Oxytocin, weitläufig bekannt als das "Liebeshormon", reguliert viele Funktionen im Körper, darunter die Geburt, das Brustwachstum und das Stillen. Ein Team um Medizinchemiker Markus Muttenthaler von der Universität Wien präsentiert in einem Übersichtsartikel in "Oncogene" das derzeitige Wissen zur Rolle vom Oxytocin Signal System bei Brustkrebs. Für die Forscher*innen bietet der Oxytocin-Rezeptor – das Zielmolekül des Hormons – einen vielversprechenden Ansatz für neue Therapiekonzepte. Ihr Ziel ist es nun, das Verständnis über die durch den Rezeptor angestoßenen biochemischen Signalwege zu vertiefen und potenzielle Wirkstoffkandidaten zu finden.
Brustkrebs ist die häufigste Krebserkrankung bei Frauen. Trotz etablierter Therapiewege (Operation, Strahlen- und Chemotherapie, Hormon- und Immuntherapien etc.) sucht die Forschung nach weiteren Wegen für präventive und zielgerichtete Behandlungen. Resistenzen bei medikamentösen Therapien, ein Wiederauftreten von Brustkrebs und Metastasenbildung bleiben derzeitige Herausforderungen im Umgang mit der Erkrankung.
"Eine Reihe von Hormonrezeptoren spielen bei Brustkrebs und Tumorwachstum eine zentrale Rolle. Bisherige Studien sprechen für eine wichtige Einflussnahme des Oxytocin-Rezeptors auf die Entstehung und Progression von Brustkrebs", sagt ERC-Preisträger Markus Muttenthaler von der Fakultät für Chemie der Universität Wien, der die Studie mit österreichischen und australischen Kolleg*innen durchführte.
Puzzlestücke zusammenbringen
Geburt und Stillen, bei denen der Oxytocin-Rezeptor maßgeblich involviert ist, sind bekannt für ihre Schutzfaktoren gegen Brustkrebs. Studien haben gezeigt, dass kinderlose Frauen einem höheren Brustkrebsrisiko ausgesetzt sind als Frauen mit einem oder mehr Kindern sowie längere Stillzeiten das Risiko weiter senken können. Zellstudien im Mausmodell weisen zudem darauf hin, dass unter Einfluss von Oxytocin das Tumorvolumen im Brustgewebe um bis zu 70 Prozent reduziert werden kann.
"Das sind vielversprechende Resultate; es gibt aber noch viele Puzzlestücke, die wir zusammensetzen müssen und in systematischen präklinischen Studien überprüfen wollen. Der Oxytocin-Rezeptor bietet einen hochinteressanten Ansatz für neue Wirkstoffe wie auch als Bio-Marker, um die Art und Weiterentwicklung des Tumors charakterisieren zu können", sagt der Gruppenleiter vom Institut für Biologische Chemie.
Hohe Bindungsfähigkeit für Wirkstoffe
Für den Oxytocin-Rezeptor als therapeutisches Ziel spricht auch seine Zugehörigkeit zur großen Familie der G-Protein-gekoppelten Rezeptoren, die in Zellmembranen sitzen und für eine Reihe von physiologischen Funktionen verantwortlich sind. Mehr als 30 Prozent aller entwickelten Medikamente zielen auf G-Protein-gekoppelte Rezeptoren ab. Das unterstreicht einmal mehr, dass die Entwicklung von Medikamenten, die den Oxytocin-Rezeptor ansprechen, sehr vielversprechend und realisierbar ist.
Publikation in "Oncogene":
The oxytocin receptor signalling system and breast cancer: a critical review. Huiping Liu, Christian W. Gruber, Paul F. Alewood, Andreas Möller, Markus Muttenthaler, Oncogene 2020,
DOI: 10.1038/s41388-020-01415-8
Assoz.-Prof. Dipl.-Ing. Markus Muttenthaler
Institut für Biologische Chemie
Universität Wien
1090 - Wien, Währinger Straße 38
+43-1-4277-705 15
markus.muttenthaler@univie.ac.at
Merkmale dieser Pressemitteilung:
Journalisten, Wissenschaftler
Biologie, Chemie, Medizin
überregional
Forschungs- / Wissenstransfer
Deutsch
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