Physiker der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) haben nachgewiesen, dass einfallendes Licht die Elektronen in warmen Perowskiten in Drehung versetzt und damit die Richtung des Stromflusses bestimmt. Damit entschlüsseln sie eine wichtige Eigenschaft dieser Kristalle, die bei der Entwicklung neuartiger Solarzellen eine wichtige Rolle spielen könnten. Die Ergebnisse wurden im renommierten Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences” veröffentlicht.
Effizienz durch Elektronen-Spin
Bei der Nutzung erneuerbarer Energiequellen spielt die Sonne eine entscheidende Rolle. Ihre Strahlungsenergie liefert Wärme, und das Licht lässt sich mit Hilfe der Photovoltaik in elektrischen Strom umwandeln. Seit einigen Jahren gelten Perowskite als Hoffnungsträger für eine kostengünstige Nutzung des Sonnenlichts – kristalline Verbindungen, die sich chemisch einfach herstellen lassen. Unter Laborbedingungen liefern Prototypen erstaunliche Wirkungsgrade.
Was genau Perowskite so leistungsfähig macht, darüber gibt es bislang wenig Erkenntnisse. „Entscheidend für die kostengünstige Erzeugung elektrischer Energie aus Sonnenlicht sind zwei Faktoren“, sagt Dr. Daniel Niesner vom Lehrstuhl für Festkörperphysik der FAU. „Zum einen muss das Licht möglichst viele Elektronen in einer möglichst dünnen Schicht anregen. Zum anderen müssen diese Elektronen möglichst ungehindert zu den Elektroden fließen können, die den Strom abgreifen.“ Vermutet wird, dass Perowskite die Rotation der Elektronen für einen effizienten Stromfluss besonders gut ausnutzen: „Jedes Elektron hat einen ‚Spin’, ähnlich der Eigendrehung einer Billardkugel“, erklärt Niesner. „Wie bei Billardkugeln eine Links- oder Rechtsdrehung beim Anstoßen zu einer gekrümmten Bahn auf dem Tisch führt, hat man auch für Elektronen in Perowskiten vermutet, dass Drehung und Vorwärtsbewegung aneinander gekoppelt sein könnten.“
Atomstruktur darf nicht zu geordnet sein
Genau diese Vermutung haben die Erlanger Physiker nun erstmals bestätigt. Für ihr Experiment verwendeten sie einen Laser, dessen Licht selbst einen Spin, also eine Drehrichtung besitzt. Das Ergebnis: Bestrahlt man den Kristall mit linksdrehendem Licht, werden die Elektronen in eine Linksbewegung versetzt. Wird die Drehrichtung des Lichts umgekehrt, kehrt sich auch die Stromrichtung um. Niesner: „Die Experimente zeigen eindeutig, dass die Drehrichtung der Elektronen und die Fließrichtung des Stroms miteinander verknüpft sind.“
Bisher gingen die Wissenschaftler davon aus, dass die atomare Struktur von Perowskiten für ein solches Verhalten zu geordnet ist. In der Tat zeigen Versuche mit gekühlten Perowskit-Kristallen nur einen sehr schwachen Zusammenhang zwischen der Drehrichtung der Elektronen und der Fließrichtung des Stroms. „Das ändert sich jedoch, wenn man den Kristall auf Raumtemperatur aufwärmt, weil die Bewegung der Atome zu fluktuierenden Abweichungen von der hochgradig geordneten Struktur führt“, sagt Niesner. „Die Wärme erlaubt dem Perowskit-Kristall, Dreh- und Fließrichtung der Elektronen zu verknüpfen. Ein gewöhnlicher Kristall könnte das nicht.“
Mit der Entdeckung des Zusammenhangs von Wärme und Elektronen-Spin sind die FAU-Forscher einem zentralen Aspekt des ungewöhnlichen Stromflusses in Perowskiten auf die Spur gekommen. Ihre Arbeit könnte dazu beitragen, die hohe Energieeffizienz dieser Kristalle besser zu verstehen und neue Materialien für die Photovoltaik der Zukunft zu entwickeln.
Dr. Daniel Niesner
Tel.: 09131/85-28403
daniel.niesner@fau.de
doi: 10.1073/pnas.1805422115
„Structural fluctuations cause spin-split states in tetragonal (CH3NH3)PbI3: Experimental evidence from circular photogalvanic effect“, „Proceedings of the National Academy of Sciences”
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Chemie, Energie, Physik / Astronomie
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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