Liegt im "Öööchchch" der Ursprung der Sprache?
Über dem Ursprung der Sprache liegt noch immer ein geheimnisvoller Schleier. Alle Erklärungsversuche sind bislang noch zu keinem befriedigenden Ergebnis gelangt. Auch ein "Öööchchch" oder Ähnliches zur Bezeichnung eines Mammut als eines der ersten Wörter wird nicht von allen Wissenschaftlern akzeptiert. Neuere Ansätze teilen hingegen die Grundeinsicht, dass zwischen der Entwicklung der biologischen Voraussetzungen für das Entstehen der menschlichen Sprache und der Entstehung der Sprache selbst unterschieden werden muss. Diese Differenzierung fehlt bei den Verfassern der klassischen Abhandlungen zum Problem des Sprachursprungs im 18. Jahrhundert wie Condillac, Herder oder Rousseau noch. Bei ihnen sind es schon immer Menschen, die "zur Sprache kommen". Trotz der Dominanz von naturwissenschaftlich geprägten Disziplinen in der neuen Diskussion über den Sprachursprung kann die moderne Sprachwissenschaft vielleicht auch etwas beitragen. Noch heute lassen sich Formen rudimentärer verbaler Kommunikation beobachten, die älteren Entwicklungsstufen ähneln könnten, wie zum Beispiel beim Gespräch von Erwachsenen mit Gesprächs-partnern, die ihre Sprache absolut nicht verstehen (so genannter "foreigner talk").
In drei vorwiegend geistesgeschichtlich und drei vorwiegend naturwissenschaftlich ausgerichteten Vorträgen sucht die Vortragsreihe im Rahmen des Studienschwerpunktes "Europäische Linguistik" an der Philosophischen Fakultät II den Forschungsstand in den verschiedenen Disziplinen zu reflektieren und neue Antworten auf die Frage nach dem Ursprung der Sprache zu erproben.
Die Vorträge im Überblick:
Donnerstag, 4. Dezember 2003, 18.15 Uhr, Kollegienhaus, Raum 2.019
Jürgen Trabant (FU Berlin)
Wilde Worte in Wüsten und Wäldern
Montag, 8. Dezember 2003, 18.15 Uhr, Kollegienhaus, Raum 2.012
Stephanie Woidich (Erlangen)
Homo non intelligendo fit omnia - Zu Giambattista Vicos Theorie des Sprachursprungs in der '"Scienza Nuova"
Montag, 15. Dezember 2003, 18.15 Uhr, Kollegienhaus, Raum 2.012
Jürgen Heinze (Regensburg)
Von Genen und Memen - genetische und kulturelle Vererbung
Montag, 12. Januar 2004, 18.15 Uhr, Kollegienhaus, Raum 2.019
Wolfgang Enard (Max-Planck-Institut für Evolutionäre Anthropologie, Leipzig) Genetik, Schimpansen und der Ursprung von Sprache
Montag, 19. Januar 2004, 18.15 Uhr, Kollegienhaus, Raum 2.019
Mariacristina Musso (Neurologische Universitätsklinik Hamburg-Eppendorf)
Brocas area and the language instinct
Montag, 26. Januar 2004, 18.15 Uhr Kollegienhaus Raum 2.019
Wulf Oesterreicher (München)
Gescheiterter Spracherwerb - L'enfant sauvage de l'Aveyron
Zu den Vortragenden:
Jürgen Trabant von der Freien Universität Berlin hat sich außer mit Wilhelm von Humboldt mit den Klassikern unseres Themas aus dem 18. Jahrhundert beschäftigt (Vico, Condillac, Herder, Rousseau). Zusammen mit Sean Ward hat er eine Sammlung von New essays on the origin of language herausgegeben (Berlin - New York: Mouton - de Gruyter 2001), in der viele Protagonisten der neuen Diskussion Stellung beziehen und alle wichtigen Positionen angesprochen werden.
Stefanie Woidich von der Universität Erlangen-Nürnberg schreibt bei Gisela Schlüter (Romanistik) an einer Dissertation über den Beitrag Giambattista Vicos zur Entstehung der Hermeneutik als einer spezifisch geisteswissenschaftlichen Methode der Wahrheitsfindung.
Jürgen Heinze ist Biologe an der Universität Regensburg. Der von ihm thematisierten Frage, inwiefern es gerechtfertigt ist, neben einer genetischen auch eine 'kulturelle Vererbung' anzusetzen, kommt im Zusammenhang mit der Evolution der menschlichen Sprache notwendigerweise große Bedeutung zu.
Wolfgang Enard vom Max-Planck-Institut für evolutionäre Anthropologie in Leipzig arbeitet zusammen mit Svante Pääbo an der Rekonstruktion des genetischen Stammbaums von Menschen und Menschenaffen.
Mariacristina Musso forscht mit Cornelius Weiler an der Neurologischen Klinik der Universität Hamburg über den Erwerb sprachlicher Regeln und deren Lokalisierung im Gehirn (vgl. http://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/ 0,1518,254761,00.html).
Wulf Oesterreicher von der Universität München hat u.a. einen Aufsatz über die Versuche des französischen Arztes Itard veröffentlicht, einem im Jahr 1800 in dem südfranzösischen Département Aveyron aufgegriffenen ca. zwölf Jahr alten Jungen, der seine Kindheit allein im Wald zugebracht hatte, Sprache beizubringen ("Der sprachlose Wilde", Romanistische Zeitschrift für Literaturgeschichte 8, 1984, S. 404-430).
Hinweis:
Eine ausführliche Einleitung zum Thema von Prof. Dr. Jürgen Lang, Inhaber des Lehrstuhls für Romanische Philologie I an der Universität Erlangen-Nürnberg, findet sich im Internet unter http://www.uni-erlangen.de/infocenter/presse/ pressemitteilungen/nachrichten_2003/11/sprachursprung.shtml.
http://www.uni-erlangen.de/infocenter/presse/pressemitteilungen/nachrichten_2003...
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Gesellschaft, Sprache / Literatur
überregional
Buntes aus der Wissenschaft
Deutsch
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