Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun gezeigt, dass 85 Prozent der Wirbeltierarten von der zunehmende Zerteilung von Waldökosystemen beeinflusst werden. An der Studie, die im Fachmagazin "Nature" veröffentlicht wurde, ist der Landschaftsökologe Prof. Dr. Christoph Scherber von der Universität Münster beteiligt.
Die weltweite Abholzung von Wäldern schreitet voran. Mehr als die Hälfte aller Wälder besteht inzwischen nur noch aus kleinen Waldstücken, bei denen der Waldrand maximal 500 Meter vom Inneren entfernt ist. Ein internationales Team von Wissenschaftlern hat nun untersucht, wie Wirbeltiere auf Waldränder – und damit auf die zunehmende Zerteilung von Waldökosystemen – reagieren. Die Studie wurde aktuell in der Fachzeitschrift „Nature“ online veröffentlicht. Unter den Wissenschaftlern ist Prof. Dr. Christoph Scherber vom Institut für Landschaftsökologie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, der einzige Beteiligte aus Deutschland. Federführend waren Forscher der Universität Newcastle, England.
Die Wissenschaftler analysierten Daten zu mehr als 1600 verschiedenen Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien auf 200 Flächen in Nord-, Mittel- und Südamerika sowie in Afrika, Australien und Südostasien. Das Ergebnis: 85 Prozent der Arten werden im Hinblick auf die Anzahl der Tiere stark von Waldrändern beeinflusst. Die Studie zeigt auch, dass sogenannte Randeffekte, also die Auswirkungen eines Waldrandes, deutlich tiefer in Wälder hineinreichen als bisher angenommen. Die Forscher wiesen Einflüsse bis zu 400 Meter in den Wald hinein nach.
Die Studie zeigt gegenläufige Effekte auf: Bei 46 Prozent der untersuchten Arten war die Zahl der Tiere am Waldrand höher, bei 39 Prozent niedriger. Negativ beeinflusst werden beispielsweise das Malaiische Schuppentier und Baudins Weißohr-Rabenkakadu, eine in Australien beheimatete Papageienart. Positiv wirken sich Waldränder zum Beispiel auf die Zahl der Wölfe und Grünen Leguane aus. Die Wissenschaftler warnen davor, die Tatsache, dass Waldränder die Häufigkeit vieler Tierarten positiv beeinflussen, als „gute Neuigkeit“ zu betrachten. Stattdessen weisen sie auf die negativen Folgen der dramatischen Veränderungen innerhalb der Ökosysteme hin.
„Wirbeltiere sind vielerorts die Aushängeschilder des Naturschutzes“, sagt Christoph Scherber. „Wenn weltweit 85 Prozent der Wirbeltierarten von Waldrändern beeinflusst sind, zeigt dies, dass man neue Schutzstrategien entwickeln und dafür sorgen muss, dass ausreichend große, zusammenhängende und unberührte Waldflächen erhalten bleiben.“ Dabei seien weitaus größere Waldflächen nötig als gedacht, um Arten zu schützen, die ausschließlich tief im Waldinneren vorkommen, wie zum Beispiel der Mittelamerikanische Tapir oder der Violettdegenflügel, eine Kolibri-Art. Diese Arten sind auf sehr schattige, feuchte Umweltbedingungen angewiesen, die es am Rande von Wäldern nicht gibt. Sie stehen besonders häufig auf der Rote Liste der Weltnaturschutzunion (IUCN).
Die Wissenschaftler erfassten die Wirbeltiere in 22 Untersuchungsgebieten auf jeweils mindestens neun Teilflächen. Für jede Art maßen sie anhand geografischer Karten, wie stark die Individuenzahl in größer werdender Entfernung zum Waldrand zu- oder abnahm. Sie untersuchten die Waldränder unabhängig davon, wie sie entstanden waren – also ob auf natürlichem Wege oder durch den Einfluss des Menschen. In weiteren Studien müsste nun geklärt werden, wie sich natürliche Waldinseln von anthropogen entstandenen Waldinseln unterscheiden, so die Forscher.
Beteiligt waren unter anderem Wissenschaftler aus England: Neben den Projektleitern von der Universität Newcastle waren Forscher der „Zoological Society of London“ und vom „Imperial College London“ dabei. Teil des gut 30-köpfigen Teams waren außerdem Forscher der „Oregon State University“ (USA).
Originalveröffentlichung:
Pfeifer M. et al.: Creation of forest edges has a global impact on forest vertebrates. Nature (Published online 01 November 2017); doi:10.1038/nature24457
https://www.uni-muenster.de/Tieroekologie/Team/scherber.html Prof. Dr. Christoph Scherber/AG Tierökologie und multitrophische Interaktionen
Prof. Dr. Christoph Scherber
WWU/Svenja Haas
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Biologie, Tier / Land / Forst, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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