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02.02.2004 11:11

Hochwasserschutzmaßnahmen und Akzeptanz: Köln-Preis für Dr. Elke Schlepütz

Eva Faresin Kommunikation und Marketing
Universität zu Köln

    20 /2004 (Schlepütz)

    Hochwasserschutzmaßnahmen und ihre Akzeptanz in der Bevölkerung
    Köln-Preis für Dr. Elke Schlepütz

    Naturkatastrophen verursachen weltweit in ansteigendem Maße große Schäden. Von allen bekannten Naturgefahren kommt Überschwemmungskatastrophen eine der größten Bedeutungen zu. Keine andere Naturgefahr hat in den vergangenen Jahrzehnten mehr Menschenleben gefordert, mehr Ackerland vernichtet und mehr Häuser zerstört. Auch Mitteleuropa blieb und bleibt von katastrophalen Hochwassern nicht verschont, dies belegten die Rheinhochwasser von 1993 und 1995, die Oderflut von 1997, die Überschwemmungen in Großbritannien, Italien und der Schweiz im Herbst und Winter 2000/2001 sowie die jüngsten Ereignisse an der Elbe im Sommer 2002 und in Köln Anfang 2003. Dr. Elke Schlepütz untersuchte das Kölner Hochwasserschutzkonzept in ihrer Dissertation "Hochwasserschutzmaßnahmen und Akzeptanz in der Bevölkerung am Beispiel der geplanten Retentionsräume im Stadtgebiet von Köln". Die Arbeit entstand am Geographischen Institut der Universität zu Köln unter der Betreuung von Professor Dr. Ernst Brunotte. Sie ist eingebunden in ein langjähriges Forschungsprogramm der Abteilung für Angewandte Geomorphologie und Landschaftsforschung, das sich mit der Renaturierung von Fließgewässern unter Einbeziehung von Hochwasserschutzmaßnahmen befaßt. Am heutigen Montag wird Dr. Schlepütz für ihre Arbeit mit dem Köln-Preis ausgezeichnet (siehe unsere Presse-Information Nr. 18/2004).

    Auf Basis der physisch-geographischen Bedingungen der Hochwasserentstehung im Rheineinzugsgebiet analysiert die Kölner Geographin die gesellschaftlich relevanten Aspekte des Risikos "Hochwasser". Hierbei legt sie den Gegensatz zwischen dem Natur-Ereignis "Hochwasser" auf der einen und der - aus gesellschaftlicher Sicht betrachteten - Natur-Gefahr, "Hochwasser" auf der anderen Seite zugrunde gelegt. Sie untersucht die Entstehung von Hochwasserereignissen sowohl bezüglich der natürlichen als auch der von Menschen geschaffenen Ursachen, wobei auch die aktuelle Klimadiskussion thematisiert wird. Für die Forschungsarbeit wurde das Hochwasserschutzkonzept der Stadt Köln zugrundegelegt, das nach den Jahrhundertflutereignissen des Rheins von 1993 und 1995 erstellt wurde. Es beinhaltet 'klassische' Raumnutzungskonflikte, da Retentionsräume, also Rückhaltebecken, neben anderen Schutzmaßnahmen auch auf Kölner Stadtgebiet eingerichtet werden sollen. Wichtige Rückschlüsse auf die Akzeptanz - sowohl des Risikos Hochwasser, als auch der geplanten Schutzmaßnahmen, die sich zumeist als infrastrukturelle Eingriffe manifestieren - können so erschlossen werden. Wo kann man in einem städtischen Ballungsraum überhaupt renaturieren oder einem Fließgewässer zumindest Teile seines potentiell natürlichen Flußbettes zurückgeben? Raumnutzungsinteressen und -konflikte, Kosten und vor allem Akzeptanzprobleme innerhalb der Bevölkerung stehen dem oft entgegen. Die Rahmenbedingungen zwingen zur Einsicht auf beiden Seiten und sollten im Idealfall zu Kompromissen führen, die für alle Beteiligten akzeptabel sind. Die Akzeptanzprozesse letztendlich zu verstehen sowie Chancen und Möglichkeiten ihrer Beeinflussung aufzudecken, sind die entscheidenden Zielsetzungen der Forschungsarbeit gewesen.

