Evolutionsbiologie: Veröffentlichung in PNAS
19.04.2018 – Der Landgang der Pflanzen vor rund 510 Millionen Jahren stellte eine große Herausforderung für das Leben dar. Forscher von der kanadischen Dalhousie University und der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf (HHU) fanden bei „streptophytischen Grünalgen“, den engsten Vorläufern der Pflanzen, eine entscheidende Voraussetzung für diesen Schritt: Sie besitzen bereits Stresssignalwege, die bisher nur bei Pflanzen bekannt waren und die das Überleben unter den Umweltbedingungen an Land erst ermöglichen. Die Ergebnisse der Studie veröffentlichten sie im April in den Proceedings of the National Academy of Sciences (PNAS).
Die Sauerstoffkonzentration der Erdatmosphäre hat sich im Verlauf von 4,5 Milliarden Jahren Erdgeschichte mehrfach und mit dramatischen Folgen geändert. Sie lag für einen Großteil der Erdgeschichte bei nur etwa 2 Prozent; bei dieser Konzentration kann nur mikroskopisches Leben existieren. Die heute gemessene Sauerstoffkonzentration von etwa 21 Prozent resultiert aus einem einmaligen Ereignis in der Evolution des Lebens auf unserem Planeten: dem Landgang der Pflanzen. Mit der Entstehung von Landpflanzen veränderte sich vor etwa 510 Millionen Jahren das Gesicht der Erde. Sie setzten über die Photosynthese große Mengen an Sauerstoff frei und ermöglichten damit Leben, das größer ist als wenige Millimeter und oberhalb der Bodenlinie existiert – denn dieses Leben benötigt Sauerstoff.
Damit Pflanzen den Schritt an Land erfolgreich gehen konnten, war der Umgang mit ungünstigen Umweltbedingungen – man spricht in der Biologie von Stressfaktoren – besonders wichtig. Nur so konnten die höhere und ungefilterte Lichtintensität sowie die größeren Temperaturschwankungen außerhalb des Wassers bewältigt werden. Eine Arbeitsgruppe an der Dalhousie University im kanadischen Halifax um Dr. Jan de Vries hat zusammen mit Dr. Sven Gould vom Institut für molekulare Evolution der HHU den Umgang mit diesen Stressfaktoren genauer untersucht. Vor allem interessierte sie, wann sich die hierfür nötigen Regulationsmechanismen evolutionär bildeten. Dazu konzentrierten sie sich auf jene Gene, die bei Starklicht und Kälte aktiviert sind.
Sie fanden heraus, dass nicht erst Landpflanzen, sondern bereits ihre nächsten Verwandten, die streptophytischen Grünalgen, über viele der entsprechenden Fähigkeiten verfügten. Die Landpflanzen mussten diese Fähigkeiten also nicht erst selbst entwickeln. Bei der Sternalge Zygnema circumcarinatum fanden die Forscher sogar einen potenziellen Rezeptor für das klassische pflanzliche Stresshormon Abscisinsäure. An diesen Rezeptor koppelt die Abscisinsäure und setzt damit die pflanzliche Stressantwort in Gang.
Die jetzt in PNAS veröffentlichten Ergebnisse basieren auf einer Hochdurchsatzanalyse globaler Genexpressionen in mehreren jener Grünalgen, welche den Landpflanzen evolutionär am nächsten sind. Hiermit werden alle Gene bestimmt, die zu einem bestimmten Zeitpunkt – also zum Beispiel während Lichtbestrahlung oder Kälte – in der Zelle aktiv sind. Hierbei fanden die Forscher auch die Gene, die der Stressantwort von Landpflanzen dienlich sind.
„Unsere Studie verändert das Bild, wie die frühesten Landpflanzen mit Stress umgingen“, so Dr. Gould. „Sie waren vor dem Sprung aufs Trockene bereits gut von ihren Ahnen, den Grünalgen, vorbereitet worden“, ergänzt Dr. de Vries.
Originalveröffentlichung
J. de Vries, B. A. Curtis, S. B. Gould & J. M. Archibald, Embryophyte stress signaling evolved in the algal progenitors of land plants, PNAS 115 (15), 10. April 2018
DOI: 10.1073/pnas.1719230115
http://www.pnas.org/content/115/15/E3471
Sternalge Zygnema circumcarinatum
Jan de Vries
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Geowissenschaften, Geschichte / Archäologie, Meer / Klima, Umwelt / Ökologie
überregional
Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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