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19.01.2017 15:03

Amerikanistik-Professor Crister S. Garrett zur Amtseinführung des neuen US-Präsidenten

Simone Schmid Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion
Universität Leipzig

    Mit der offiziellen Amtseinführung von Donald Trump am 20. Januar kommen "turbulente Zeiten auf uns zu", sagt Crister S. Garrett, Professor für Amerikanistik an der Universität Leipzig. Der Experte spricht im Interview über den Einfluss des künftigen US-Präsidenten auf die politischen Beziehungen zu Deutschland und gibt eine Einschätzung, wie sich das politische Verhältnis von Trump zu Bundeskanzlerin Angela Merkel entwickeln könnte.

    Der "President-elect" hat in einem Interview mit der BILD-Zeitung für viel Unmut gesorgt, etwa durch die Kritik an der NATO, durch die Androhung von Strafzöllen für deutsche Autobauer oder gewisse "Deals mit Russland". Wie muss man seine Kritik Ihrer Ansicht nach bewerten?

    Garrett: Den Inhalt dieses Interviews muss man ernst nehmen. Die amerikanische Kritik an der NATO ist aber nichts Neues, nur vielleicht die Schärfe. Barack Obamas ehemaliger Verteidigungsminister Robert Gates hat eine breitdiskutierte Rede schon im Jahr 2011 gehalten, wo er summierte, entweder Europa investiere viel mehr in die Allianz oder sie sei nicht überlebensfähig. Laut Experten beider Seiten des Atlantiks ist inzwischen nicht viel in diesem Sinne passiert. Trump provoziert gerne, um Politik zu gestalten. Das ist natürlich riskant, aber er scheint bereit zu sein, Gates' Botschaft zu forcieren. Übrigens, Trumps Kandidat für das Amt des Verteidigungsministers, General James Mattis, hat letzte Woche vor dem US-Senat sehr deutlich gesagt, dass die NATO unentbehrlich für die amerikanische Sicherheit sei. Trump sendet auch gerne widersprüchliche Signale aus, um wohl seinen Verhandlungsraum auszuweiten. Ob das gut geht, ist eine völlig offene Rechnung.

    "Deals mit Russland" müssen wir abwarten. Viele Prominente und Mächtige in seiner eigenen Partei, zum Beispiel Senator John McCain, haben schon sehr klar gesagt: nicht mit uns. Das Image von Trump als Marionette Putins etabliert sich in den USA langsam, und Trump weiß ganz genau, dass dies seiner Macht und seinem Einfluss keineswegs dient. Andererseits: Umfragen in Deutschland und Europa zeigen, dass viele bereit sind, "Deals mit Russland" einzugehen - sei es die NATO oder Russland. Das Komplexe an Trump ist, dass zumindest der Inhalt dieser Politik unter vielen Wählern in Deutschland und Europa Zustimmung findet.

    Was bedeutet seine Machtübernahme für die politisch-wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Deutschland und den USA?

    Garrett: Insgesamt sind die deutsch-amerikanischen Wirtschaftsbeziehungen sehr stark und dies seit Jahren. Amerika ist der größte Auslandsinvestor in Mitteldeutschland, und Trump hin oder her, dies wird sich kaum ändern. In Zeiten, in denen es für westliche Firmen immer schwieriger wird, in China zu investieren, werden in den USA unter Trumps Regierung die Türen für deutsche Investoren immer offen stehen. Trumps Versprechen von Deregulierung und robusten Infrastrukturausgaben werden für viele deutsche Firmen neue Anreize geben, um ihre Präsenz in Amerika zu intensivieren. Trump wird das nur begrüßen.

    Man sieht an Ihrer Frage zur Autoindustrie, dass turbulente Zeiten in diesem Bereich auf uns zukommen. Trump weiß offensichtlich nicht, dass zum Beispiel BMW und Mercedes bereits in den USA Autos produzieren. Aber die Strategie von Audi oder VW, Autos in Mexiko zu fertigen und dann in die USA zu exportieren, dies steht ganz klar vor ungewissen Zeiten, aber dies trifft genauso Ford oder General Motors. Trumps Linie genießt hier große Unterstützung unter Demokraten und Gewerkschaftlern sowie unter vielen Mitgliedern in seiner eigenen Partei. Das NAFTA (North American Free Trade Agreement) wurde vom US-Kongress 1993 mit der Abstimmung 234 zu 200 Stimmen verabschiedet. Diese starke Ambivalenz gegen den freien Handel mit Mexico herrscht noch heute in den USA.

    Trump hat die Flüchtlingspolitik von Bundeskanzlerin Merkel stark kritisiert - Was denken Sie, wie sich das politische Verhältnis zwischen Trump und Merkel entwickeln wird?

    Garrett: Trump steht natürlich nicht alleine mit seiner Kritik dieser Politik, auch wenn er sie wohl am schärfsten mit der Bezeichnung "katastrophal" ausdrückt. Dies gehört zu seinem konfrontativen Stil, der für Viele in Europa und in den USA befremdend, wenn nicht sogar abstoßend ist. Die Schwierigkeit liegt darin, dass laut Umfragen viele Wähler in Europa und Deutschland Trumps Meinung teilen. Darüber hinaus wird Trump lernen, dass seine Administration Deutschland in Bezug auf viele internationale Krisenherde brauchen wird. Eine enge Kooperation zwischen Deutschland und den USA liegt im engsten Interesse beider Länder.

    Das TIME Magazine hat Angela Merkel zur "Person of the Year" 2015 gekürt, vor allem wegen ihrer mutigen Politik in Bezug auf das Thema Migration. TIME Magazine hat Donald Trump zur "Person of the Year" 2016 ausgewählt, größtenteils wegen seines Aufmischens etablierter politischer Praxen. Die deutsch-amerikanischen Beziehungen werden ganz sicher Europa, Amerika und die Weltpolitik gestalten und langfristig prägen. Und das wird maßgeblich von der Beziehung zwischen Merkel und Trump abhängen, zwei Weltpersönlichkeiten, die wie TIME schon resümiert hat, zwei sehr unterschiedliche Weltanschauungen vertreten.

    Weitere Informationen:
    Prof. Dr. Crister S. Garrett
    Telefon: +49 341 97-37330
    E-Mail: crister.garrett@uni-leipzig.de

    Hinweis:
    Prof. Dr. Crister S. Garrett ist einer von mehr als 140 Experten der Universität Leipzig, auf deren Fachwissen Sie mithilfe unseres Expertendienstes zurückgreifen können.


    Weitere Informationen:

    http://www.zv.uni-leipzig.de/service/kommunikation/medienredaktion/expertendiens...


    Bilder

    Amerikanistik-Professor Crister S. Garrett.
    Amerikanistik-Professor Crister S. Garrett.
    Institut für Amerikanistik / Universität Leipzig
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Politik, Wirtschaft
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer
    Deutsch


     

    Amerikanistik-Professor Crister S. Garrett.


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