idw – Informationsdienst Wissenschaft

Nachrichten, Termine, Experten

Grafik: idw-Logo
Science Video Project
idw-Abo

idw-News App:

AppStore

Google Play Store



Instanz:
Teilen: 
14.08.2003 11:36

Urin gegen Zahnschmerzen

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Urin gegen Zahnschmerzen
    Zahnheilkunde im 19. Jahrhundert

    Bis in die Neuzeit war die Verwendung von Urin zur Mund- und Zahnpflege in der Volksmedizin weit verbreitet. In einem Apothekenbuch des 18. Jahrhunderts wurden auch Weihrauch, Hundszähne und Hundeurin als Zutaten für ein Zahnschmerzmittel entdeckt. Die heute gängige Zahnbürste kam allenfalls wöchentlich, wenn nicht nur monatlich zum Einsatz. Zahnärzte warnten sogar davor, zu häufig davon Gebrauch zu machen, da sie das Zahnfleisch reize. In der Häufigkeit der Anwendung modifiziert, ist die mechanische Reinigung mittels Zahnbürste und fluoridhaltiger Zahnpasta bis heute eine entscheidende Vorbeugung gegen Karies. Mit der Entwicklung der Kariesvorsorge im 19. Jahrhundert befaßt sich Dr. Sylvia Timpe in einer Studie am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität zu Köln.

    Bis ins 18. Jahrhundert bewirkten erst Zahnschmerzen beim Menschen den Gang zum Zahnarzt. Das Krankenkassensystem war noch nicht vorhanden. Deshalb konnte nur derjenige zum Zahnarzt gehen, der genug Geld für die Behandlung hatte. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts wurde die Notwendigkeit einer wirksamen Prophy-laxe zur Senkung der Sterblichkeit in der Medizin erkannt. Die medizinischen Ent-
    deckungen waren auch für die Zahnmedizin sehr aufschlußreich.

    Über die Erreger der Karies existierten sehr unterschiedliche Auffassungen. So galten beispielsweise schlechte Säfte, Würmer und chemische Zerstörung durch Säuren als häufige Kariesursache. Der Glaube an Zahnwürmer war in der Bevölkerung seit dem Mittelalter weit verbreitet. Meist wurden kranke Zähne entweder ausgeräuchert oder direkt gezogen.
    Infolge der Industrialisierung hatten sich die Eßgewohnheiten vor allem durch Ver-
    billigung der Lebensmittel verändert, insbesondere des Zuckers. Neue Verarbei-tungsmethoden des Getreides, die Verbreitung des Arbeiterbauerntums und der zu-nehmende Wohlstand der Bevölkerung trugen ebenfalls zu einer rasanter Zunahme der Karies bei. Durch neue Verfahren wurden zahlreiche Nahrungsstoffe verändert, um sie zu "verfeinern", verdaulicher und ansehnlicher zu machen. Bestandteile, die als überflüssig und unverdaulich galten, wurden entfernt. Dabei trat z.B. das Weiß-brot an die Stelle des Schwarzbrotes. Dieses hatte aber für die Zähne den Nachteil, daß sie weniger beansprucht wurden, weil es weicher ist. Es wurde festgestellt, daß die Säuren, die zur Entkalkung des Zahnes führen, durch Gärung der stärke- und zuckerhaltigen Speisen entstanden. Durch diese Erkenntnis wurde auch die Zusammensetzung der Nahrung als Faktor zur Kariesentstehung berücksichtigt. Der Zuckermangel in Europa zu Ausgang des Zweiten Weltkrieges bewirkte demnach auch einen Kariesrückgang.

    Regeln für die Mundhygiene ließen sich früher nur schwer verbreiten. Einerseits, weil für den Zahnarztberuf keine einheitliche Ausbildung existierte, andererseits, weil es nur be-grenzte Möglichkeiten gab, ein entsprechendes Vorsorgekonzept in den Medien zu verbreiten wie etwa durch Infobroschüren oder Vorträgen in den Schulen. Mit der Einführung des Rundfunks wurde die Volksbelehrung über hygienische Maßnahmen für Mund und Zähne möglich. Die Aufklärungsarbeit wurde durch das neue Medium erheblich erleichtert und den Zahnärzten diente es als Fortbildungsmittel. Die Zahn-ärzte teilten sich mit den Tierärzten eine Vortragsreihe bei der Deutschen Welle, die damals als reiner Bildungsfunk konzipiert war.

    Die Zahnpflege in den Schulen etablierte sich durch das " Deutsche Zentralkomitee für Zahnpflege in den Schulen", das sich um die Herausgabe verständlicher Schriften kümmerte. Die Zahnpflege wurde in den Unterricht aller Schulen eingeführt und Be-mühungen um neue Einrichtungen für die Zahnpflege an Schulen nahmen zu. Ziel dabei war es die Kinder mit einem gesunden Gebiß und der Fähigkeit , sich die Zäh-ne selbst zu pflegen, aus der Schule zu entlassen. Da nicht jede Stadt das nötige Geld für eine Schulzahnklinik hatte, war die praktische Umsetzung des Konzepts schwierig.

    Verantwortlich: Maria Salas Salas

    Für Rückfragen steht Ihnen Prof. Dr. Dr. Klaus Bergdolt unter der Telefonnummer 0221/478-5266, der Faxnummer 0221/478- 6794 und der E-Mail-Adresse bergdolt@uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web
    (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.html).
    Für die Übersendung eines Belegexemplars wären wir Ihnen dankbar.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

    Hilfe

    Die Suche / Erweiterte Suche im idw-Archiv
    Verknüpfungen

    Sie können Suchbegriffe mit und, oder und / oder nicht verknüpfen, z. B. Philo nicht logie.

    Klammern

    Verknüpfungen können Sie mit Klammern voneinander trennen, z. B. (Philo nicht logie) oder (Psycho und logie).

    Wortgruppen

    Zusammenhängende Worte werden als Wortgruppe gesucht, wenn Sie sie in Anführungsstriche setzen, z. B. „Bundesrepublik Deutschland“.

    Auswahlkriterien

    Die Erweiterte Suche können Sie auch nutzen, ohne Suchbegriffe einzugeben. Sie orientiert sich dann an den Kriterien, die Sie ausgewählt haben (z. B. nach dem Land oder dem Sachgebiet).

    Haben Sie in einer Kategorie kein Kriterium ausgewählt, wird die gesamte Kategorie durchsucht (z.B. alle Sachgebiete oder alle Länder).