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23.01.2018 10:00

Anthony Cerami und David Wallach erhalten den Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis 2018

Dr. Anne Hardy Public Relations und Kommunikation
Goethe-Universität Frankfurt am Main

    Der US-Amerikaner Anthony Cerami (77) und der israelische Staatsbürger David Wallach (72) erhalten am 14. März 2018 in der Frankfurter Paulskirche mit dem 120.000 € dotierten Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis. Das gab der Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung heute bekannt. Anthony Cerami ist nach einer langen akademischen Karriere Gründer und Vorsitzender des Beirats von Araim Pharmaceuticals in Tarrytown im Staat New York. David Wallach arbeitet seit Jahrzehnten am The Weizmann Institute of Science in Rehovot. Die beiden werden für ihre Forschung zum Botenstoff TNF und dessen Wirkung im Entzündungsgeschehen ausgezeichnet. Die Abkürzung TNF steht für Tumor-Nekrose-Faktor.

    Anthony Cerami hat gezeigt, dass TNF ein Botenstoff des Immunsystems ist. Er hat erkannt, dass TNF eine Rolle bei der Entstehung von Autoimmunerkrankungen spielt und den Weg zur Behandlung solche Erkrankungen durch die Hemmung von TNF gewiesen. Neutralisierende Antikörper gegen diesen Botenstoff werden heute weltweit bei Rheuma, Schuppenflechte, Morbus Crohn und anderen chronisch-entzündlichen Erkrankungen eingesetzt. Die Hemmung von TNF gilt deshalb als eines der wichtigsten Therapieprinzipien in der Medizin. David Wallach hat die beiden Rezeptoren des TNFs auf der Oberfläche der Zellen entdeckt, deren Signalwirkung ins Innere der Zelle entschlüsselt und gezeigt, dass diese Signalwirkung entweder zum programmierten Zelltod oder zum Überleben der Zelle führt. Wallach hat zudem nachgewiesen, dass ein gewisser Anteil der Rezeptoren ebenfalls für eine Hemmung des TNFs in Frage kommt. Auch dieses Therapieprinzip wird heute klinisch genutzt.

    Der Nachweis, dass TNF ein Botenstoff des Immunsystems ist, gelang Anthony Cerami Mitte der 1980er-Jahre. Das Molekül war damals als Therapie gegen Krebs im Gespräch. Nachdem Cerami deutlich gemacht hatte, dass es eine entzündungsfördernde Wirkung besitzt, kam es nicht mehr als Krebsmedikament in Frage – allerdings als Zielmolekül für eine antientzündliche Therapie. Cerami hat diese Anwendung bereits 1980 in einem Patent beschrieben. Er wusste allerdings damals noch nicht, dass das Protein, das er untersuchte und dem er das Patent widmete, TNF ist. Cerami hielt in dem Patent fest, dass die Hemmung dieses Proteins durch Antikörper bei Erkrankungen wie Sepsis, Rheuma und Kachexie in Frage kommen könnte. Er und seine Kollegen demonstrierten 1987, dass ein neutralisierender Antikörper bei Tieren einen septischen Schock verhindern kann, also eine durch Bakterien ausgelöste Blutvergiftung. Cerami hat mit dem für die Bildung roter Blutkörperchen notwendigen Protein Erythropoetin (EPO) zudem einen natürlichen Gegenspieler des TNFs entdeckt, mit dem eine Entzündung gestoppt, der Zelluntergang begrenzt und die Regeneration eingeleitet werden kann. Ein Proteinfragment, das diese Wirkung des EPOs imitiert ohne dessen Nebenwirkungen zu besitzen, ist derzeit in der klinischen Prüfung.

    David Wallachs Name steht für die Beschreibung zweier unterschiedlicher TNF-Rezeptoren und der damit verknüpften Entdeckung entgegengesetzter Wirkungen des TNFs. Wallach konnte zeigen, dass die Belegung der beiden Rezeptor durch den Botenstoff und die Rezeptor-Aktivität, die daraus resultiert, verschiedene Signalwege in Gang setzt, die über das weitere Schicksal der Zellen entscheiden. Durch die jeweilige Verrechnung des Signals wird die Zelle entweder in den programmierten Zelltod geschickt oder kommt unbeschadet davon. Wallach hat wichtige Hilfs-Proteine des zellulären Suizids und deren hierarchische Stellung identifiziert. Er hat dadurch entscheidend dazu beigetragen, dass heute ein sehr genaues Bild von dem durch Botenstoffe ausgelösten programmierten Zelltod existiert. Seine Arbeiten haben auch die Forschung zum vom Zellinnern ausgelösten Zelltod konzeptionell vorangebracht. Wallach hat des Weiteren gezeigt, dass nicht nur Antikörper gegen TNF als Therapie bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen in Frage kommen, sondern auch eine lösliche Form des Rezeptors. Die Therapie basiert auf einer kompetitiven Hemmung, bei der eine große Menge des löslichen Rezeptors den Botenstoff abfängt, bevor er seine Wirkung an den Zellen entfalten kann. Ein Fusionsprotein aus Teilen eines der beiden Rezeptoren wird klinisch eingesetzt.

    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis geht in diesem Jahr an Professor Dr. Tim J. Schulz (38) vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke in Potsdam. Der Biochemiker Schulz wird für seine Arbeiten zur Funktion von weißen und braunen Fettzellen geehrt. Der Körper verfügt über verschiedende Sorten von Fettzellen, die je nach Bestimmung und Lage physiologisch sinnvolle aber auch krankheitsauslösende Prozesse anstoßen.

