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30.10.2003 15:57

Krankheit als innerer Feind

Gabriele Rutzen Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    Krankheit als innerer Feind
    Die Darstellung von Krankheit bei Erich Maria Remarque

    "Erst kommt das Geld, dann die Bürokratie, dann die Hilfe", - dies ist keine Äußerung eines Menschen der Gegenwart über das Gesundheitssystem, sondern entstammt der literarisch festgehaltenen Beobachtungen des Schriftstellers Erich Maria Remarque aus der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts. Bisher hatte sich die Literaturforschung nur mit den gesellschaftskritischen und radikal pazifistischen Aussagen seines Werks beschäftigt. Die Aspekte von Krankheit und Tod, die in seinem gesamten Werk allgegenwärtig sind, wurden jetzt in einer Untersuchung von Dr. Nikolaos Blachos am Institut für Geschichte und Ethik der Medizin an der Universität zu Köln analysiert.

    Erich Maria Remarque musste am eigenen Leib und im engen Familienkreis Krankheit, Tod und die Ohnmacht der Medizin erleben. Sein älterer Bruder starb in jungen Kinderjahren, das Schlachten des Ersten Weltkriegs erlebte er als Soldat, und seine Mutter erlag sehr früh einem Krebsleiden. All diese Erlebnisse verarbeitete Remarque in seinen Romanen, wobei er sich als ein medizinisch interessierter und informierter Autor erweist.

    Das zentrale, immer wiederkehrende Thema ist der Krieg mit seinen Folgen. Remarque schildert dabei die Verrohung und Abstumpfung der Soldaten durch den Krieg und widerlegt jede Vorstellung eines erhabenen und heldenhaften Sterbens auf den Schlachtfeldern. Er stellt das totale physische und psychische Auslöschen von Leben und Individualität in aller Grausamkeit dar. Er zeigt ferner, dass eine Wiedereingliederung der für den Rest des Lebens gezeichneten Überlebenden in die Gesellschaft beinahe unmöglich ist.

    Eine weitere wichtige Rolle in Remarques Romanen spielt die Erkrankung an Krebs, wobei auffällig ist, dass ausschließlich Frauen erkranken. Als Krankheitsursache wird hierbei zumeist das soziale Umfeld verantwortlich gemacht und somit eine Verbindung zur psychosomatischen Medizin hergestellt. Indem Remarque soziale und gesellschaftliche Mißstände als krebsverursachend darstellt, erhebt er gleichzeitig den Krebs zum Symbol einer pathogenen Gesellschaft.

    In allen Werken Remarques ist Krankheit der innere Feind, der auf Grund seiner Abscheulichkeit eine mögliche positive Deutung des Krankseins durch die Kranken verhindert. Sie verursacht ein tief sitzendes Gefühl der Scham und wird als etwas Beschmutzendes und Ekelerregendes empfunden, was sich auch negativ auf zwischenmenschliche Beziehungen auswirkt. Hoffnung auf Heilung wird in keinem der Romane gegeben. Im Gegenteil, Krankenhäuser werden als Institutionen dargestellt, in denen der Patient zu Tode gepflegt wird. Ebenso wird ein wenig schmeichelhaftes Bild der Ärzte gezeichnet. Diese stützen sich in ihrem Streben nach Objektivität alleine auf die Errungenschaften der Wissenschaft und Technik. Durch das Ignorieren der individuellen Persönlichkeit des von der Krankheit Betroffenen entfremdet sich der Arzt zunehmend von seinem Patienten, wodurch sich eine kalte und herzlose Medizin entwickelt.
    Zusammenfassend - so der Kölner Mediziner - kann folgendes Fazit im Sinne Remarques gezogen werden: Das Leben ist ein kostbares Gut, das es zu schützen und zu verteidigen gilt. In einer hoffnungslosen Lebenssituation ohne Zukunftsperspektive kann jedoch Suizid als letztes legitimes Mittel angesehen werden, die eigene Würde als Mensch zu bewahren.

    Verantwortlich: Dr. Wolfgang Mathias

    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Daniel Schäfer unter der Telefonnummer 0221/478-5266 und 0221/470-6796, der Faxnummer 0221/478-6794 und unter der Email-Adresse ajg01@uni-koeln.de zur Verfügung.
    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web unter http://www.uni-koeln.de/pi.


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
    regional
    Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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