Ärztinnen und Ärzte haben Ende August erstmals am Universitätsklinikum Freiburg eine neuartige Gentherapie gegen Krebs eingesetzt – mit großem Erfolg. Die Patientin leidet an einem diffus großzelligen Lymphom, der häufigsten Form von Lymphdrüsenkrebs, die unbehandelt schnell zum Tode führt. Im Rahmen einer sogenannten CAR-T-Zell-Therapie wurden Abwehrzellen der Patientin, die sogenannten T-Lymphozyten, im Labor gentechnisch so verändert, dass diese die Krebszellen erkennen und bekämpfen können. Erste Untersuchungen nach der Therapie zeigen, dass die Therapie sehr gut wirkt.
Aufgrund ihrer Komplexität darf die CAR-T-Zell-Therapie nur in wenigen Kliniken durchgeführt werden, die große Erfahrung im Umgang mit der Transplantation von Zellpräparaten besitzen.
„Es ist unglaublich zu sehen, wie stark die Tumorzellen im ganzen Körper zurückgedrängt wurden – und das nur wenige Wochen nach der CAR-T-Zell-Therapie“, sagt PD Dr. Reinhard Marks, behandelnder Oberarzt an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg.
Bei der 44-jährigen Patientin waren trotz intensiver Therapie ihres Lymphdrüsentumors sehr schnell wieder Krebszellen aufgetreten. „In einer solchen Situation stellt die langfristige Kontrolle der Krebserkrankung eine schwierige therapeutische Herausforderung dar. Bei der Patientin waren nach Einsatz der CAR-T-Zellen keine Krebszellen mehr nachweisbar“, sagt Marks. Zuvor durchgeführte Studien legen nahe, dass man bei diesem guten Ansprechen in den meisten Fällen den Krebs lange im Griff behalten kann.
„Wir gewinnen mit CAR-T-Zellen eine sehr wirksame Waffe, gerade im Kampf gegen Blutkrebs. Ich bin überzeugt, dass der Ansatz auch bei weiteren Tumorarten wirksam sein könnte. Der erste, erfolgreiche Einsatz hat uns in unserem Ziel bestätigt, diese Therapieform in Freiburg auszubauen“, sagt Prof. Dr. Justus Duyster, Ärztlicher Direktor der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Freiburg.
Abwehrzellen scharf stellen gegen den Krebs
Durch das Immunsystem verfügt der Körper über zahlreiche Waffen, um Krebszellen unschädlich zu machen. Manchmal erkennt das Immunsystem die entarteten Zellen jedoch nicht. In bestimmten Fällen kann man dem Immunsystem mittlerweile auf die Sprünge helfen. Ärzte entnehmen dem Patienten T-Lymphozyten. „Dabei ist es wichtig, dass ausreichend funktionstüchtige T-Lymphozyten von den stark vorbehandelten Patienten gewonnen werden können, um ein wirksames CAR-T-Zellpräparat herstellen zu können“, sagt Prof. Dr. Ralph Wäsch, Leiter der Sektion Zelltherapie an der Klinik für Innere Medizin I des Universitätsklinikums Freiburg. Im Labor wird mittels Gentherapie der Bauplan für einen künstlichen Oberflächenrezeptor in die T-Lymphozyten eingeschleust. Dieser neue „Chimeric Antigen Receptor“, kurz CAR, auf der Oberfläche der T-Lymphozyten passt wie Schlüssel und Schloss zu Strukturen auf der Tumoroberfläche. Die veränderten Zellen werden dann dem Patienten zurücktransplantiert, wo diese CAR T-Zellen aktiviert werden und gezielt die Tumorzellen zerstören.
Dem großen Potenzial der Therapie stehen gewisse Risiken und Nebenwirkungen gegenüber. Insbesondere kann es im Rahmen der Zellaktivierung zu einem sogenannten Zytokinsturm kommen, bei dem durch Freisetzung von Botenstoffen Entzündungsreaktionen, wie etwa starkes Fieber, hervorgerufen werden. Weiterhin können temporäre und vollständig reversible Veränderungen der Hirnfunktionen auftreten. Darum ist eine umfassende internistische, neurologische und intensivmedizinische Betreuung während der Therapie wesentlich. „Diese Therapie kann nur dann angeboten werden, wenn Onkologie, Neurologie, Intensivmedizin und Transplantationsmedizin optimal zusammenarbeiten, wie das hier in Freiburg der Fall ist“, sagt Duyster. Um die Sicherheit der Patientinnen und Patienten zu gewährleisten, werden die Mitarbeiter im Umgang mit diesen Zellpräparaten speziell geschult.
„Bislang ist die CAR-T-Zell-Therapie in Deutschland nur bei wenigen Leukämieformen und Lymphomen zugelassen und darf in der Regel nur bei Patienten eingesetzt werden, wenn diese auf Standardtherapien nicht in gewünschter Weise ansprechen“, sagt Prof. Dr. Toni Cathomen, Leiter des Instituts für Transfusionsmedizin und Gentherapie am Universitätsklinikum Freiburg. Ein Team um Cathomen forscht im Rahmen eines großen EU-Projekts an Wegen, um die Therapie durch abschaltbare CAR-T-Zellen sicherer zu machen. „Wenn es uns gelingt, die Sicherheit der Therapie zu erhöhen, könnten wir deutlich mehr Patienten damit behandeln und sie bei weiteren Krebsarten einsetzen“, sagt Cathomen.
Prof. Dr. Justus Duyster
Ärztlicher Direktor
Klinik für Innere Medizin I
Universitätsklinikum Freiburg
Telefon: 0761 270-34060
justus.duyster@uniklinik-freiburg.de
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Studierende, Wirtschaftsvertreter, Wissenschaftler, jedermann
Biologie, Ernährung / Gesundheit / Pflege, Medizin
überregional
Forschungsergebnisse
Deutsch
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