idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
23.06.2003 12:59

Mit gebündeltem Know-how gegen Prostata-Krebs

Jutta Reising Stabsstelle Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit
Westfaelische Wilhelms-Universität Münster

    Rund 35.000 Männer sind im vergangenen Jahr in Deutschland an Prostatakrebs erkrankt. Damit ist der bösartige Tumor dieses etwa walnussgroßen, auch als Vorsteherdrüse bezeichneten Organs hier zu Lande mittlerweile vor Lungen- und Darmkrebs die häufigste Krebserkrankung bei Männern. Anders als bei den meisten anderen Krebserkrankungen gilt beim Prostatakarzinom jedoch nicht in jedem Fall die pauschale Regel 'Je früher und aggressiver die Behandlung desto besser der Erfolg'. Die besten Chancen für den einzelnen Patienten im Hinblick auf Behandlungsergebnis und Lebensqualität liegen hier vielmehr in einer "maßgeschneiderten" interdisziplinären Therapie, die nicht nur das Tumorstadium, sondern auch das Lebensalter und nicht zuletzt auch persönliche Wünsche des Betroffenen berücksichtigt. Die Versorgung betroffener Patienten auf dieser Grundlage weiter nachhaltig zu verbessern, ist Ziel eines in diesen Tagen gegründeten und in dieser Form bislang bundesweit einmaligen Prostatazentrums am Universitätsklinikum Münster (UKM).

    Die Gründung des Prostatazentrums, in dem alle in die Diagnostik und Therapie dieser Krebserkrankung einbezogenen Kliniken und Institute des UKM eng kooperieren, erfolgt nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der stetig steigenden Zahl an Neuerkrankungen. Und nach wie vor verläuft die Krankheit für viele Patienten tödlich. Allein im vergangenen Jahr sind in Deutschland 13.000 Männer an Prostatakrebs gestorben. Ursache für das vermehrte Auftreten dieser Tumorerkrankung ist unter anderem die steigende Lebenserwartung, denn mit dem Älterwerden wächst auch das Risiko für diesen Krebs.

    Für die Diagnose und Therapie eines Prostatakarzinomes bedarf es einer möglichst engen Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Kliniken und Instituten, die am besten im Rahmen eines Prostatazentrums gewährleistet werden kann. So verweisen die Experten in Münster auf die rasche Entwicklung sonografischer Biopsietechniken, standardisierte feingewebliche Aufarbeitung der Gewebeproben und die Notwendigkeit einer exakten Lokalisations- und Stadiendiagnostik, da nur so die für den Patienten beste Therapieform ausgewählt werden kann. Gemeinsam mit der Klinik für Strahlentherapie können so operative oder strahlentherapeutische Therapieverfahren alleine oder in Kombination eingesetzt werden. Die interdisziplinäre Behandlung
    des Prostatakarzinomes hat das Ziel, die Nebenwirkungen der Behandlung so gering wie möglich zu halten, ohne den Therapieerfolg zu gefährden.

    Vor jeder Entscheidung für oder gegen eine bestimmte Behandlungsstrategie steht bei der Vielfalt der Behandlungsmöglichkeiten ein ausführliches Gespräch mit den Experten des Prostatazentrums. Damit die zum Teil von weither nach Münster anreisenden Patienten möglichst alle wichtigen Informationen rund um ihre Erkrankung und über die verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten im Rahmen eines einzigen Besuchs im Klinikum erhalten, werden Urologen und Strahlentherapeuten ihre Sprechstunden jetzt zur selben Zeit abhalten. Auch wird es mit Gründung des Prostatazentrums eine zentrale Stelle geben, von der aus alle Anfragen ohne Zeitverzug an die kompetente Institution weitergeleitet werden und Untersuchungstermine in verschiedenen Kliniken koordiniert werden. Kein Patient soll sich erst mühsam durchfragen müssen, um für sein Anliegen den richtigen Ansprechpartner zu finden. Gemeinsam mit dem Patienten wird erörtert, welche Therapie für ihn persönlich am sinnvollsten ist. Neben der operativen Entfernung der Prostata oder der Bestrahlung des Organs besteht auch die Möglichkeit einer Hormonentzugsbehandlung, bei der die das Tumorwachstum fördernde Produktion männlicher Hormone medikamentös oder operativ unterdrückt wird.

