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19.09.2003 08:31

Tauchfahrt in die erdgeschichtliche Vergangenheit

Dr. Ralf Breyer Public Relations und Kommunikation
Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt (Main)

    Sensationelle Tiefwasser-Kieselschwammriffe vor Westkanada / 'Lebende Fossilien' sollen Aufschlüsse zur Entstehungsgeschichte der Schwäbischen und Fränkischen Alb liefern / 73. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft

    FRANKFURT Als 'wissenschaftliche Sensation' bezeichnet Prof. Manfred Krautter von der Universität Stuttgart die Entdeckung der weltweit einzigen Kiesel- schwammriffe vor der Westküste von Kanada. Bislang nahm an, dass sie seit etwa 40 Millionen Jahren ausgestorben seien. Die kanadischen Schwammriffe werden bis 21 m hoch und kommen in Wassertiefen zwischen 160 und 250 m vor. Sie nehmen eine Fläche von rund 700 km2 ein.

    Kieselschwämme besitzen ein sehr zerbrechliches Skelett aus Kieselsäure und bildeten vor etwa 140 Millionen Jahren in den damaligen Ozeanen ein riesiges Tiefwasser-Schwammriff, das sich über 7000 km Länge erstreckte. Es war damit das größte Organismengebilde, das jemals auf der Erde existierte. Die weißen Kalkfelsen der Schwäbischen und Fränkischen Alb sind größtenteils aus derartigen fossilen Schwammriffen aufgebaut.

    Bislang ist gleichwohl die Entstehung und das Verschwinden dieser fossilen Riffe nur ungenügend bekannt. Deshalb erforscht der Stuttgarter Paläontologe Prof. Manfred Krautter mit finanzieller Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) die Kieselschwammriffe auf dem Tiefschelf vor Britisch Kolumbien (Kanada). Er leitet ein deutsch-kanadisches Forscherteam, das sich aus Paläontologen, Meeresgeologen, Sedimentologen, Meereszoologen, Geophysikern, Ozeanographen, Chemikern und Mineralogen zusammensetzt. Die enge Zusammenarbeit von Wissenschaftlern unterschiedlichster Disziplinen ermöglicht die Erarbeitung einer soliden, breiten aktuellen Datenbasis, mit deren Hilfe die Umwelt- und Lebensbedingungen der fossilen Kieselschwammriffe rekonstruiert werden sollen.

    Prof. Krautter und seine Kollegen präsentieren auf der Tagung neueste Ergebnisse zur Ökologie und de Gerüstbaupotenzial der Kieselschwämme.

    Zur Untersuchung der Riffe werden verschiedene hochentwickelte Geräte eingesetzt. So wurden beispielsweise bislang 18 Tauchgänge mit einem Zweimann-U-Boot durchgeführt und ein videobestückter Unter wasser-Roboter wurde für stundenlange Tauchgänge verwendet. Die Riffareale wurden erst diesen Sommer mit einer neuen höchstauflösen- den Methode kartiert, die es erlaubt, Gegenstände von 50 cm Größe auf dem Meeresboden zu erkennen. Der kanadische Staat stellte allein für diese Kartierkampagne etwa 1,5 Millionen Dollar bereit.

    Leider sind die Riffe durch grundberührende Schleppnetzfischerei massiv gefährdet und große Areale bereits unwiederbringlich zerstört. Um die Kieselschwammriffe nachhaltig unter Schutz zu stellen, wurden eiligst entsprechende Schritte eingeleitet. Krautter unternahm im vergangenen Frühjahr auf Einladung von World Wildlife Fund (WWF) und Canadian Parks and Wilderness Society (CPWAS) eine Vortragsreise in Kanada und traf sich unter anderem mit dem kanadischen Umweltminister Dave Anderson und dem kanadischen Minister für Fischereiwesen, Herb Dhaliwal, zu Gesprächen.

    Geplant ist, die Riffgebiete zuerst als 'Marine Protected Area' - vergleichbar einem Meeresnationalpark - auszuweisen und sie dann in einem weiteren Schritt als 'UNESCO World Heritage Site' zu deklarieren. Damit sollen diese 'lebenden Fossilen' nachhaltig vor weiterer Zerstörung geschützt werden.

    Detaillierte Programmauskünfte zur 73. Jahrestagung der Paläontologischen Gesellschaft sind beim Tagungsleiter oder unter http://www.palaeo.de bzw. www.palaeo.de/mainz im Internet abzu- rufen. Veranstalter unter Federführung der Johannes Gutenberg-Universität Mainz sind das Landesamt für Erdgeschichtliche Denkmal pflege, das Landesamt für Geologie und Bergbau und die Landes sammlung für Naturkunde Rheinland-Pfalz so wie das Naturhistorisches Museum Mainz. Gefördert wird die Tagung von HeidelbergCement, Leimen, und Rohrbach Zement, Dotternhausen.

    Kontakt:
    Prof. Dr. Manfred Krautter
    Institut für Geologie und Paläontologie
    Universität Stuttgart
    Herdweg 51, 70174 Stuttgart
    Tel.: +49 (711) 1211344
    E-Mail: manfred.krautter@geologie.uni-stuttgart.de

    Zur Zeit:
    Institut für Geologie und Paläontologie
    Universität Hannover
    Callinstr. 30, 30167 Hannover
    Tel.: +49 (511) 7622289
    E-Mail: m.krautter@geowi.uni-hannover.de

    Tagungsleitung
    Institut für Geowissenschaften der Universität Mainz, Paläontologie
    Prof. Dr. Thomas Brachert
    Becherweg 21, 55099 Mainz
    Tel.: +49 (6131) 3924281
    Fax: +49 (6131) 3934768
    E-Mail: t.brachert@geo.uni-mainz.de

    Paläontologische Gesellschaft
    Der Vorsitzende
    Prof. Dr. Wighart von Koenigswald
    Nußallee 8, 53115 Bonn
    Tel.: +49 (228) 73 3104
    Fax: +49 (228) 73 3509
    E-Mail: koenigswald@uni-bonn.de


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Informationstechnik, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
    überregional
    Buntes aus der Wissenschaft, Wissenschaftliche Tagungen
    Deutsch


     

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