziger Ortsverbandes der Gesellschaft Deutscher Chemiker, GDCh.

    Zeit: 19.6.2003, 17.00 Uhr
    Ort: Arthur-Hantzsch-Hörsaal der Fakultät für Chemie und Mineralogie (Johannisaallee29

    Der Vortrag von Prof. Dr. R. Kniep beginnt mit einfachen Fragen, die sich vielleicht schon jeder Naturfreund einmal gestellt hat. Calciumcarbonat, Hauptbestandteil des Kalksteins und der Kreide, ist ein stumpfes, bröseliges Material. Aus diesem Material werden die Stachel der Seeigel nur Millimeter breit, aber Zentimeter lang und so stabil gebildet, dass sie das Tier wirkungsvoll schützen. Oder die kunstvoll gewundenen Schneckenhäuser, die neben ihrer Stabilität auch Formen aufweisen, die jedem Stardesigner zur Ehre gereicht. Kein Bauingenieur ist in der Lage, aus Calciumcarbonat derartige Strukturen aufzubauen. Wie biologische Systeme Mineralien zu "Funktionsmaterialien" umgestalten, ist Forschungsinhalt der Biomineralisation.

    Insgesamt 60 Mineralien kennen Wissenschaftler inzwischen, die Organismen für ihre Zwecke umgestalten: Werkzeuge (Zähne), stützende Gerüste (Knochen), Schutzschilder (Stacheln, Schalen), Schwerkraftsensoren (Fische, Quallen) und magnetische Rezeptoren (Bakterien). Dabei ist ein allgemeines Prinzip zu erkennen. Winzige Mineralkristalle und organische Makromoleküle bilden Komposite, die ganz andere Eigenschaften haben als die der beiden ursprünglichen Komponenten. Das Wechselspiel dieser beiden Komponenten ist dabei noch unklar. Wie werden aus Apatiten ( Mineralien mit Hauptbestandteil Calciumphosphat) die komplizierten Knochengerüste oder Zähne gebildet?

    Hier setzen die Grundlagenuntersuchungen von Prof. Dr. R. Kniep ein. Calciumphosphat ist ein relativ unlösliches Material. Wenn man es kristallisieren will, muss man die Bestandteile, Calcium- und Phosphationen, räumlich trennen. Die Versuche im Reagenzglas haben einen einfachen Aufbau. In einem U-Rohr trennt man die Ionen durch organische Makromoleküle, sprich Gelatine (denaturierte Form des Kollagens) und beobachtet dann die Bildung der Kompositmaterialien. Diese Kompositbildung gelingt nur mit Gelatine, ein Hinweis darauf, daß der wissenschaftliche Ansatz der Dresdener Forscher richtig ist. Ursprünglich sollte dabei das für die Knochenbildung wichtige Hydroxy-Apatit untersucht werden. Hier sind aber die gebildeten Formen so kompliziert und deshalb wurde zunächst Fluorapatit verwendet. Aber auch dies ist hochinteressant: Fluor-Apatit ist Hauptbestandteil der Haifischzähne, die einzigen Zähne, die nach dem Herausbrechen wieder nachwachsen!

    Die durch Rastermikroskopie untersuchten Formen der Komposite erweisen sich als unterschiedliche Wachstumsformen des Minerals, gesteuert durch die organischen Makromoleküle. Die Charakterisierung dieser Wachstumsformen und deren Interpretation sind sehr kompliziert und stehen im krassen Widerspruch zur einfachen Versuchsanordnung der Kristallzüchtung. Man erkennt eine faszinierende Vielfalt der Formen So sind die Änderungen der Oberflächenstrukturen der kugelförmigen Kompositaggregate mit zunehmendem Fluoridgehalt des Apatits gut erkennbar.

    Dieser spannende Vortrag wendet sich nicht nur an Chemiker, sondern ist für ein breites Publikum gedacht. "Er ordnet sich ein in die Aktivitäten anlässlich des Jahres der Chemie", erklärt Prof. Sieler. "Wir suchen den Dialog mit der Bevölkerung, um Vorurteile gegenüber der Chemie abzubauen." Der Satz: "Das ist ja chemisch" habe schon sprichwörtliche Bedeutung. Dabei wird "chemisch" synonym zu unnatürlich, gefährlich verstanden. Jedoch sind viele angenehme Dinge des Lebens gerade der modernen Chemie zu verdanken: Medikamente, nichtrostende Autos, Festplatten und Chips der Computer usw. In vielen modernen Forschungsrichtungen der Chemie gehe es vielmehr um die Frage: Was können wir von der Natur lernen? " Speziell die Umweltchemie ist ein fest etablierter Bestandteil der Chemieausbildung unserer Fakultät.", so Sieler.

    weitere Informationen:
    Prof. Dr. Joachim Sieler
    Telefon: 0341 - 97 36 218
    E-Mail: sieler@uni-leipzig.de


    Weitere Informationen:

    http://www.gdch.de/


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Chemie, Werkstoffwissenschaften
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft
    Deutsch


     

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