idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
19.12.2016 18:28

Wie der römische Historiker Tacitus die Germanen schuf

Ulrike Jaspers Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    FRANKFURT. Auf nur 25 Seiten schuf Tacitus gegen Ende des 1. Jahrhunderts „Germania“ und damit auch das Volk der Germanen, das so gar nicht existierte. In der Antike lebten auf diesem Territorium völlig unabhängig voneinander vielerlei Stämme. Warum zeichnete Tacitus das positive Bild eines unverdorbenen, kampfeslustigen Naturvolks? Wollte er damit den dekadenten Römern einen Spiegel vorhalten? Wollte er vor dem starken Gegner im fremden Norden warnen, gegen den die Römer nicht wieder zu Felde ziehen sollten? Mit diesem Thema beschäftigt sich der Frankfurter Altphilologe Prof. Dr. Thomas Paulsen in seinem Beitrag in der der aktuellen Ausgabe von „Forschung Frankfurt“.

    Tacitus‘ „Germania“ ist in zwei Hauptteile gegliedert, innerhalb deren es keine systematischen Gliederungselemente gibt: Im ersten handelt Tacitus Sitten, Gebräuche und Charakterzüge der Germanen ab, im zweiten geht er im Westen beginnend die wichtigen germanischen Stämme mit ihren besonderen Eigenarten durch. Dazu Paulsen: „Es wird jedoch schnell deutlich, dass der römische Historiker die Germanen als im Wesentlichen einheitliches Volk sah, das sie, was man nicht stark genug betonen kann, in der Antike nie waren und als welche sie sich selbst auch nie bezeichneten.“ Denn die verschiedenen Stämme wie Bataver, Cherusker, Chatten, Markomannen, Sueben lebten unabhängig voneinander, schlossen zum Teil kurzlebige Bündnisse, bekriegten einander, waren nicht alle romfeindlich gesonnen und verfügten über keinerlei einheitliche Organisation.

    Tacitus betrachtet Germanien als ein unwirtliches, raues und trostloses Land, „teils Schauder erregend durch seine Wälder, teils widerlich durch seine Sümpfe« und dazu feucht und windig“. Da die Germanen wenig Kontakt zu anderen Völker gehabt hätten, seien sie sich, so Tacitus, äußerlich sehr ähnlich: Sie hätten grimmig blickende blaue Augen, rötliche Haare und große Körper, die hervorragend geeignet für Sturmangriffe, aber wenig ausdauernd seien, empfindlich gegenüber Durst und Hitze, hingegen stark im Ertragen von Hunger und Kälte.

    Tacitus zollte den Germanen großen Respekt – für ihre Kampfesstärke, aber auch für ihre Lebensführung frei von Verlockungen des Luxus. „Sicher wollte er damit auch auf die römische Dekadenz anspielen“, so Paulsen. Tacitus, der zum erweiterten Beraterkreis des Kaisers gehörte, könnte auch im Sinn gehabt haben, die römischen Eliten vor neuerlichen Auseinandersetzungen mit germanischen Stämmen zu warnen.

    Informationen: Prof. Dr. Thomas Paulsen, Institut für Klassische Philologie, Campus Westend, Tel. (069) 798-32482, E-Mail: thomas.paulsen@em.uni-frankfurt.de

    Die aktuelle Ausgabe von „Forschung Frankfurt“ (2/2016) kann kostenlos bestellt werden: ott@pvw.uni-frankfurt.de. Im Internet steht sie unter: www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de.


    Weitere Informationen:

    http://www.forschung-frankfurt.uni-frankfurt.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, jedermann
    Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).