    Jede dieser Therapien, die von Fall zu Fall entweder allein oder auch in Kombination miteinander angewandt werden, hat ihre Vor- und Nachteile. Die Entwicklung auf diesem Gebiet ist in den letzten Jahren nicht stehen geblieben und hat dazu geführt, dass die Behandlungschancen insgesamt deutlich verbessert werden konnten. Sämtliche modernen Verfahren stehen am UKM zur Verfügung, so dass das Prostatazentrum seinen Patienten eine individuell zugeschnittene und am aktuellen Stand der Technik orientierte Behandlung anbieten kann. Ein Beispiel dafür ist etwa die so genannte Brachytherapie, bei der die Prostata über eingeführte Hohlnadeln oder über dauerhaft in das Organ implantierte winzige radioaktiv gefüllte Kapseln, so genannte Seeds, von innen her unmittelbar vor Ort mit hoher Dosis bestrahlt wird.

    Neben der Urologie, der Strahlentherapie und der für die Gewebediagnostik zuständigen Pathologie sind aber auch etliche andere Kliniken und Institute des UKM in Diagnostik und Therapie eingebunden. Mitglieder des Prostatazentrums sind so beispielsweise auch die Klinik für Anästhesiologie und operative Intensivmedizin sowie die Klinik für Nuklearmedizin. Wenn sich bereits Knochenmetastasen gebildet haben, leisten diese Einrichtungen wichtige Beiträge im Rahmen der Schmerztherapie. Das Spektrum der weiteren Verbündeten im Kampf gegen das Prostatakarzinom reicht von der Klinischen Chemie und Laboratoriumsmedizin, Klinischen Radiologie, Reproduktionsmedizin, Epidemiologie und Sozialmedizin bis hin zum Tumorzentrum Münsterland, dem Epidemiologischen Krebsregister und dem Onkologischen Schwerpunkt Münster.

    Darüber hinaus spielt im Zentrum vor allem im Hinblick auf eine weitere Verbesserung der Versorgung von Patienten mit Prostatakrebs auch die Forschung eine wichtige Rolle. Im Rahmen der interdisziplinären Prostata-Forschung arbeiten Labormediziner, Pathologen und Urologen daran, Prostatazellen im Blut zu identifizieren und die genetischen Merkmale der Zellen zu untersuchen. Ziel ist es, künftig auch ohne Biopsie zu erkennen, ob ein Prostatakrebs vorliegt. Seit vielen Jahren untersucht die Forschergruppe in Münster Merkmale von Prostatakrebszellen, die eine Vorhersage ihrer Aggressivität erlauben. Denn das Wissen um Harmlosigkeit oder Aggressivität einer Geschwulst hat große Auswirkungen auf die Behandlungsstrategie. Bereits heute gehört die Sammlung von Gewebe- und Blutproben von Patienten mit Prostatakarzinom zu den vier größten in Europa. Die Einbeziehung von Ärzten des UKM an internationalen Konferenzen der Weltgesundheitsorganisation zur Bekämpfung des Prostatakrebses ist eine Bestätigung für den Erfolg ihrer jahrelangen Arbeit. Wenngleich in der Diagnostik des Prostatakarzinoms vor zehn Jahren durch die Entdeckung des Tumormarkers PSA (prostataspezifisches Antigen) ein wichtiger Meilenstein gesetzt werden konnte, sind Aussagen über die Gefährlichkeit des Tumors auf diese Weise nur unzureichend möglich, die Forschungsarbeit in Münster versucht diese offene Frage zu beantworten.

    Profitieren von dem Prostatazentrum am UKM werden aber auch niedergelassene Urologen. Neben einer Zusammenarbeit im Hinblick auf Qualitätssicherung in Diagnose und Nachsorge und fallbezogener Beratung sind regelmäßige Fortbildungen vorgesehen sowie Kurse über Biopsien unter Ultraschallkontrolle. Eine wichtige Aufgabe des Prostatazentrums ist die Verbesserung der Informationsübermittlung zwischen den betreuenden Ärzten. Neben der Vermeidung kostspieliger Doppeluntersuchungen sollen gemeinsam mit den niedergelassenen Urologen wichtige Maßnahmen standardisiert werden, um dem Patienten ein Höchstmaß an Zuverlässigkeit zu bieten. In Zusammenarbeit mit dem Epidemiologischen Krebsregister und dem Onkologischen Schwerpunkt Münster dienen Informationen aus Nachsorgeuntersuchungen der Erfolgskontrolle, die beim Prostatakarzinom über Jahrzehnte erfolgen muss.

    Dieser Austausch zwischen Klinik und Praxis sowie eine Zusammenarbeit mit Selbsthilfegruppen etwa bei der Erstellung von Aufklärungsbroschüren kommt letztlich wiederum den Patienten zugute. Denn deren Behandlung zu verbessern ist oberstes Ziel des Prostatazentrums.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    überregional
    Organisatorisches
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).