    Im Rahmen des empirischen Teils der Arbeit konnte Dr. Schlepütz anhand von Fragebögen und persönlichen Interviews untersuchen, wie Akteure und Betroffene des Risiko eines Hochwassers empfinden, wie sie sich an extreme Ereignisse anpassen und welche Akzeptanz die geplanten Schutzmaßnahmen erfahren. Die Arbeit folgt dabei den Richtlinien quantitativer und qualitativer Methoden der empirischen Sozialforschung und ihrer Anwendung für sozialgeographische Untersuchungen. Die Diskussion der eingesetzten Methodik und die Analyse und Beschreibung der Rahmenbedingungen der Untersuchungsräume in Köln-Worringen und Porz-Langel bildet die Basis der empirischen Befragungen. Persönliche Erfahrungen, Angst vor Hoch- und Grundwasser, der Wissenstand zu Hochwasserursachen, Kenntnisse über die Hochwasserschutzmaßnahmen der Stadt sowie der Informationsstand der Bürger zeigten sich als die entscheidenden akzeptanzbeeinflussenden Aspekte, die letztendlich auch deutlichen Einfluss auf die Bewertung der geplanten Retentionsräume haben.

    Daß die Hochwassergefährdung in den letzten Jahrzehnten deutlich zugenommen hat, liegt zum einen an den immer größer werdenden volkswirtschaftlichen Schäden durch die intensive Nutzung gefährdeter Gebiete. Siedlungs-, Gewerbe- und Verkehrsflächen sind in den letzten Jahrzehnten zu großen Anteilen in die Überschwemmungsgebiete hinein ausgeweitet worden. Der Siedlungsdruck hat sich genau in die Gebiete entlastet, die von den Vorgängergenerationen aus überlieferter Erfahrung offen gelassen worden waren. Zum anderen hat auch der wachsende Wohlstand - unterstützt durch eine Periode geringer Hochwasseraktivität in den 50er, 60er und 70er Jahren - zur Vergrößerung der Schadenspotenziale und damit zum Anwachsen von Hochwasserschäden geführt. Zusätzlich ließ zunehmender Technikglaube in den letzten beiden Jahrhunderten mit Begradigungen und Ausbaumaßnahmen ein Sicherheitsgefühl entstehen, das dazu führte, daß früher praktizierte Vorsorgestrategien in Vergessenheit geraten sind. So führen Einbauküchen und Parkettfußböden in Hochwasser gefährdeten Räumen regelmäßig zu vermeidbaren Hochwasserschäden.

    Technischer Hochwasserschutz und vor allem dezentrale Hochwasserschutzmaßnahmen mit Renaturierung von Flußläufen, Schaffung von Rückhaltebecken und Entsiegelungen weiter Flächen sind wirksame Maßnahmen, die sinnvollen Schutz vor extremen Hochwasserereignissen ermöglichen. Gesamteinzugsgebietliches Denken ist im Zusammenhang mit Hochwasserschutz notwendig, um die Akzeptanz von wirksamen dezentralen Schutzmaßnahmen zu steigern. Dazu bedarf es der Sensibilisierung und der gründlichen Information der Bevölkerung unter Einbeziehung von Politik und Verwaltung.

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    Verantwortlich: Eva Faresin

    Für Rückfragen steht Ihnen Dr. Elke Schlepütz unter der Telefonnummer 0221/420.86.01 und unter der Email-Adresse elke.schlepuetz@uni-koeln.de zur Verfügung.

    Unsere Presseinformationen finden Sie auch im World Wide Web unter http://www.uni-koeln.de/pi/.


    Bilder

    Merkmale dieser Pressemitteilung:
    Biologie, Geowissenschaften, Gesellschaft, Meer / Klima, Politik, Recht, Umwelt / Ökologie
    regional
    Buntes aus der Wissenschaft, Forschungsergebnisse
    Deutsch


     

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