Historiker der Universität Jena gibt Buch mit Briefen Werner Sombarts mit heraus
Der Nationalökonom und Soziologe Werner Sombart (1863-1941) gehörte zu den Ersten, die den Kapitalismus systematisch wissenschaftlich erforscht haben. Als „Kathedersozialist“ engagierte sich Sombart für eine moderne Sozialpolitik, später vertrat er eher rechte und nationalistische Positionen. In seiner Zeit war er eine Art Star, dessen Publikationen ein vielfältiges Echo fanden – heute ist Sombart nur noch Spezialisten ein Begriff. Nun leisten die Historiker Friedrich Lenger (Gießen) und Michael Schellenberger (Dresden) gemeinsam mit Thomas Kroll von der Universität Jena einen gewichtigen Beitrag, Werner Sombart einer breiteren Öffentlichkeit wieder bekannter zu machen.
Sombart als Wissenschaftler und Bildungsbürger
In der Reihe „Deutsche Geschichtsquellen des 19. und 20. Jahrhunderts“, die im Auftrag der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften herausgegeben werden, ist jetzt „Werner Sombart. Briefe eines Intellektuellen 1886-1937“ erschienen. Vom glücklichen Ende einer langwierigen Unternehmung spricht Thomas Kroll, weil vor der zeitintensiven Edition der Briefe zunächst die weitverstreute Korrespondenz zusammengetragen werden musste. „Wir publizieren eine Auswahl der Briefe Sombarts, die ihn als Wissenschaftler und Bildungsbürger zeigen“, so Thomas Kroll. Der Leser könne dabei in eine bürgerliche Lebenswelt eintauchen, wie es sie heute nicht mehr gibt. Versammelt sind in dem Band nahezu 400 Briefe Sombarts, versehen mit erläuternden Kommentaren.
Unter den Briefpartnern Sombarts waren beispielsweise der Schweizer Sozialist Otto Lang, die SPD-Politiker Heinrich Braun und August Bebel, der Liberale Friedrich Naumann, der Publizist Wilhelm Bölsche sowie die Brüder Carl und Gerhart Hauptmann. Erhalten sind zudem Briefe an den Jenaer Verleger Gustav Fischer, die erhellende Einblicke in das Verhältnis zwischen Autor und Verleger geben. Thomas Kroll verweist auf die wechselvolle Biografie Werner Sombarts. Dieser habe zunächst als Linker gegolten, da er sich für die Belange der Arbeiter einsetzte. Zudem stand er anfänglich vielen Thesen von Karl Marx positiv gegenüber. Im Ersten Weltkriegs bezog Sombart strikt nationalistische Positionen, sein Einsatz für den Krieg äußerte sich vornehmlich in Propaganda gegen England. Widersprüchlich waren Sombarts Ansichten über Juden. In ihnen sah er die prototypischen Kapitalisten, die als „Wandervolk“ nie eine Bindung zum Boden, eher eine besondere Beziehung zum Geld entwickelt hätten. Obwohl er damit zeitgenössische Vorurteile bediente, wurden seine Schriften zum Teil als philosemitisch angesehen.
Geschichte des Kapitalismus
In den 1920er Jahren war Sombart ein Befürworter der „konservativen Revolution“, 1933 begrüßte er die Machtübernahme durch die Nationalsozialisten, rückte jedoch später von dieser Position wieder vorsichtig ab.
Einige der Bücher Sombarts wurden wieder neu aufgelegt, manche Werke werden noch heute gelesen. Dies gilt etwa für seine Geschichte des Kapitalismus. So wird seine Einteilung der Phasen des Kapitalismus weiterhin verwendet, darunter der Begriff des Spätkapitalismus. Das Buch mit Briefen Werner Sombarts von Lenger, Schellenberger und Kroll liefert nun interessante Einsichten in die Lebenswelt und das Weltbild eines Intellektuellen im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert.
Prof. Dr. Thomas Kroll
Historisches Institut der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Fürstengraben 13, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 944460
E-Mail: thomas.kroll[at]uni-jena.de
Bibliographische Angaben:
Thomas Kroll, Friedrich Lenger, Michael Schellenberger (Hg.): „Werner Sombart. Briefe eines Intellektuellen 1886-1937“, Verlag Duncker & Humblot, Berlin 2019, 580 Seiten, 99,90 Euro, ISBN: 978-3-428-15541-5
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten
Geschichte / Archäologie, Kulturwissenschaften, Politik
überregional
Wissenschaftliche Publikationen
Deutsch
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