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Kölner Mediziner schlagen Vereinheitlichung der Habilitationsordnungen vor
Hinsichtlich der Qualität der Habilitations-ordnungen medizinischer Fakultäten an deutschen Universitäten bestehen gravierende Unterschiede, die auch eine negative Selektion zur Folge haben können. Zu diesem Ergebnis gelangen die Professoren Dr. Manfred Nagelschmid und Dr. Hans Troidl vom II. Chirurgischen Lehrstuhl der Universität zu Köln und Professor Dr. Klaus Bergdolt vom Institut für Geschichte und Ethik der Medizin der Universität zu Köln. Die Mediziner haben die Habilitationsordnungen von 36 medizinischen Fakultäten deutscher Hochschulen miteinander verglichen und entwickelten einen Vorschlag zur Vereinheitlichung dieser Bestimmungen.
Weitgehende Übereinstimmung besteht zwischen den medizinischen Fakultäten dahingehend, daß als Voraussetzung für die Habilitation die Promotion, wissenschaftliche Publikationen, die Vorlage einer Habilitationsschrift sowie mündliche Habilitationsleistungen in Form eines Probevortrages oder einer Disposition verlangt werden. Unterschiede zeigen sich jedoch bei den Ausführungsbestimmungen. Beispielsweise ist es an vier Fakultäten sogar möglich, daß in besonderen Fällen eine Dissertationsarbeit als Habilitationsschrift anerkannt wird. Einige Fakultäten fordern, daß der Inhalt der Habilitationsarbeit unpubliziert ist. 15 Universitäten verlangen, daß die Habilitationsschrift nach der Habilitation innerhalb einer Frist veröffentlicht wird.
Zwei Fakultäten halten nur eine mehrjährige Tätigkeit im Fachgebiet für erforderlich. Zehn verzichten völlig auf einen Nachweis der Weiterbildung. Nur an sieben Fakultäten ist die Vorstellung vor der Fakultät oder der Kommission erforderlich. In zwei Fällen kann sie fakultativ angeordnet werden. Sehr unterschiedlich wird bei der Qualität der Publikationen verfahren. Nur 17 Habilitationsordnungen machen nähere Angabe zur Mindestzahl und zur Qualität der Veröffentlichung, zur Anzahl der Erstautorenschaft oder zur Qualität der Fachzeitschriften, in denen publiziert wurde.
Sehr unterschiedliche Angaben zu den schriftlichen Habilitationsleistungen werden in den Habilitationsordnungen aufgeführt. In elf von ihnen wird verlangt, daß die Ergebnisse wissenschaftlich wertvoll sind, wesentliche Erkenntnisse bringen und somit auf hohem Niveau stehen. Drei erwarten, daß die Eignung zum Professor erkennbar ist. Zwölf weitere Habilitationsordnungen präzisieren, indem sie die aufgeführten Forderungen kombinieren oder noch weitere Qualitätsmerkmale hinzusetzen. Dem stehen zehn Vorschriften gegenüber, die nur eine selbständige Leistung fordern oder keinerlei nähere Angaben zur Habilitationsarbeiten enthalten.
Bedenklich erscheint den Kölner Medizinern, daß lediglich 24 Fakultäten die Anerkennung als Facharzt ausdrücklich fordern. Zehn Fakultäten verzichten sogar ganz auf die Anerkennung als Facharzt. An 26 Fakultäten werden dem Habilitanden drei Themen zur Auswahl vorgelegt. In 21 Fällen dürfen diese nicht das Thema der Habilitationsschrift betreffen. An fünf Fakultäten erfolgt anstelle eines Probevortrags eine Disputation der Habilitationsarbeit. Zwei akzeptieren, wenn der Bewerber eine "ähnliche Qualifikation" aufweist, die in einer mehrjährigen Fortbildung im Fach oder in einer mehrjährigen wissenschaftlichen Tätigkeit bestehen kann.
Von der Lehrbefähigung durch die Abhaltung einer Probevorlesung überzeugen sich nur 14 Fakultäten. Eine Antrittsvorlesung wird nur bei 22 von 36 Fakultäten abgehalten, 14 verzichten ganz darauf. Überrascht zeigen sich die Kölner Mediziner darüber, daß 12 Fakultäten der aktiven Teilnahme an wissenschaftlichen Veranstaltungen mit Vorträgen keinerlei Bedeutung beimessen und gänzlich auf die Auflistung dieser Aktivitäten verzichten.
Der Vorschlag der Kölner Mediziner zur Vereinheitlichung der Habilitationsordnungen enthält vor allem die folgenden Punkte: Promotion, Facharztausbildung, zumindest vierjährige wissenschaftliche Tätigkeit, zwölf Erstautorenschaften (davon mindestens die Hälfte in international renommierten Zeitschriften), Verhältnis zwischen Erst- und Co-Autorenschaft von eins zu eins, mindestens sechs Zitierungen, mindestens zwölf eigene Vorträge oder Poster bei wissenschaftlichen Tagungen (davon mindestens die Hälfte international), eine mindestens vierjährige Lehrtätigkeit und Unterstützung bei wenigstens vier Doktorarbeiten (nicht unter "cum laude" bewertet), eine zehnminütige Vorstellung vor der Fakultät, die Mitgliedschaft in der führenden wissenschaftlichen Gesellschaft des Arbeitsgebietes, eine Präsentation der gesamten Breite seines Faches, die Vorlage einer thematisch geschlossenen Arbeit als schriftliche Habilitationsleistung, der Nachweis der Lehrbefähigung durch eine Probevorlesung sowie ein Probevortrag. Berücksichtigt werden sollte auch, wenn auf Anforderung von Herausgebern renommierter Zeitschriften Editorials oder Kommentare geschrieben worden sind, da sie als "Highlights" der wissenschaftlichen Anerkennung anzusehen sind. Außerdem halten es die Kölner Mediziner für erforderlich, daß Habilitanden an der Organisation mindestens einer akademischen Veranstaltung (Workshop, Tagung, Kongreß) beteiligt gewesen waren. Als weiteren Gesichtspunkt nennen sie die eingeworbenen Drittmittel, da ein eigenes DFG-Projekt als ein "Highlight" anzusehen ist. Außerdem sprechen sich die Kölner Mediziner dafür aus, daß die Dauer des Habilitationsverfahrens zwei Semester nicht überschreiten sollte. Zugleich regen sie an, daß den Habilitierten die Möglichkeit einer Antrittsvorlesung gegeben wird, nicht zuletzt deswegen, da er sich dort bei allen, die ihn unterstützt haben, bedanken kann.
Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias
Für Rückfragen steht Ihnen Professor Dr. Hans Troidl unter der Telefonnummer 0221 8907 2770, der Fax-Nummer 0221 893096 und der Email-Adresse Hans.Troidl@uni-koeln.de zur Verfügung.
Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web (http://www.uni-koeln.de/organe/presse/pi/index.htm).
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Merkmale dieser Pressemitteilung:
Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin, Politik, Recht
überregional
Forschungsprojekte
Deutsch
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