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17.05.2018 10:52

Neue Studie zu Erdbeben zwischen Halle und Leipzig

Susann Huster Stabsstelle Universitätskommunikation/Medienredaktion
Universität Leipzig

    Ein Team von Wissenschaftlern aus Potsdam, Leipzig, Halle und Hannover hat in einer aktuellen Studie die Ursache von ungewöhnlich tiefen Erdbeben in der Metropolregion Leipzig-Halle in den Jahren 2015 und 2017 untersucht und diese im "Journal of Seismology" veröffentlicht. Dabei haben die Geophysiker der Universität Leipzig, des Landesamts für Geologie und Bergbau in Halle und Wissenschaftler der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe Hannover (BGR) unter Federführung des Deutschen GeoForschungs-Zentrums (GFZ) in Potsdam neue Methoden angewandt.

    Diese ermöglichten es erstmals, Details der Bruchmechanik dieser schwachen Beben aufzulösen und in einen tektonischen Zusammenhang zu setzen. Daraus wird deutlich, dass großräumige, geologische Verwerfungssysteme zwischen Halle und Leipzig, welche die gesamte Erdkruste durchziehen und bisher als nicht aktiv eingestuft wurden, durch Erdbeben reaktiviert werden könnten.

    Sollte sich diese These erhärten, dann wären auch Erdbeben, die zu Schäden in der Metropolregion führen könnten, möglich. Die Wissenschaftler untersuchen Szenarien für Schadensbeben und mahnen mehr Forschung zur besseren Vorbereitung auf solche Fälle an. In den Jahren 2015 und 2017 gab es zwei Erdbeben - jeweils mit einer Magnitude von ungefähr 3. Sie waren zwischen Halle und Leipzig von der Bevölkerung in bis zu 50 Kilometer Entfernung zum Epizentrum spürbar, verursachten aber keine Schäden. Die zwei Erdbeben waren die bisher stärksten instrumentell aufgezeichneten Beben nördlich der Erdbebenzone zwischen dem Vogtland und Gera.

    Der Seismologie-Verbund Mitteldeutschland, der Zusammenschluss seismologisch tätiger Einrichtungen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen, überwacht diese Region schon seit 1996 und hat seitdem immer wieder schwächere Erdbeben um Leipzig lokalisiert. Das Besondere an den Beben in den Jahren 2015 und 2017 ist, dass diese weithin spürbar waren und ungewöhnlich tief in der Unterkruste zwischen 22 und 29 Kilometern unter der Erdoberfläche ihren Ursprung hatten. "Erdbeben in dieser Tiefe beunruhigen uns Seismologen, da sie Hinweise auf größere Verwerfungen geben und die Möglichkeit von stärkeren Erdbeben wahrscheinlicher machen", sagt Sigward Funke, Leiter der Erdbebenüberwachung an der Universität Leipzig.

    Aus solchen Gründen suchen die Seismologen der BGR seit einiger Zeit gezielt nach kleinen Tiefherdbeben in Mittel- und Norddeutschland. Was in der Region um Halle und Leipzig aber bisher völlig offen blieb, war die Frage, auf welchen Verwerfungen diese stattfinden und wie diese im Raum orientiert sein könnten. "Wir haben bei der Untersuchung der Bruchmechanik der Beben von Halle und Leipzig erstmals neue Verfahren eingesetzt, die wir am GeoFoschungsZentrum Potsdam speziell für die Auswertung schwacher Beben entwickelt haben", sagt Prof. Torsten Dahm, Leiter der Sektion Erdbeben und Vulkanphysik am GFZ. "Dies hat gezeigt, dass beide Beben sehr wahrscheinlich auf derselben Bruchfläche nur wenige Kilometer voneinander entfernt aufgetreten sind." Die Forscher sehen daher durchaus die Möglichkeit, dass die Segmente der Bruchzone zwischen den bisherigen Ereignissen in Zukunft brechen könnten. "Um zu sehen, was das bedeuten könnte, haben wir Szenarien solcher möglichen Erdbeben entwickelt, und die Wellenausbreitung sowie erwartete Bodenbewegungen für solche Ereignisse simuliert", betont Dahm.

    Die Ergebnisse ihrer Studie alarmieren das Team: Erdbeben wie das von Roermond im niederländisch-deutschen Grenzgebiet im Jahr 1992 (Magnitude 5,3) würden in der Leipziger Bucht zu ähnlich starken Bodenbewegungen und Schäden führen. Sigward Funke sagt: "Auf solche Ereignisse sind wir nicht gut vorbereitet, und neben der Weiterführung der bisherigen Erdbebenbeobachtung wäre mehr geophysikalische Forschung wichtig, um mögliche Konsequenzen für die Region zu minimieren."

    Originaltitel der Veröffentlichung im "Journal of Seismology":

    "Seismicity in the block mountains between Halle and Leipzig, Central Germany: centroid moment tensors, ground motion simulation, and felt intensities of two M ≈ 3 earthquakes in 2015 and 2017", DOI: 10.1007/s10950-018-9746-9

    Weitere Informationen:

    Sigward Funke
    Institut für Geophysik und Geologie der Universität Leipzig
    Telefon: +49 341 97-32816
    E-Mail: sfunke@rz.uni-leipzig.de

    Prof. Dr. Torsten Dahm
    Deutsches GeoForschungs-Zentrum Potsdam
    Telefon: +49 331 288-1200
    E-Mail: torsten.dahm@gfz-potsdam.de


    Weitere Informationen:

    https://link.springer.com/article/10.1007%2Fs10950-018-9746-9
    http://media.gfz-potsdam.de/gfz/sec21/regina/2017_internetposter/leipzig_2017_04...


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten, Wissenschaftler, jedermann
    Geowissenschaften
    überregional
    Forschungsprojekte, Kooperationen
    Deutsch


     

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