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18.06.2003 08:53

Frauen und Schürzen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Frauen und Schürzen
    Vom Statussymbol zum Stigma

    Ausgerechnet die eher unscheinbare Schürze war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts ein Kleidungsstück, zu dem automatisch Weiblichkeit assoziiert wurde. Sie war das zentrale Alltagskleidungsstück für Frauen. Eine Vielfalt verschiedener Schürzen-Modelle ermöglichte es, differenzierte Botschaften über Eigenschaften und sozialen Status der Trägerin anzuzeigen. Ebenso wie die weniger verbreitete Arbeitsschürze für Männer entwickelt sich die Frauenschürze im industriellen Zeitalter jedoch vom Statussymbol zum Stigma, so eine Studie von Dr. Elke Gaugele am Institut für Kunst und Kunsttheorie Abteilung Textilwissenschaft der Universität zu Köln.

    Schon die ersten, von Männern getragenen, Schürzen waren im Mittelalter nicht nur nützliche Schutzkleidung sondern kennzeichneten durch ihre spezifische Machart jeweils einzelne Berufsstände. Sie wurden nur von körperlich arbeitenden Männern getragen und kamen mit der Industrialisierung außer Mode. Sie galten als rückständiges Zeichen niederer, schmutzintensiver Tätigkeit, bis sie Ende des zwanzigsten Jahrhunderts als Zeichen für Traditionsverbundenheit wieder geschätzt wurden. Männer zogen ihre Arbeitsschürzen nach Feierabend aus. Rund um die Uhr trugen nur kleine Jungen noch bis nach dem Zweiten Weltkrieg ihre Kinderschürze, die sie als Schritt hin zur erwachsenen Männlichkeit später ablegten.

    Für Mädchen blieb die Schürze auch mit zunehmendem Lebensalter Alltagskleidung. Seit dem sechzehnten Jahrhundert trugen Frauen Schürzen nicht nur bei der Arbeit. Die Schürze wurde zum Symbol für die Frau, ja sogar für die weiblichen Geschlechtsteile, was sich in einer Vielzahl von Redewendungen und Ausdrücken wie "Schürzenjäger" niederschlug. Besonders die im Haus getragenen weißen Schürzen des neunzehnten Jahrhunderts sollten auch die erotische Attraktivität der Trägerin unterstreichen, indem sie, im Aussehen der Unterwäsche ähnelnd, ihr eine häuslich-intime Ausstrahlung verliehen. Die Sauberkeit und genügsame Sparsamkeit, die das Tragen einer die Kleidung schonenden Schürze vermittelte, trug ebenfalls zur Attraktivität der Schürzenträgerin bei.

    Die ersten Frauenschürzen waren Ausdruck gehobener Stellung, denn eine einfache Bäuerin oder Dienerin schützte ihre weniger wertvolle Kleidung nur durch Hochschürzen, nicht mit einem speziellen Schontextil. Dann verbreiteten sie sich in allen Ständen und differenzierten sich aus in Arbeits- und Schmucktextilien. An deren aufwendiger oder simpler Machart war der gesellschaftliche Rang der Trägerin ablesbar. Sie zeigten auch die Stellung der Frau gegenüber dem Mann: Als Zeichen des Tätigseins symbolisieren Schürzen Fleiß, Dienstbarkeit und Tugend. So zeigte die Hausfrau, dass sie auch zu Hause arbeitsam und ihrem Mann stets zu Diensten war.

    Dies erklärt, warum die Schürzen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts außer Mode kamen: Im Nationalsozialismus noch als Bestandteil der uniformartigen Kleidung der deutschen Frau propagiert, war das arbeitsame Image der Schürze in der Zeit des Wirtschaftswunders schon nicht mehr eindeutig positiv. Wie schon die bürgerlichen Rüschenschürzen des neunzehnten Jahrhunderts die häuslichen Tätigkeiten weniger als harte Arbeit denn als anmutigen Liebesdienst erscheinen lassen sollten, so wurden nun optisch modischen Freizeitkleidern angenäherte Kittelschürzen modern. Objektiv durch die zunehmende Maschinenausstattung der Haushalte und die Verbreitung preiswerter und pflegeleichter Textilien weniger nötig, wurden sie vor allem in den höheren gesellschaftlichen Schichten verschämt ausgezogen, wenn keine Arbeit zu verrichten war. In den 1960er Jahren empfanden dann immer mehr junge Frauen den völligen Verzicht auf die Schürze als befreiend, da sie mit ihr ein rückständiges Rollenverständnis und eine Beschränkung auf eine unattraktive häuslich-dienende Rolle assoziierten.

    Verantwortlich: Cornelia Dahmer

    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Elke Gaugele unter der Telefonnummer (0221)3101692 und der Emailadresse elke.gaugele@uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web
    (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).
    Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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