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11.03.2019 17:00

Genrepertoire von Quallen: aus alt mach neu

Stephan Brodicky Öffentlichkeitsarbeit
Universität Wien

    Utl. Entschlüsseltes Quallengenom bietet Einblicke in Ursprung von Generationswechseln

    Quallen entstammen einer sehr alten tierischen Linie, die sich bereits vor rund 700 Millionen Jahren entwickelt hat. Ihr Genom ist aber bislang noch nicht ausreichend erforscht. In einer Publikation in der neuesten Ausgabe von Nature Ecology and Evolution konnten französische Gruppen in Kollaboration mit einem Team um Ulrich Technau vom Department für Molekulare Evolution und Entwicklung der Universität Wien das Genom der Qualle Clytia hemisphaerica entschlüsseln. Die Sequenz bietet Einblicke in den Generationswechsel und der Evolution zwischen Polyp und Meduse.

    Die meisten Menschen verbinden eher unliebsame und schmerzhafte Begegnungen mit Quallen. Tatsächlich gehören Vertreter der Würfelquallen in Australien zu den giftigsten Tieren der Erde und ihr Kontakt kann unter ungünstigen Umständen zum raschen Tod führen. Alle Quallen, wie auch Korallen, Seeanemonen und der Süßwasserpolyp Hydra gehören zur Klasse der Nesseltiere (Cnidaria), eine evolutionär sehr alte tierische Linie, die sich bereits vor rund 700 Millionen Jahren abgespalten hat und seitdem unsere Meere bevölkert.

    Nicht alle Quallen sind jedoch groß und gefährlich: Die Quallen der Hydrozoen messen meist nicht mehr als einige Zentimeter und sind für den Menschen harmlos. Zu ihren Vertretern gehört die weitverbreitete Spezies Clytia hemisphaerica, deren Genom die französischen ForscherInnen um Richard Copley vom CNRS Villefranche, Genescope und der Sorbonne University in Zusammenarbeit mit der Arbeitsgruppe von Ulrich Technau von der Universität Wien entschlüsselt hat. Die ForscherInnen gingen in ihrer Genomanalyse vor allem der hundert Jahre alten Frage nach, wie die reproduktiv aktive Qualle aus dem Polyp gebildet wird, ob sie eine unabhängige Neuerfindung innerhalb einer Gruppe von Nesseltieren ist oder ob sie bei Korallen und Seeanemonen verloren ging.

    "Überraschenderweise fanden wir kein quallenspezifisches Genrepertoire, sondern eine Kombination von neuen und alten, das heißt konservierten Genen, die die Quallenbildung kontrolliert", so Technau. Der Vergleich mit anderen Arten zeigt aber, dass Nesseltier-Arten ohne Quallen bestimmte gen-regulatorische Faktoren verloren haben, die eine Rolle in der Quallenbildung spielen. Gegenüber den Korallen und Seeanemonen hingegen hat Clytia jedoch wiederum jene Gene verloren, die den Seeanemonen eine zweite Körperachse geben.

    Die AutorInnen folgern daraus, dass die Qualle keine unabhängige Neuentwicklung war, sondern bei ihrer Evolution auf viele Gene zurückgegriffen und neu kombiniert hat, die man auch bei anderen Tieren einschließlich dem Menschen findet. "Andererseits ist der relativ einfache radiärsymmetrische Zustand der Quallen keine ursprüngliche Einfachheit, sondern sekundär durch den Verlust von Bilateralitätsgenen verursacht", erklärt der Biologe. Die Evolution "strebt" folglich nicht immer nach höherer Komplexität, sondern führt auch gelegentlich zu Vereinfachungen.

    Publikation in Nature Ecology & Evolution
    "The genome of the jellyfish Clytia hemisphaerica and the evolution of the cnidarian life-cycle" by Leclère et al. 2019


    Wissenschaftliche Ansprechpartner:

    Univ.-Prof. Dipl.-Biol. Dr. Ulrich Technau
    Department für Molekulare Evolution und Entwicklung
    1090 Wien, Althanstraße 14 (UZA I)
    T +43-1-4277-570 00
    M +43-664-60277-570 00
    ulrich.technau@univie.ac.at


    Originalpublikation:

    https://doi.org/10.10.38/s41559-019-0833-2


    Bilder

    Das Genrepertoire von Clytia hemisphaerica Medusen weist Ähnlichkeiten zu jenem des Menschen auf.
    Das Genrepertoire von Clytia hemisphaerica Medusen weist Ähnlichkeiten zu jenem des Menschen auf.
    © Hanna Kraus Department für Molekulare Evolution und Entwicklung
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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Biologie, Meer / Klima, Tier / Land / Forst
    überregional
    Forschungsergebnisse, Wissenschaftliche Publikationen
    Deutsch


     

    Das Genrepertoire von Clytia hemisphaerica Medusen weist Ähnlichkeiten zu jenem des Menschen auf.


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