Dr. Andrea Hense, wissenschaftliche Mitarbeiterin am Soziologischen Forschungsinstitut Göttingen (SOFI), wurde auf dem 38. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS) in Bamberg mit dem DGS-Dissertationspreis ausgezeichnet. Sie erhält die Auszeichnung für ihre Studie „Wahrnehmung der eigenen Prekarität. Grundlagen einer Theorie zur sozialen Erklärung von Ungleichheitswahrnehmungen", die im Rahmen des vom SOFI koordinierten Verbundprojekts „Berichterstattung zur sozioökonomischen Entwicklung in Deutschland“ (soeb) sowie des Sonderforschungsbereichs (SFB 882) „Von Heterogenitäten zu Ungleichheiten“ an der Universität Bielefeld entstanden ist.
Wachsende Teile der Bevölkerung sorgen sich um die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes und ihr Einkommen. Sie sorgen sich um ihre soziale Sicherheit und die Teilhabe am Wohlstand der Gesellschaft. Doch warum nehmen sich Personen als mehr oder weniger prekär wahr? Andrea Hense hat in ihrer Arbeit ein soziales Erklärungsmodell subjektiver Ungleichheitswahrnehmungen entwickelt, das mit den statistischen Daten des Sozio-oekonomischen Panels (SOEP) überprüft wird. Die Studie zeigt, wie die Betroffenen ihre eigene prekäre Lage interpretieren.
Andrea Hense kommt dabei zu drei wesentlichen Ergebnissen: Ihre Untersuchung zeigt erstens, dass die Prekaritätswahrnehmung von den individuellen Ressourcen abhängt, die für die Aufnahme oder Substitution einer Erwerbsarbeit benötigt werden. Die Wahrnehmung der eigenen Prekarität sinkt also, wenn die verfügbaren Ressourcen (z. B. hohe Berufsqualifikation) die Wahrscheinlichkeit von Erwerbsverlusten verringern. Darüber hinaus sinkt sie, wenn alternative Möglichkeiten für die Sicherung des Lebensunterhalts bestehen (z. B. Erwerbsarbeit anderer Haushaltsmitglieder), die die Bedeutung potentieller Verluste reduzieren. Folglich ist die Prekaritätswahrnehmung bei Höherqualifizierten, Beamten und Personen mit einer höheren beruflichen Stellung, einem höheren Haushaltseinkommen sowie einer höheren Erwerbsbeteiligung anderer Haushaltsmitglieder niedriger. Bei Geringqualifizierten, Arbeitern, Personen mit einer niedrigeren beruflichen Stellung, einem niedrigen Haushaltseinkommen, fehlender Erwerbsbeteiligung anderer Haushaltsmitglieder, Kindern aus Arbeiterfamilien und befristet Beschäftigten ist die Wahrnehmung der Prekarität hingegen höher.
Zweitens werden eine steigende Arbeitslosenquote sowie Arbeits- und Sozialgesetze, die Beschäftigte weniger absichern (z. B. Hartz IV), als prekaritätssteigernd erlebt. Drittens wird die Prekaritätswahrnehmung von vorherigen erwerbsbiographischen Erfahrungen beeinflusst (frühere Entlassungen, Wende-Erfahrung, längere Arbeitslosigkeitsdauer).
Letztlich verdeutlicht Henses Studie, dass sozialpolitische Interventionsmöglichkeiten sich auf aktive Arbeitsmarktpolitik, höhere Sozialleistungen, eine Unterstützung von Haushalten, die bessere Absicherung von befristeten Beschäftigungsverhältnissen sowie eine Förderung der Bildungsteilhabe beziehen könnten.
Weitere Informationen und Kontakt:
Dr. Andrea Hense
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e. V.
Tel. +49 (0) 551-52205-18
E-Mail: andrea.hense@sofi.uni-goettingen.de
Dr. Jennifer Villarama
Soziologisches Forschungsinstitut Göttingen (SOFI) e.V.
Tel.: +49 551 52205-19
E-Mail: kommunikation@sofi.uni-goettingen.de
www.sofi.uni-goettingen.de + www.soeb.de
Andrea Hense (Mitte) erhält Dissertationspreis auf dem 38. DGS-Kongress in Bamberg.
Quelle: Foto: Thomas Beyerlein
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
Gesellschaft, Politik
überregional
Forschungsergebnisse, Wettbewerbe / Auszeichnungen
Deutsch
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