Die nicht-invasive Messung der Herzdurchblutung mit Magnetresonanztomographie (MRT) ist dem Herzkatheter ebenbürtig. Das zeigt eine internationale Studie unter Federführung der Goethe-Universität, die in der aktuellen Ausgabe des New England Journal of Medicine erschienen ist.
Bei Patienten mit Brustschmerzen und vermuteter stabiler koronarer Herzkrankheit (KHK) hängt die Therapie in erster Linie davon ab, wie stark die herzversorgenden Gefäße (Koronararterien) verengt sind. Dies wird oft durch das Einführen eines Herzkatheters untersucht. Im Zweifel wird zusätzlich der Druck in den Koronararterien gemessen. Die Kombination beider Methoden ist der derzeit anerkannte Standard für Therapieentscheidungen. Eine vielversprechende Alternative, die Durchblutung des Herzmuskels nichtinvasiv und direkt zu erfassen, ist die kardiovaskuläre Magnetresonanztomographie (MRT).
Im Gegensatz zur Computertomograpie (CT) kommt das MRT ohne ionisierende Strahlung aus und liefert obendrein präzisere Messungen des Blutdurchflusses als herkömmliche Techniken. Das konnte das Team um Prof. Eike Nagel, Direktor des Instituts für Experimentelle und Translationale Kardiovaskuläre Bildgebung an der Goethe-Universität, jetzt zeigen. Im Rahmen der MR-INFORM-Studie untersuchte es an 918 Patienten mit einer Indikation zur Herzkatheteruntersuchung, ob die Untersuchung mit dem MRT zu gleichen Ergebnissen führt wie die derzeitige invasive Technik.
Hierfür wurden die Patienten zufällig in zwei Gruppen eingeteilt. Die eine Gruppe erhielt die Standarddiagnostik mit Herzkatheter mit einer zusätzlichen Druckmessung in den Koronararterien, während die andere Gruppe nichtinvasiv mit MRT untersucht wurde. Wenn im MRT eine beeinträchtigte Durchblutung des Herzens nachgewiesen wurde, planten die Forscher mit Hilfe einer Katheter-Untersuchung das weitere Vorgehen.
In jedem Studienarm wurden verengte Herzkranzgefäße erweitert, wenn dies aufgrund der Untersuchung angezeigt war. Innerhalb des folgenden Jahres dokumentierten die Ärzte, wie viele Patienten starben, einen Herzinfarkt erlitten oder eine erneute Gefäßerweiterung benötigten. Außerdem erfassten sie, ob die Herzbeschwerden weiterhin bestanden.
Das Ergebnis: in der Gruppe der mit MRT untersuchten Patienten benötigten weniger als die Hälfte einen diagnostischen Herzkatheter und weniger Patienten bekamen eine Gefäßerweiterung (36% vs 45%). Das bedeutet: durch eine vorgeschaltete MRT-Untersuchung lassen sich Herzkatheter-Untersuchungen sowohl zu diagnostischen als auch zu therapeutischen Zwecken einsparen. Beide Gruppen unterschieden sich jedoch nicht bezüglich weiterbestehender Beschwerden oder des Auftretens erneuter Beschwerden, Komplikationen oder Todesfällen.
„Damit können Patienten mit stabilen Brustschmerzen, die bisher einen Herzkatheter bekommen, alternativ mit einer Durchblutungsmessung mit MRT untersucht werden“, folgert Prof. Eike Nagel. „Die Ergebnisse für den Patienten sind genauso gut, die Untersuchung mit MRT hat jedoch viele Vorteile: Sie dauert weniger als eine Stunde, Patienten erhalten lediglich eine kleine Kanüle in den Arm und werden keiner Strahlung ausgesetzt.“ Die Hoffnung des Mediziners ist, dass die schonende Untersuchung nun als Methode erster Wahl eingesetzt wird und so Herzkatheteruntersuchungen eingespart werden können.
Im Gegensatz zu Großbritannien, wo eine MRT-Untersuchung des Herzens von der nationalen Krankenkasse (NHS) bezahlt wird, ist dies in Deutschland nach wie vor oft schwierig und muss meist einzeln verhandelt werden. Auch hier hofft Nagel, dass die Studie zur Anerkennung der schonenden Diagnostik einen Beitrag leisten und die Versorgung verbessern kann.
Die finanzielle Unterstützung erfolgt unter anderem durch das britische National Institute of Health Research (NIHR) über das biomedizinische Forschungszentrum (BRC) am Guy’s & St. Thomas’ Krankenhaus, durch das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und durch das Unternehmen Bayer AG Deutschland.
Ein Bild zum Download finden Sie unter: http://www.uni-frankfurt.de/78920068
Bildtext: Durchblutungsmessung des Herzmuskels mit Magnetresonanztomographie (oben). Der dunkle Bereich im Herzmuskel (Pfeile) zeigt eine ausgeprägte Durchblutungsstörung an. Die Herzkatheteruntersuchung des gleichen Patienten (unten) zeigt eine deutliche Engstelle in einer Arterie.
Copyright: Eike Nagel, Goethe Universität
Informationen: Prof. Dr. Eike Nagel, Institut für experimentelle und translationale kardiovaskuläre Bildgebung, Fachbereich Medizin, Campus Niederrad, Tel.: 0151 4197 4195, eike.nagel@cardiac-imaging.org
Eike Nagel, et al.: Magnetic Resonance Perfusion or Fractional Flow Reserve in Coronary Disease, in: N Engl J Med 2019;380:2418-28.
DOI: 10.1056/NEJMoa1716734
Merkmale dieser Pressemitteilung:
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