Die Universitätsbibliothek Heidelberg zeigt bis zum 20. November 1998 eine Ausstellung praehispanischer und kolonialer Codices.
Zu den herausragenden kulturellen Leistungen der Völker des Alten Amerika zählt die Speicherung von Information in Form von Bilderschriften. Zentrum der Buchherstellung war Mesoamerika; ein Gebiet, das einen großen Teil von Mexiko, Honduras und Guatemala umfaßt, und in dem hauptsächlich die Maya, Azteken und Mixteken diese Kunst beherrschten. In ihren Faltbüchern (Leporellos) hielten sie ihr Wissen um Religion und Geschichte, aber auch Natur- und astronomische Beobachtungen fest. Faksimiles dieser Codices sind in einer neuen Ausstellung der Universitätsbibliothek Heidelberg zu sehen.
Von den Manuskripten der mesoamerikanischen Indianer sind lediglich 14 aus vorspanischer Zeit erhalten geblieben. Dies liegt zum einen an den aus organischem, leicht zerstörbaren Material bestehenden Schriftträgern, zum anderen aber auch am missionarischen Eifer der spanischen Eroberer: Traurige Berühmtheit erlangte dabei der Bischof von Yucatan, der 1562 in Mani, einem Kulturzentrum der Maya, Tausende von Götterfiguren und eine Vielzahl von Handschriften vernichten ließ.
Mit Eroberung Amerikas durch die Spanier geriet die Tradition der Buchherstellung jedoch nicht in Vergessenheit: Die indianischen Gemeinden pflegten die Herstellung von Bilderhandschriften weiter. In Zentralmexiko wurden bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts Codices angefertigt.
Die wissenschaftliche Erforschung der indianischen Manuskripte begann erst in unserem Jahrhundert. Lange Zeit galt das vorspanische Amerika als schriftlos, die existierenden Schriftsysteme wurden als unvollständige Vorformen angesehen. Die Mayaschrift - die auch heute noch nicht vollständig entschlüsselt ist - schien noch am ehesten den Kriterien einer Vollschrift zu entsprechen: hier finden sich Silben- und Wort-, aber auch Vokalzeichen. Die Möglichkeit einer sprachgebundenen Schrift (vergleichbar unserer Buchstabenschrift) ist damit gegeben. Eine solche Schrift ist jedoch nur in einem einheitlichen Sprachgebiet wie dem der Maya sinnvoll. Das übrige Mesoamerika zeichnete sich jedoch durch eine enorme Sprachenvielfalt aus. Hier finden wir in den Schriften meist Wort- oder symbolische Bedeutungszeichen, die von Sprechern verschiedener Idiome verstanden werden konnten. Einige Piktogramme erinnern an unsere heutigen Comics: Sprechblasen stehen für "Rede" oder Fußstapfen für "gehen". Sie fassen die Information auf wenig Raum zusammen und können vom Interpreten mit einem Blick erfaßt werden.
Die zunehmende Beschäftigung der Forschung mit der Schriftproblematik und der Funktion der Schriften der mesoamerikanischen Kulturen motivierte zur Ausstellung der Universitätsbibliothek Eichstätt, die in der UB Heidelberg am 22.9.1998 eröffnet wurde. Sie bietet dem Betrachter nicht nur einen Blick auf Faksimileausgaben der farbenprächtigen Bilderschriften, sondern führt ihn auch durch die Geschichte der südamerikanischen Assimilation und erinnert an die Auseinandersetzung zweier Kulturen und Welten. Die Ausstellung läuft bis zum 20. November 1998 in der Universitätsbibliothek Heidelberg:
Öffnungszeiten: Montag bis Samstag 10 bis 19 Uhr
Sonn- und Feiertag geschlossen
Informationen unter 06221/ 54 26 12 oder 54 23 80
Rückfragen bitte an:
Ralf Werner Wildermuth
Universitätsbibliothek
Tel. 06221 542626, Fax 542550
oder
Dr. Michael Schwarz
Pressesprecher der Universität Heidelberg
Tel. 06221 542310, Fax 542317
e-mail: michael.schwarz@rektorat.uni-heidelberg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Geschichte / Archäologie, Kunst / Design, Musik / Theater, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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