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27.02.2020 16:16

Ursprünglich gab es den 24. Februar doppelt: Was der Schalttag mit Caesar und Ovid zu tun hat

Gabriele Meseg-Rutzen Presse und Kommunikation
Universität zu Köln

    Nur alle vier Jahre haben wir einen 29. Februar. Die Hintergründe erklärt Altertumskundlerin Professorin Dr. Anja Bettenworth:

    „Dieses Jahr ist es wieder soweit: der 29. Februar, der mit wenigen Ausnahmen alle vier Jahre wiederkehrende Schalttag, steht ins Haus. Den meisten dürfte bewusst sein, wozu dieser eingeschobene Tag dient: Er bildet den Ausgleich zwischen dem 365 Tage umfassenden Kalenderjahr, und dem leicht längeren Sonnenjahr – also dem Zeitraum von 365 Tagen, 5 Stunden und 48 Minuten, den die Erde für einen Umlauf um die Sonne braucht. Würde das Kalenderjahr nicht in regelmäßigen Abständen künstlich verlängert, so würden sich nach und nach die Jahreszeiten verschieben und wir hätten, ganz ohne Klimaerwärmung, eines Tages im Januar Hochsommer.
    Was für uns eine durchaus praktische Einrichtung ist – weil wir mit gewisser Wahrscheinlichkeit abschätzen können, in welchem Monat wir die Kirschernte zu erwarten haben oder ab wann die Tage im Winter wieder länger werden –, das stellte den römischen Dichter Ovid vor eine Schwierigkeit. Er hatte sich vorgenommen, die traditionellen, stets wiederkehrenden Feste des römischen Kalenders in Gedichtform wiederzugeben. Wie aber sollte er einen Tag darstellen, der zwar regelmäßig, aber eben nicht immer im Kalender erscheint? Zudem hatte der Schalttag keine traditionellen römischen Feste zu bieten.
    Zu Ovids Lebzeiten war der Schalttag eine ziemlich neue Einrichtung: Kein geringerer als Julius Caesar hatte die Reform durchgesetzt, und nach ihm trug der Kalender auch die Bezeichnung „Julianisch“. Sie wurde im 16. Jahrhundert durch den noch genaueren „Gregorianischen“ Kalender Papst Gregors XIII. abgelöst. Der Vorteil gegenüber anderen Kalendersystemen bestand darin, dass zur Erzielung eines stabilen Jahresverlaufs nur ein einzelner Schalttag in regelmäßigen Abständen eingefügt werden musste, und nicht etwa ein ganzer Schaltmonat. Im letzten Jahr des alten römischen Kalenders, dem Jahr 708 nach Gründung der Stadt Rom (heute als 46 v. Chr. bezeichnet) mussten allerdings ganze 90 Schalttage eingeführt werden, um die Verschiebungen, die sich im Laufe der Zeit im Jahresverlauf ergeben hatten, in einem Mal auszugleichen.
    Auch der Dichter Ovid fand schließlich eine praktikable Lösung für sein Problem: Er setzte vor seine Schilderung des Monats März eine eigene Erklärung zu einigen Besonderheiten des römischen Kalenders, und eben auch zum neu eingeführten Schalttag. Dies war besonders plausibel, weil der Monat März früher einmal tatsächlich der erste Monat des Jahres war, woran zu Ovids Zeit noch einige besondere Riten erinnerten. Und natürlich nutzt Ovid die Gelegenheit, Caesar, dem Adoptivvater des gerade regierenden Kaisers Augustus, zu schmeicheln. Caesar habe damit rechnen können, nach seinem Tod vergöttlicht und an den Himmel versetzt zu werden, und sich daher eben schon zu Lebzeiten über die Bewegungen der Himmelskörper informiert. Und als künftigem Gott sei ihm ohnehin keine Aufgabe zu klein oder unbedeutend erschienen, so dass er auch eine Kalenderreform leicht schultern konnte, ließ Ovid verlauten.
    Tatsächlich bedurfte es noch einiger Feinjustierungen (u.a. durch Augustus), bis das neue System, das möglicherweise auf Anregungen aus Ägypten beruhte, reibungslos funktionierte. Schalttag war allerdings nicht wie heute der 29. Februar, sondern es wurde der 24. Februar verdoppelt. Erst sehr viel später, noch nach der Einführung des gregorianischen Kalenders, setzte sich die durchgehende Nummerierung der Monatstage durch. In welchem Jahr genau es zum ersten Mal einen Schalttag nach dem von Caesar eingefügten Prinzip gab, wissen wir übrigens nicht. Sicher ist nur, dass wir auch mit unserem genaueren Kalender irgendwann einmal eine Nachjustierung brauchen werden – allerdings wohl erst in knapp 2.800 Jahren.“
    Inhaltlicher Kontakt:
    Professorin Dr. Anja Bettenworth
    Institut für Altertumskunde
    +49 221 470-4810
    abettenw@uni-koeln.de
    Presse und Kommunikation:
    Frieda Berg
    +49 221 470-1704
    f.berg@uni-koeln.de


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    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Journalisten
    Geschichte / Archäologie, Gesellschaft, Kulturwissenschaften
    überregional
    Forschungs- / Wissenstransfer, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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