    Schulz untersucht, ob der altersbedingte Verlust von braunem Fett zu den in der zweiten Lebenshälfte gehäuft auftretenden Stoffwechselproblemen wie Übergewicht oder Insulinresistenz beiträgt. Braunes Fett erzeugt Wärme und schützt den Körper vor Auskühlung. Weißes Fett speichert nicht genutzte Energie aus der Nahrung und dient als Energiereserve, die bei hochkalorischer Ernährung aber nur selten abgerufen wird. Schulz erforscht auch, welche Stammzellen braunes und weißes Fett hervorbringen und ob eine gezielte Vermehrung von braunem Fett eine mögliche Therapieoption gegen Übergewicht ist, weil dieses Fett dann überzählige Kalorien verbrennt.

    Der Nachwuchspreisträger untersucht des Weiteren, welche Auswirkungen überschüssiges Fett im Knochen hat. Er konnte zeigen, dass die Stammzellen des Knochens mit zunehmendem Alter und bei fettreicher Kost vermehrt weißes Fett statt Knochengewebe produzieren. Diese Fettzellen scheiden einen Botenstoff aus, der es den Stammzellen noch schwerer macht, Knochengewebe hervorzubringen und der auch den blutbildenden Stammzellen des Knochenmarks schadet. Dies könnte der Grund für die schlechte Knochenheilung im Alter sein. Schulz hat zudem nachgewiesen, dass gewisse Diabetes-Medikamente dem Botenstoff entgegenwirken. Er hegt die Hoffnung, dass diese Medikamente möglicherweise die Knochengesundheit in der zweiten Lebenshälfte verbessern. Die Forschung des Nachwuchspreisträgers ist demnach nicht nur ernährungsphysiologisch, sondern auch medizinisch relevant.

    Fotos der Preisträger sind unter www.paul-ehrlich-stiftung.de zur Verwendung hinterlegt.

    Die Preisträger werden sich bei einer Pressekonferenz am 14. März 2018 um 13 Uhr im Casino des Campus Westend der Goethe-Universität in Frankfurt vorstellen. Dazu werden wir noch gesondert einladen. Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max Planck Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg wird die Preise um 17 Uhr in der Frankfurter Paulskirche verleihen. Boehm ist neuer Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung. Wir bitten Sie, die Veranstaltungen bei Ihrer Terminplanung zu berücksichtigen. Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.

    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis
    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Preis wird traditionell an Paul Ehrlichs Geburtstag, dem 14. März, in der Frankfurter Paulskirche verliehen. Mit ihm werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler geehrt, die sich auf dem von Paul Ehrlich vertretenen Forschungsgebiet besondere Verdienste erworben haben, insbesondere in der Immunologie, der Krebsforschung, der Hämatologie, der Mikrobiologie und der Chemotherapie. Finanziert wird der seit 1952 verliehene Preis vom Bundesgesundheitsministerium, dem Verband Forschender Arzneimittelhersteller e.V. und durch zweckgebundene Spenden folgender Unternehmen, Stiftungen und Einrichtungen: Christa Verhein Stiftung, Else Kröner-Fresenius-Stiftung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH, C.H. Boehringer Sohn AG & Co. KG, Biotest AG, Hans und Wolfgang Schleussner-Stiftung, Fresenius SE & Co. KGaA, F. Hoffmann-LaRoche Ltd., Grünenthal Group, Janssen-Cilag GmbH, Merck Financial Services GmbH, Bayer AG, Holtzbrinck Publishing Group, Abbie Deutschland GmbH & Co. KG, Goethe Universität und die Rittershaus Rechtsanwälte Partnergesellschaft mbH. Die Preisträger werden vom Stiftungsrat der Paul Ehrlich-Stiftung ausgewählt. Eine Liste der Stiftungsratsmitglieder ist auf der Internetseite der Paul Ehrlich-Stiftung hinterlegt.

    Der Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis
    Der 2006 erstmals vergebene Paul Ehrlich- und Ludwig Darmstaedter-Nachwuchspreis wird von der Paul Ehrlich-Stiftung einmal jährlich an einen in Deutschland tätigen Nachwuchswissenschaftler oder eine in Deutschland tätige Nachwuchswissenschaftlerin verliehen, und zwar für herausragende Leistungen in der biomedizinischen Forschung. Das Preisgeld muss forschungsbezogen verwendet werden. Vorschlagsberechtigt sind Hochschullehrer und Hochschullehrerinnen sowie leitende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen an deutschen Forschungseinrichtungen. Die Auswahl der Preisträger erfolgt durch den Stiftungsrat auf Vorschlag einer achtköpfigen Auswahlkommission.

    Die Paul Ehrlich-Stiftung
    Die Paul Ehrlich-Stiftung ist eine rechtlich unselbstständige Stiftung, die treuhänderisch von der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität verwaltet wird. Ehrenpräsident der 1929 von Hedwig Ehrlich eingerichteten Stiftung ist Professor Dr. Peter Strohschneider, Präsident der Deutschen Forschungsgemeinschaft, der auch die gewählten Mitglieder des Stiftungsrates und des Kuratoriums beruft. Vorsitzender des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung ist Professor Dr. Thomas Boehm, Direktor am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg, Vorsitzender des Kuratoriums ist Professor Dr. Jochen Maas, Geschäftsführer Forschung & Entwicklung, Sanofi-Aventis Deutschland GmbH. Prof. Dr. Wilhelm Bender ist in seiner Funktion als Vorsitzender der Vereinigung von Freunden und Förderern der Goethe-Universität zugleich Mitglied des Stiftungsrates der Paul Ehrlich-Stiftung. Die Präsidentin der Goethe-Universität ist in dieser Funktion zugleich Mitglied des Kuratoriums.

    Kontakt:
    Dr. Hildegard Kaulen
    Telefon: 06122/52718
    Email: h.k@kaulen.wi.shuttle.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Medizin
    überregional
    Personalia
    Deutsch


     

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